Bürgergeld-Empfänger wollen nicht arbeiten und leben dem Staat auf der Tasche. Dieses Klischee ist in Deutschland weit verbreitet. Wie vielschichtig die Probleme von Menschen sein können, die Sozialleistungen in Anspruch nehmen, zeigt dieser Fall aus NRW.
Paul Weißmann (Name auf Wunsch geändert) hat in den letzten Jahren schwere Schicksalsschläge erlitten und rutschte immer wieder in die Arbeitslosigkeit. Dabei machte dem Bürgergeld-Empfänger aus NRW vor allem eine Sache große Probleme.
Bürgergeld-Empfänger braucht plötzlich neue Wohnung
Es waren gesundheitliche Probleme, die Weißmann nach eigenen Angaben in die Bredouille brachten. Seinen Job habe er wegen seiner schweren Krankheit nicht mehr ausüben können. Als das Geld knapp wurde, kamen 2016 auch noch Beziehungsprobleme hinzu. Es folgte die Trennung. Paul Weißmann stand vor einem Scherbenhaufen: Trennung, Schulden und Arbeitslosigkeit.
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Trotz seiner gesundheitlichen Probleme bewarb er sich damals erfolgreich auf einen Job in Neuss. Jetzt brauchte es nur noch eine Wohnung, damit er sein neues Leben anfangen konnte. Doch wegen seiner Schufa-Einträge sagten viele Vermieter ab. Selbst die Jobzusage sollte sie nicht überzeugen. Er sei ja schließlich noch in Probezeit. Am Ende sollte es in letzter Sekunde mit einer Einliegerwohnung klappen.
Obdachlosenunterkunft statt neuem Job?
Jahre vergingen, doch die Schufa-Einträge blieben. Sie waren es auch, die den Antritt einer bestens dotierte Stelle in Münster im Jahr 2021 verhinderten. Denn hier sollte es bei der Wohnungssuche tatsächlich gar nicht klappen. „Selbst das Unternehmen, das mir die Position angeboten hatte, konnte nichts erreichen“, erklärt Paul Weißmann. Das Wohnungsamt habe ihm nicht helfen können. Man habe ihm stattdessen vorgeschlagen, in eine Obdachlosenunterkunft zu ziehen. Eine Empfehlung, die Weißmann später noch einmal hören sollte. Dann aber in einer deutlich angespannteren Situation.
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Dabei sah es eigentlich ein Jahr nach der verpassten Chance in Münster gut aus. 2022 wechselte Paul Weißmann über einen Personaldienstleister zu einem japanischen Unternehmen in Neuss. „Das Unternehmen hat mich sehr kurzfristig unbefristet in Vollzeit aus dem Personalleasing übernommen“, berichtet er und freute sich über eine anspruchsvolle Tätigkeit. Doch dann der Schock.
Wohnung futsch, Job weg
„Nun musste ich meine Wohnung wegen angeblichen Eigenbedarfs verlassen, per Gerichtsentscheid“, so Weißmann. Wieder musste er schnellstens eine Wohnung finden. Wieder scheiterte es an der Schufa. Und das, obwohl sein neuer Arbeitgeber sich bereiterklärte, eine Mietbürgschaft zu übernehmen. „Es hat niemanden interessiert.“ Auch das Wohnungsamt in Münster habe eine Obdachlosenunterkunft als „annehmbare Alternative“ angepriesen. Immerhin sei diese nicht allzu weit vom neuen Arbeitsplatz entfernt.
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Doch das kam für Paul Weißmann nicht infrage. Stattdessen kam er bei einem guten Bekannten in Heiligenhaus unter. Er habe seinen Job in Neuss letztlich gekündigt, „da die Pendelzeit von Heiligenhaus nach Neuss schlicht zu lang gewesen wäre“- und er auch, schufabedingt, kein Deutschlandticket bekam. Ein Satz, den er während seiner verzweifelten Anfrage beim Amt zu hören bekommen hat, lässt den heutigen Bürgergeld-Empfänger nicht mehr los: „Das mag hart klingen, wäre ich Migrant oder aus der Ukraine, würde man mir umgehend ein Hotelzimmer besorgen, bis eine Wohnung gefunden wäre“, habe es in einem Telefon-Gespräch geheißen. Eine Aussage, die sein Vertrauen in den Wohlfahrtsstaat erschüttert habe. „Der Staat geht mir, mit Verlaub, am Arsch vorbei“, platzt es aus Weißmann heraus.
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Der Bürgergeld-Empfänger habe durch die Schicksalsschläge sowohl körperlich als auch seelisch großen Schaden erlitten, sagt er. Jetzt hofft er auf eine Teilzeitstelle in Heiligenhaus und hat große Angst, auf der Straße zu landen: „Irgendwann ist jegliche Resilienz und der Überlebenswille aufgebraucht.“