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Europawahl: Was soll das eigentlich mit den zwei EU-Parlamenten in Straßburg und Brüssel?

Diese Frage stellt sich jeder: Warum hat die EU eigentlich zwei Standorte für das Europa-Parlament? Vor der Europawahl kommt sie wieder auf.

Mal in Brüssel, mal in Straßburg: Vor der Europawahl 2024 wird wieder eine große Frage gestellt.
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EU-Wahl: Keine 5-Prozent-Hürde - diese Kleinparteien haben eine Chance

Bei der EU-Wahl 2024 haben diese Kleinparteien eine Chance.

Das EU-Parlament ist das Herzstück der europäischen Demokratie. Alle fünf Jahre bestimmen die Bürgerinnen und Bürger in der Europawahl die Zusammensetzung dieses wichtigen Organs. So auch wieder am 9. Juni 2024.

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So stellt sich wieder eine Frage: Warum unterhält die EU überhaupt zwei Parlamentsstandorte in Brüssel und Straßburg? Das wirkt wie ein Relikt der Vergangenheit. Doch diese zwei Parlamentssitze haben tiefe historische und symbolische Wurzeln.

Frage zur Europawahl: Das hat es mit den zwei Standorten auf sich

Im Jahre 1952, als die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gegründet wurde, etablierte sich Luxemburg als Provisorium für das Parlament. Die EGKS hatte eine Versammlung, die als Vorläufer des heutigen Europaparlaments betrachtet werden kann. Aber es war noch kein direkt gewähltes Parlament im heutigen Sinne. Die Mitglieder dieser Versammlung waren nationale Abgeordnete, die von den Parlamenten der sechs Gründerstaaten entsandt wurden. Erst 1979 fand die erste Direktwahl zum Europäischen Parlament statt. Die Bürgerinnen und Bürger der damaligen Europäischen Gemeinschaften bestimmten direkt ihre Vertreter

Mit dem Wachstum der europäischen Institutionen und aus dem Bestreben heraus, den Geist der Zusammenarbeit zu fördern, vereinbarten die Mitgliedsländer 1958, Straßburg als offiziellen Sitz des Parlaments zu nutzen.

Straßburg hat eine besondere symbolische Bedeutung

Die Wahl fiel auf Straßburg, eine Stadt mit starker historischer Symbolik. Sie liegt im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Deutschland – zwei Länder, die zuvor verfeindet waren. Sie verkörpert damit die Versöhnung und Einheit Europas.

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Im Zuge der Entwicklung der europäischen Integration entstanden neben der EGKS weitere supranationale Institutionen. Darunter die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Euratom. Mit dem Integrationsprozess und der Ausweitung der Kooperation auf weitere Politikfelder stieg auch der Bedarf nach einer zentralen Verwaltung.

Brüssel als „De-facto-Hauptstadt“ der EU

Brüssel wurde zunächst als Provisorium für einige Institutionen der EG gewählt und etablierte sich schnell als Verwaltungszentrum. Die Entscheidung, die Europäische Kommission und weitere wichtige Organe in Brüssel anzusiedeln, war auch praktischer Natur. Brüssel bietet eine zentrale Lage in Westeuropa hat und gute Verkehrsverbindungen. Es entwickelte sich ein „De-facto-Hauptquartier“ der EU und Hauptarbeitsort des Parlaments und der Kommission.

Der Vertrag von Amsterdam (1997) verankerte die Aufteilung des Parlaments rechtsverbindlich. Nach diesem Vertrag finden die zwölf Plenartagungen des EU-Parlaments und zusätzliche Sitzungen in Straßburg statt. Dafür werden die Ausschussarbeiten und zusätzliche Aktivitäten in Brüssel abgehalten.

Vor der Europawahl 2024 wird die Kritik wieder lauter

Kritiker sehen in diesen Regelungen jedoch eine enorme Ressourcenverschwendung. Berichten zufolge kostet der monatliche Wechsel zwischen den beiden Städten die europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jährlich etwa 114 Millionen Euro, zusätzlich zu den Umweltauswirkungen aufgrund der Transporte.

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Trotz dieser Kritik ist die Änderung des Status quo komplex. Eine solche Entscheidung benötigt Einstimmigkeit im Europäischen Rat, in dem jedes EU-Mitgliedsland ein Vetorecht besitzt. Der politische Wille für eine solche Veränderung ist oft schwer zu finden, da die derzeitige Regelung historisch gewachsene Interessen und nationale Empfindlichkeiten reflektiert.


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Die steigenden Kosten und der Bedarf an effektiveren Abläufen im EU-Parlament stehen somit in einem Spannungsverhältnis zu historisch-symbolischen Erwägungen und dem politischen Ringen um Einigkeit. Vor der Europawahl 2024 bleibt dies ein Streitthema, das auch in der EU-Bevölkerung intensiv diskutiert wird.