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Verdi: Jahrhundert-Streik nach Schlichtung? Es droht Eskalation – „Werden nicht einknicken“

Die letzte massive Streik-Eskalation in Deutschland begann am 26. April 1992. Genau 31 Jahre später droht den Bürgern eine Wiederholung.

Verdi Warnstreik
© Imago / Jürgen Heinrich

Bedingungsloses Grundeinkommen erklärt

Jeden Monat viel Geld vom Staat bekommen, ohne dafür zu arbeiten: Das bedingungslose Grundeinkommen beschreibt genau das.

Der letzte unbefristete Mega-Streik in Deutschland ist fast auf den Tag genau 31 Jahre her. Busse und Bahnen standen still, die Müllabfuhr und die Post kamen nicht, Autobahnmeistereien und Flughäfen waren lahmgelegt. Jetzt droht sich dieses Schreckensszenario zu wiederholen. Dafür gibt es deutliche Anhaltspunkte.

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Die zahlreichen Warnstreiks im März 2023 haben breite Teile der Bevölkerung getroffen und genervt. Pendler kamen nicht mit dem ÖPNV zur Arbeit, Tausende Flüge wurden gestrichen, Mülltonnen blieben stehen. Ausgerechnet am Weltfrauentag (8.März) waren viele Mütter (aber auch Väter) gezwungen, nach altem Rollenbild zu Hause zu sitzen, weil in Teilen Deutschlands Kindertagesstätten ganz oder teilweise geschlossen blieben. Jetzt könnte sich all das wiederholen – aber nicht nur an einzelnen Tagen, sondern dauerhaft.

Verdi: Friedenspflicht gilt nur noch wenige Tage

Der bislang letzte große Paukenschlag in der aktuellen Tarifauseinandersetzung im Öffentlichen Dienst war der Mega-Streik am 27. März. Vor allem die Deutsche Bahn und regionale Nahverkehrsbetriebe waren betroffen – nichts ging mehr. Die Arbeitgeber sowie auch viele Bürgerinnen und Bürger hielten diese von Verdi und EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) vorangetriebene Eskalation für vollkommen überzogen. Die dritte und vorerst letzte Verhandlungsrunde, die am selben Tag begann, scheiterte dennoch.

Aktuell läuft die sogenannte Schlichtung, die mit klaren Regeln verbunden ist. Es gilt für Verdi & Co. eine Friedenspflicht, also ein Streikverbot, während die 24-köpfige Schlichtkommission hinter verschlossener Tür um einen Kompromiss ringt. Vorsitzende des Gremiums sind der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (für die Arbeitgeberseite) und der frühere Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr (für die Gewerkschaften).

Fronten noch verhärteter als vor Mega-Streik 1992

Doch jetzt steht das Ende der Schlichtung und somit auch der Friedenspflicht bevor. Ob ein konsensfähiger Schlichterspruch herauskommt, ist völlig ungewiss. Klarheit dürfte es spätestens am 22. April geben. Dann sollen in Potsdam die Tarifverhandlungen fortgesetzt werden. Die Vorzeichen sind nicht besonders gut. Beim Mega-Streik vor 31 Jahren forderte die damals federführende Gewerkschaft ötv 9,5 Prozent mehr Gehalt. Ein Grund für die stattliche Forderung war damals eine Inflationsrate in Deutschland von vergleichsweise hohen 4,6 Prozent. Nach der Schlichtung und einem zwölftägigen Streik einigte man sich auf 5,4 Prozent.

Verdi Tarifverhandlungen
Verdi-Vorsitzender Frank Werneke, Niklas Benrath (Hauptgeschäftsführer Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände VKA), Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Christine Behle (stellvertretende Verdi-Vorsitzende, v.l.) sitzen am Verhandlungstisch zu Beginn der dritten Runde der Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen im Kongresshotel in Potsdam am 27. März 2023. Foto: IMAGO / Martin Müller

Warum die Fronten heute noch viel verhärteter sind, lassen diese Zahlen erahnen: Im März 2023 lag die Inflationsrate mit 7,4 Prozent erheblich höher als 1992. Verdi, der Beamtenbund dbb & Co. fordern daher für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Gehalt bei einer Tarifvertragslaufzeit von 12 Monaten. Ein 8-Prozent-Angebot der Arbeitgeber, verteilt auf zwei Schritte über 27 Monate, haben die Gewerkschaften abgelehnt. Die Verhandlungen bewegen sich also finanziell auf einem ganz anderen, höheren Niveau als vor 31 Jahren. Und auch die Dimension eines denkbaren Jahrhundert-Streiks könnte weit über die zwölf Tage im April/Mai 1992 hinausgehen. Nach Informationen des „Tagesspiegel“ gibt es Verdi-intern einen Plan für sechswöchige Arbeitsniederlegungen mit einem Fokus auf Müllabfuhr, Verkehrsbetriebe und Krankenhäuser.

„Wird es sehr dunkel in Deutschland“

Das Ganze ist verbunden mit einem verbalen Säbelrasseln, bei dem nicht nur Pendlern, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern angst und bange werden dürfte. Falls die Schlichtung scheitert, „werden wir in einen flächendeckenden, unbefristeten Arbeitskampf einsteigen müssen“, kündigte Ulrich Silberbach, Vorsitzender des Beamtenbunds dbb, gegenüber dem „Handelsblatt“ an. Seine Vorhersage: „Dann wird es mal wieder sehr dunkel in Deutschland.“


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Auch Verdi-Chef Frank Werneke gibt sich kämpferisch: „Wir machen keinen Bückling vor den Arbeitgebern und werden nicht einknicken“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ und verwies auf beachtlichen Rückenwind aus der Arbeitnehmerschaft. Rund 70.000 neue Mitglieder habe die Gewerkschaft in den vergangenen drei Monaten verzeichnet.