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Flüchtlings-Politik: „Demütigend“ – Geht diese Maßnahme gegen Asylbewerber zu weit?

Politiker fordern eine drastische Asyl-Maßnahme. Menschenrechtler laufen Sturm: „Demütigend“

Keine finanzielle Unterstützung mehr für Geflüchtete? Pro Asyl rät ab von den Plänen der Politiker.
u00a9 IMAGO/Funke Foto Services

Die Flucht von Ahmad Kailash aus Syrien ins Ruhrgebiet

Ahmad Kailash flüchtete 2014 von Syrien nach Deutschland. Seine neue Heimat ist das Ruhrgebiet. Der Flüchtling arbeitet mittlerweile bei Lueg in Mülheim und steht kurz vor seinem Abschluss als KFZ-Mechatroniker.

Nicht zuletzt durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die Tausenden Menschen, die aus diesem Land nach Deutschland flohen, hat sich die Diskussion um die Asyl – und Flüchtlings-Politik verhärtet.

Vor allem aus FDP und CDU werden Forderungen laut, keine Geldleistungen mehr an Asylsuchende zu zahlen. Ihrer Meinung nach, würden aufgrund des Geldes, mehr Menschen nach Deutschland flüchten.

Flüchtlings-Politik: Das Problem der Sachleistungen

Sachleistungen und Prepaid-Karten sollen den Bedarf von Geflüchteten an Stelle von Zahlungen decken. Das forderte beispielsweise der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr (46) gegenüber der Zeitung „Bild“. Der Verein Pro Asyl kritisiert solche Forderungen zur Sachzahlung als entmündigend und demütigend. Sachleistungen entzögen den Menschen ihre Autonomie, seien nicht auf die Bedürfnisse des Einzelnen abzustimmen.

Die Referentin des Vereins Pro Asyl, Andrea Kothen erklärte unserer Redaktion hierzu: „Die Debatte um Sachleistungen ist alt, sie hat schon bei der Erfindung des Sonderleistungsrechts für Geflüchtete vor 30 Jahren eine zentrale Rolle gespielt“. Seither koche sie immer dann wieder hoch, wenn die Diskussion um Asylsuchende durch Flucht und Migration aufgeheizt würden.

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„Wenn die Debatte auf der praktischen Ebene wieder zu einer noch stärkeren Sachleistungsausgabe und damit verbundenen Leistungskürzungen in den Kommunen führt, dürfte das auf allen Seiten zu Ärger führen. Bei den Betroffenen, die darunter leiden, bei den Kommunen, die das organisieren und draufzahlen müssen. Sogar bei der Justiz, die zahlreichen Klagen gegen nicht gerechtfertigte Leistungskürzungen entgegensehen müsste“, warnt Kothen.

Die Referentin kritisiert, dass sich die Bundesregierung in ihrer Flüchtlingspolitik von der Debatte treiben lasse. Dabei bewege sie sich „in eine bislang unvorstellbar harte und menschenrechtsferne Richtung“. Kothens Einschätzung nach wird das Thema der Leistungen für Asylbewerber bewusst von unterschiedlichen Seiten in der Politik instrumentalisiert. „Es war in Zeiten, in denen die Asylzahlen anstiegen, immer wieder ein beliebtes Debatten- und Wahlkampfthema. Unter anderem, um von anderen gesellschaftliche Probleme abzulenken. Hier wirkt auch eine klassische Sündenbocklogik.“

Asylsuchende als Sündenbock

Beim Wohnungsmarkt beispielsweise sei seit Jahrzehnten bekannt, auf welche Probleme man zusteuere. „Während die Quadratmeterzahl pro Einwohner angesichts der Altersentwicklung permanent wächst, sinkt die Zahl der Sozialwohnungen von Jahr zu Jahr. Die versprochenen Neubauten kommen nicht. Dennoch wird ständig auf den aktuellen Zuzug von Geflüchteten verwiesen, als sei das die Ursache für Wohnungsnot in den Gemeinden“, erklärt Kothen. Weiterhin stellt die Sprecherin von Pro Asyl klar: „Auch wenn kein einziger Geflüchteter mehr käme, gäbe es ein Wohnungsmarktproblem, für das man Lösungen finden muss.“


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Das Problem an der Debatte um die Sachleistungen für Geflüchtete sei, so Kothen, dass dadurch suggeriert werde, dass Geflüchtete weniger Recht auf ein menschenwürdiges Leben hätten als alle anderen Menschen. Außerdem würde über Bewerber von Asyl gesprochen als ob „sie von unserer Gnade abhängen. Als ob wir mit ihnen eigentlich machen könnten, was wir wollten. Bis hin zum Sterbenlassen auf dem Meer.“ Das sei durch das Verfassungsgesetz zwar nicht möglich, werde in der Diskussion aber so vermittelt. „Menschen- und Grundrechte spielen in dieser Wahrnehmung immer weniger eine Rolle. Die Empathie für die betroffenen Menschen geht zurück“ gibt Kothen zu bedenken.