Veröffentlicht inPolitik

Asyl: Kein Bargeld mehr für Flüchtlinge – Kommunen am Ende die Leidtragenden?

Der Fraktionschef der FDP im Bundestag prescht in der Asyl-Debatte vor. Er stellt den Bundesländern ein Ultimatum. Doch es gibt Zweifel.

Asyl: Kein Bargeld als Taschengeld für Geflüchtete mehr
u00a9 IMAGO/ingimage

Umfrage: Skepsis gegenüber Zuwanderung in Deutschland gestiegen

Die Skepsis gegenüber der Zuwanderung ist in Deutschland laut ARD-«Deutschlandtrend» gestiegen. Derzeit verbinden 64 Prozent der Deutschen eher Nachteile mit der Zuwanderung.

In der aufgeregten Debatte um die Verschärfung der Asyl-Gesetze in Deutschland mischt ein Liberaler ganz vorne mit: Der Fraktionschef der FDP im Bundestag. Christian Dürr will hart durchgreifen und Deutschland für Asylbewerber unattraktiver machen.

Ein „Pull-Faktor“ sind aus seiner Sicht die Geldleistungen des Staates. Im ARD-Morgenmagazin forderte Dürr die Einstellung der Bargeldzahlungen an Geflüchtete. Der Bund habe die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, nun seien die Länder dran. Doch in seiner eigenen Partei gibt es Zweifel und Bedenken.

Selbst in der FDP gibt es Bedenken über Asyl-Vorstoß

Bis zum 6. November, also bis zum nächsten Bund-Länder-Gipfeltreffen, erwarte Dürr „dass alle 16 Ministerpräsidenten, auch die Schwarz-Grünen regierten, auch Bayern, ganz klar sagen: Wir machen keine Bargeldzahlungen mehr“. Stattdessen solle man auf Sachleistungen oder Bezahlkarten setzen. Eine deutliche Ansage des FDP-Spitzenpolitikers, die sich allerdings auch an seine eigene Leute in den Bundesländern richtet.

Auch spannend: FDP-Mitglieder wegen Asyl-Politik stinksauer – „Ich war Parteiaustritt noch nie so nah“

In zwei Bundesländern regiert die FDP aktuell mit: Sachsen-Anhalt und in Rheinland-Pfalz. Dort ist man auf Anfrage unserer Redaktion weniger forsch.

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

„Nicht über die Köpfe der Kommunen hinweg“

Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, Andreas Silbersack, äußert Zweifel am Asyl-Vorstoß vom Dürr. Die Bürokratie für die „ohnehin schon stark belasteten Kommunen“ dürfe sich nicht noch weiter steigern. „Viele Kommunen entscheiden sich bewusst für Geldzahlungen, weil das nach eigenem Bekunden mit weniger Aufwand für sie verbunden ist.“ Es dürfe darum keine „Entscheidungen über die Köpfe der Kommunen hinweg“ geben.

Aus Hamburg kam allerdings eine gegenteilige Einschätzung. Wie die „Neue Osnabrücker Zeitung“ im August berichtete, verwies ein Sprecher der Hamburger Finanzbehörde auf den hohen Verwaltungsaufwand der Bargeldauszahlung. Die Asylbewerber müssten am Zahltag persönlich in der Zahlstelle erscheinen. Mit einer „guthabenbasierten Kreditkarte“ könne das ganze Verfahren vereinfacht werden, hofft man in der Hansestadt.


Taschengeld für Asylbeweber:

  • es besteht ein rechtlicher Anspruch nach dem Asylbewerberleistungesetz
  • die Geldleistung soll den notwendigen und persönlichen Bedarf abdecken
  • es gibt verschiedene Bedarfsstufen (Singles, Paare, Jugendliche und Kinder)
  • Alleinstehende erhalten 410 Euro monatlich

Grundsätzlich gehe der Vorschlag, auf zweckgebundene Bezahlkarten mit Prepaid-Guthaben für Asylbewerber umzustellen, aber „in die richtige Richtung“, meint auch Silbersack. Man werde in Sachsen-Anhalt darüber Gespräche führen.

„Flickenteppich nicht hilfreich“

Eher verhalten reagieren auch die Liberalen in Rheinland-Pfalz auf das Asyl-Ultimatum aus Berlin. Philipp Fernis, Fraktionschef der FDP im Mainzer Landtag warnt vor „Insellösungen“ in den Bundesländern. „Ein Flickenteppich von verschiedenen Systemen in den Ländern“ sei nicht hilfreich. „Der Vorschlag von Christian Dürr enthält gute Ansätze, die allerdings in allen Ländern gleichermaßen umgesetzt werden müssen“, so Fernis.


Weitere interessante Nachrichten:


Der FDP-Fraktionsvorsitzende fordert Bundesinnenministerin Nancy Faeser dazu auf, darüber in den Dialog mit den Ländern zu treten. „Sollte eine entsprechende Einigung erzielt werden, wird die FDP in Rheinland-Pfalz selbstverständlich zustimmen“, versichert Fernis.