Die Rede von Finanzminister Christian Lindner bei der Bauern-Demo am Montag (15. Januar) in Berlin schlägt hohe Wellen. Es gibt viel Kritik, dass er dabei Bürgergeld-Empfänger und Asylbewerber ins Visier nahm. Nun findet auch der Bundesverband der gemeinützigen Tafeln in Deutschland deutliche Worte.
+++ Mehr dazu: Christian Lindner biedert sich den Bauern an – die buhen ihn heftig aus +++
Lindner habe die Leistungsempfänger „ungerechtfertigt zum Feindbild“ gemacht. Menschen „die am wenigsten haben“. Das sei „absolut unmenschlich und würdelos“. Ähnliche Vorwürfe kommen von der Chefin der Linkspartei, Janine Wissler. Lindners Sätze seien „politisch verantwortungslos und menschlich ekelhaft“ gewesen, so die Linken-Vorsitzende. Sie fordert deswegen sogar den Rücktritt Lindners als Bundesminister.
Lindner keilt gegen Bürgergeld-Empfänger – Tafel-Verband empört
In der kontroversen Passage seiner Rede vor den protestierenden Bauern sagte Lindner: „Es ärgert mich, dass ich vor ihnen als den fleißigen Mittelstand über Kürzungen sprechen muss, während auf der anderen Seite in unserem Land Menschen Geld bekommen fürs Nichtstun. Sozialreformen sind schwer, aber auch da gehen und müssen wir ran. Deshalb kürzen wir die Leistungen für Asylbewerber. Deshalb sparen wir eine Milliarde Euro beim Bürgergeld. Denn wir dürfen es nicht länger tolerieren, wenn Menschen sich weigern für ihr Geld zu arbeiten.“ Das sei eine Frage der Gerechtigkeit, so der Bundesminister weiter.
Der Tafel-Verband kritisiert, dass die Vorwürfe Lindners auch faktisch nicht stimmen würden. Asylbewerber dürfen bislang erst nach neun Monaten arbeiten, die Ampel-Regierung will das Arbeitsverbot auf sechs Monate lockern. Zudem würden die Bürgergeld-Bezieher das Geld nicht „fürs Nichtstun“ erhalten.
+++ Interessant: Christian Lindner: War seine Partei die große Ampel-Bremse? Zum Jahresende spricht er Klartext +++
Finanzminister trotzdem großer Buhmann auf der Demo
Tafel Deutschland e.V. entgegnet außerdem auf X: „Die meisten Menschen im Bürgergeld können nicht (noch mehr) arbeiten. Sie stocken bereits auf, sind krank, minderjährig, leisten Sorgearbeit usw.“ Es sei eine nicht ausreichende Existenzsicherung, betont die Organisation.
+++ Lesenswert: „Unabgesprochen!“ Lindner streicht im Alleingang Klimageld – neuer Ampel-Zoff! +++
Tatsächlich hat es Lindner wenig gebracht, dass er gegen Leistungsbezieher Stimmung machen wollte. Der blieb, wie die ganze Ampel-Spitze, der Buhmann auf der Demo.
Keine große Demo – die Traktoren sorgten für Aufmerksamkeit
Derweil gibt es in den Sozialen Netzwerken neue Diskussion darüber, ob die mediale und politische Aufmerksamkeit für die Bauern-Proteste angesichts der überschaubaren Größe der Demonstrationen überhaupt angebracht war. Obwohl es fast 260.000 Bauernhöfe im Land gibt, versammelten sich nach Angaben der Berliner Polizei lediglich rund 8.500 Demonstranten vor dem Brandenburger Tor. Dabei schlossen sich auch Handwerker, Gastronomen und Spediteure dem Protest an.
Mehr Themen für dich:
Der Bauernverband konnte nur einen überschaubaren Teil der Bauernschaft mobilisieren. Wie wir auf unserem Portal bereits vor einigen Tagen schrieben: Es sind vor allem die Traktoren, die den Protest mächtig machten.