Raus aus der Linkspartei und rein in eine neue, eigene Partei? Immer wieder werden Gerüchte um Linken-Ikone Sahra Wagenknecht und einer Partei-Neugründung angeheizt. Jetzt verdichten sich die Anzeichen – auch, wenn es noch keine offizielle Bestätigung gibt.
Am Montag (23. Oktober) will Wagenknecht in einer Pressekonferenz Pläne zu einem Verein vorstellen – einer Art Vorstufe einer Partei? Was sagt die Linke zu Wagenknechts Plänen?
Sahra Wagenknecht wählt den „Egotrip“
Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios will die vor allem auch innerhalb der eigenen Partei polarisierende Politikerin gemeinsam mit ihren Unterstützern in Kürze eine Vereinsgründung bekannt geben.
Der Name? Kurz: BSW – Bündnis Sahra Wagenknecht. Der Verein, der für Vernunft und Gerechtigkeit stehen soll, ist laut „Spiegel“ bereits registriert. Linken-Co-Parteivorsitzende Janine Wissler hat scharfe Kritik an Wagenknechts Vorhaben geübt. In den ARD-„tagesthemen“ am Mittwochabend (18. Oktober) bezeichnete Wissler dieses unverblümt als „Egotrip“ der bekannten Linken-Politikerin.
+++ Interview mit Wolfgang Schroeder zu Linken-Ikone Sahra Wagenknecht +++
Wissler fand klare Worte für ihre Kollegin, die anscheinend andere Pläne hegt. Angesichts der „verheerenden Politik der Ampel“ sei es ihrer Meinung nach von entscheidender Bedeutung, dass linke Bundestagsabgeordnete sich als Opposition zur Bundesregierung positionieren und alternative Lösungsansätze vorstellen. Doch anstatt diesen Weg zu gehen, plane Sahra Wagenknecht eine eigene Partei.
Linke könnte Fraktionsstatus verlieren
Weiter appellierte sie an diejenigen Abgeordneten, die erwägen, sich der möglichen neuen Partei von Wagenknecht anzuschließen, ihre Bundestagsmandate zurückzugeben. Dies sei aus ihrer Sicht die einzige moralisch vertretbare Option. Es sei schlicht „unanständig“, diese Mandate zu behalten, die auf Grundlage des Linken-Parteiprogramms errungen wurden.
Die Lage könnte für die Linke noch komplizierter werden, wenn Wagenknecht tatsächlich eine eigene Partei gründet und die Fraktion der Linken verlässt. In diesem Fall wäre der Fraktionsstatus mit derzeit 38 Linken-Abgeordneten gefährdet. Bereits mit einem Stand von weniger als 37 Mandaten würde die Fraktion ihren Status als solche verlieren.
Einer, der die Linke auf keinen Fall verlassen will, ist Gregor Gysi. „Der gehöre ich jetzt seit 1967 an, da wechsle ich doch nicht mehr die Partei. Im Gegenteil“, betont der Linken-Politiker in der ARD-Talksendung „maischberger“. Die Gegner der Linken hätten „immer versucht, meine Partei kaputtzumachen. Das ist ihnen allen nicht gelungen“, sagte Gysi. „Und nun haben sich ein paar Linke gesagt: Ja, wenn es den Gegnern nicht gelingt, müssen wir selber machen“, formulierte er seine Kritik an Wagenknecht. „Und dagegen werde ich mich genauso stellen wie bei den anderen.“
Hat Wagenknecht das Zeug zur eigenen Partei?
Zuvor räumte Gysi im ZDF-Talk „Markus Lanz“ ein, dass Wagenknecht das Organisationstalent fehle. Auch Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder betonte gegenüber dieser Redaktion: „Ich hatte den Eindruck, dass sie organisatorisch zutiefst unbegabt ist.“ Weiter sei unklar, ob Wagenknecht als Person die Robustheit hat, eine zentrale Funktion in einer Partei einzunehmen, die sie selbst verantwortet.
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Linken-Politiker Bernd Riexinger sieht eine mögliche Partei-Neugründung als Chance. „Für die Linke ist das eine Befreiung. Wir wären endlich wieder klar verstehbar für unsere Wähler und Wählerinnen, es gebe keine unterschiedlichen Botschaften.“ Doch Schroeder bremst in den ARD-„tagesthemen“ diesen Optimismus. „Für die Partei die Linke ist es gewissermaßen das Totenglöcklein, weil davon auszugehen ist, dass ein nicht unerheblicher Teil derjenigen, die bisher die Linke gewählt haben, dann auch in das Lager der Wagenknecht-Partei wechseln könnten.“ Denn: „Eine Partei, die etwas Neues verspricht, ist immer attraktiver als eine Partei, die sich in der Abstiegszone bewegt.“