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Hartz 4: Experte sieht Probleme auf Empfänger zukommen – „Müsste 150 Euro drauf legen“

Nicht nur das wenige Geld macht Hartz 4-Empfängerndas Leben schwer. Auch ein anderer Aspekt setzt ihnen sehr zu.

Hartz 4
© IMAGO / Rüdiger Wölk

Das ist Hartz IV

Das ist Hartz IV

Reicht Hartz 4 zum Leben? Darauf findet Armutsforscher Christoph Butterwegge (71) in einem Interview mit „ntv“ eine deutliche Antwort: „In Würde sicher nicht.“ Es seien im Regelbedarf nur fünf Euro pro Tag für Lebensmittel vorgesehen. Damit verhungere man zwar nicht, „aber der Betrag reicht nicht aus, um sich beispielsweise gesund zu ernähren“, so Butterwegge.

Auch reiche der Hartz 4-Regelsatz (449 Euro) nicht aus, um sich gut zu kleiden und „erst recht nicht, um am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen“. Ein Kino- oder Theaterbesuch sei „mit dem Regelbedarf nicht möglich“, so der ehemalige Bundespräsident-Kandidat der Linkspartei.

Hartz 4: „Man müsste sicherlich nochmal 150 Euro drauflegen“

Deshalb fordert er zum einen die Regelbedarfe anzuheben. Die geplante Erhöhung der Regelsätze mit dem Wechsel zum Bürgergeld (502 Euro) um 53 Euro reiche jedoch keineswegs aus, denn damit werde lediglich „die momentan hohe Geldentwertung ausgeglichen“. „Man müsste sicherlich nochmal 150 Euro drauflegen“ so Butterwegge.

Zum anderen schlägt er vor, die Stromkosten aus dem Regelbedarf herauszunehmen und sie in die Kosten für Unterkunft und Heizung einzugliedern. Das häufig angeführte Gegenargument, „dass Hartz-IV-Bezieher dann ihre elektrischen Geräte ständig anließen, weil das Jobcenter bezahlen würde“ lässt Butterwegge nicht gelten. Denn schließlich prüfe das Jobcenter „genau, ob die Kosten für Unterkunft und Heizung angemessen sind.“ Doch es seien nicht nur die Geldsorgen, die den Hartz 4-Empfängern zusetzen würden.

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Hartz 4: Sozial ausgegrenzt und verachtet

„Armut ist nicht ansteckend. Trotzdem werden die Betroffenen in einer reichen Gesellschaft meistens wie Aussätzige behandelt. Sie leiden nicht nur darunter, dass sie wenig Geld im Portemonnaie haben, sondern wahrscheinlich noch mehr darunter, sozial ausgegrenzt, verachtet und verächtlich gemacht zu werden“, lässt der Armutsforscher die Öffentlichkeit wissen.


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Deshalb würden „sehr viele Arme gesundheitliche, psychische oder Suchtprobleme“ haben. Schuld daran sei „eine Gesellschaft, die sie für ihre soziale Misere verantwortlich erklärt, statt Armut auf die Wirtschaftsstruktur, die Eigentumsverhältnisse und die Verteilungsmechanismen zurückzuführen“, so Butterwegge.


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Warum gerade Hartz 4-Empfänger ausgegrenzt würden – darauf erklärt Butterwegge im „ntv“-Interview: „Angehörige der unteren Mittelschicht glauben oft, die Armen würden vom Staat gepampert. Dabei wäre es gerade für die Mittelschicht logischer, nach oben zu schauen. Wenn die Bezüge der Spitzenmanager mitten in einer schweren Krise um ein Viertel steigen und der Vorstandsvorsitzende eines deutschen Konzerns 19 Millionen Euro im Jahr erhält, begehrt niemand dagegen auf. Aber wenn ein Hartz-IV-Bezieher 50 Euro mehr bekommt, regen sich gerade Geringverdiener auf.“