Umweltministerin Steffi Lemke hatte es vorher schon geahnt und sie behielt Recht: Luisa Neubauer werde der Partei in ihrer Rede die Leviten lesen. Der Streit um Lützerath, dem Dorf in NRW, das von den Kohlebaggern von RWE zerstört wird, bestimmte den Abschlusstag auf dem grünen Parteitag.
Steffi Lemke verkaufte es als Erfolg, dass der Kohleausstieg auf 2030 vorgezogen wird und man so 280 Tonne CO2 einsparen werde. Dieser Kompromiss mit RWE „ist nicht Nichts, sondern ein großartiger Erfolg“, betonte sie. Doch genau diese Zahl der CO2-Einsparungen stellte Klimaaktivistin und Grünen-Mitglied Luisa Neubauer kurz darauf massiv in Frage.
Luisa Neubauer auf Parteitag: „Eine komplizierte Rede für mich“
Die 26-jährige Klimaaktivistin räumte zunächst ein, dass es eine „komplizierte Rede“ für sie sei. Irgendwo zwischen den Stühlen, als Parteimitglied der Grünen, gleichzeitig aber auch als Aktivistin von Fridays for Future. „Ihr regiert unter den härtesten nur vorstellbaren Bedingungen“, gestand sie ihrer Partei angesichts der Energiekrise nach dem Ukraine-Krieg zu. „Ich verstehe, dass ihr die Misere der anderen ausbadet.“ Die Klimaschutz-Bewegung sehe durchaus auch, dass die Grünen in der Ampel-Koalition kämpfen. „Wir machen doch schon“ als Haltung sei aber nicht ausreichend.
+++ Luisa Neubauer: „Gefakte Zahlen“ – RWE reagiert auf Attacke der Klimaaktivistin +++
Sie erlebe einen neuen „ökologischen Hyperrealismus“ in der Partei. Doch die Klimakrise sei mit „Realpolitik“ nicht aufschiebbar und komme „mit zehnfacher Wucht zurück“, wenn man sie nur kurz ausblende.
Ebenfalls spannend: Baerbock und Nouripour: Doppelmoral-Vorwurf! Basis-Mitglied sauer auf Außenministerin: „Bullshit“
„Seit wann argumentieren Grüne mit gefakten RWE-Zahlen?“
Neubauer machte in ihrer anklagenden Rede auf dem Parteitag deutlich, dass sie sie kein Verständnis dafür habe, wenn neues Öl „von Verbrechern“ eingekauft werde. Sie verstehe auch nicht, wieso man neue fossile Infrastruktur für kommende Jahrzehnte schaffe, „die man absehbar nicht mehr braucht“, so Neubauer. Eine Abrechnung mit den neuen LNG-Terminals in der Nordsee.
Auch interessant: Grünen-Parteitag: Video aufgetaucht – in der Nacht fielen die Masken
Besonders konfrontativ wurde Neubauer dann als sie den Kohledeal mit RWE ansprach. Dieser sei eben kein Erfolg der Grünen. Sie zweifelte die Zahlen des Konzerns an, wonach 280 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.
+++ Grünen-Parteitag: Experte zweifelt, ob AKW-Politik „in Realität bestehen wird“ +++
„Seit wann argumentieren die Grünen mit gefakte Zahlen von RWE? Seit wann?“, empörte sie sich unter großem Applaus.
Schau auch hier rein: Grüne: Ausgerechnet SIE finanzieren als Sponsoren den Parteitag
Luisa Neubauer appelliert energisch: „Legt los!“
Zum Ende ihrer Rede appellierte sie erneut an ihre Partei: „Legt los!“ Es brauche die Wende hin zu Erneuerbaren Energien „in Lichtgeschwindigkeit“. Die Krisen des Jahres 2022 seien keine Ausrede, denn es werde „keine leichtere Zeit mehr kommen“. Daher dürfe man „keine Legislaturperiode verschwenden“, egal mit wem man in einer Koalition regiere.
Trotz – oder gerade wegen – der strengen „Kanzelrede“ erhielt Neubauer Standing Ovations von den Delegierten.