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Rente mit 70: Das wären die gravierenden Folgen für die Betroffenen

Viele Ökonomen fordern eine Anhebung der Rente auf 70 Jahre. Dies hätte jedoch gravierende Folgen für sozial schwächere Rentner.

Rente
© IMAGO/Zoonar

Rentenalter steigt: Bundesbürger gehen später in Rente

Die Menschen in Deutschland müssen länger arbeiten. Das Rentenalter steigt und damit kommen sie noch einmal später in den Genuss des wohlverdienten Ruhestands.

Arbeiten bis 70 – eine Vorstellung, die polarisiert. Während die durchschnittliche Lebenserwartung steigt und weniger junge Arbeitnehmer auf den Arbeitsmarkt drängen, diskutieren viele über die Rente und eine mögliche Erhöhung des Eintrittsalters.

Experten warnen jedoch vor übereilten Entscheidungen und möglichen sozialen Ungerechtigkeiten. Welche Folgen hätte eine Rente mit 70?

Schon jetzt kommen manche Berufsgruppen an ihre Grenzen

Was bedeutet eine spätere Rente für die Gesundheit der Menschen? Viele Berufsgruppen, insbesondere solche mit körperlich oder psychisch anstrengenden Tätigkeiten, haben bereits heute Schwierigkeiten, bis zum derzeitigen Renteneintrittsalter zu arbeiten.

Dazu gehören beispielsweise Handwerker, Friseure oder Pflegekräfte. Für die Beschäftigten wird die hohe Belastung im Alter zum Problem. Ein höheres Renteneintrittsalter könnte für sie sowohl finanzielle als auch gesundheitliche Nachteile mit sich bringen.

Kürzere Lebenserwartung

So zeigt eine im Frühjahr vorgestellte Studie der Universität Mannheim, dass Menschen, die später in Rente gehen, im Durchschnitt kürzer leben. Ein um ein Jahr späterer Renteneintritt erhöht demnach das Sterberisiko um 4,3 Prozentpunkte. Betroffen seien vor allem Personen mit gering qualifizierten, körperlich oder psychosozial belastenden Tätigkeiten.

Ein weiteres Problem: Untersuchungen zeigen, dass die Lebenserwartung von Arbeitnehmern in den unteren Einkommensgruppen im Durchschnitt geringer ist als in den höheren Einkommensgruppen. Sie würden also nicht nur weniger Rente beziehen, sondern auch über einen kürzeren Zeitraum.

Soziale Herkunft bei Rente ausschlaggebend

Eine kürzlich vorgestellte Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2019 kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die Studie zeigt, dass Männer aus handwerklichen Berufen mit niedrigem Verdienst gesundheitliche Vorteile haben, wenn sie mit 63 Jahren aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Für Männer mit höheren Löhnen gilt dieser positive Effekt hingegen nicht.

Die Studie zeigte nämlich, dass bei diesen gut verdienenden Personen, die erst mit 65 Jahren in Rente gingen, die Sterblichkeit kurz danach anstieg. Ein Effekt, der bei den Geringverdienern nicht in diesem Ausmaß zu beobachten war. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte die soziale Isolation im Alter sein.

Wie der Autor der Studie, Matthias Giesecke, betont, könnten Männer mit hohem Einkommen am Ende ihrer beruflichen Laufbahn nicht nur ihr Prestige, sondern auch wichtige soziale Kontakte verlieren. Frauen wurden in der Studie nicht berücksichtigt.

Deutsche Rente steht vor enormen Herausforderungen

Kein Wunder, dass Umfragen zufolge die Mehrheit der Erwerbstätigen in Deutschland eine Erhöhung des Renteneintrittsalters ablehnt. Stattdessen würden viele lieber höhere Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen.

Dennoch steht das deutsche Rentensystem vor großen Herausforderungen. Die Bevölkerung wird älter und es werden weniger Kinder geboren. Die Zahl der Rentenempfänger steigt, die der Beitragszahler sinkt – und dieses Verhältnis wird immer ungleicher.

Anteil der über 60-Jährigen nimmt stetig zu

Der Anteil der 65-Jährigen und Älteren an der deutschen Bevölkerung nimmt seit den 1960er Jahren kontinuierlich zu. Nach Prognosen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung könnte im Jahr 2060 fast jeder dritte Deutsche älter als 65 Jahre sein.

Zudem gehen die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer bald in Rente und hinterlassen eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt. Denn es kommen einfach nicht genügend junge Menschen nach.



Die Zukunft der Rente bleibt fragwürdig

Eine Anhebung des Renteneintrittsalters könnte jedoch zu größerer sozialer Ungerechtigkeit führen. Eine Möglichkeit, das Rentenproblem in Deutschland zu lösen, könnte eine bessere Verteilung der Arbeit und mehr Investitionen in Bildung sein.

Zudem könnten Reformen des Rentensystems wie in Österreich, wo auch Selbstständige und Beamte in die Rentenkasse einzahlen, als Vorbild dienen. Dabei ist Deutschland auch auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen.