Ob man einen Kredit aufnehmen, eine Wohnung mieten oder bestellte Ware erst mit 30 Tagen Verzögerung bezahlen möchte – Millionen Menschen haben täglich direkt oder indirekt mit der Schufa zu tun. Denn deren Bewertungssystem soll aussagen, wie zahlungskräftig und verlässlich man ist. Aber ist diese Berechnung überhaupt rechtens? Eine neue juristische Beurteilung stelle alles in Frage.
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Ob jemand eine gute Bonität hat und somit als kreditwürdig gilt, drückt die Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) mit einem sogenannten Score-Wert aus. Doch wie entsteht dieser? Wenn man ein Girokonto eröffnet, eine Kreditkarte beantragt, Ratenzahlung für eine größere Anschaffung vereinbart, einen Kredit aufnimmt, einen Handy-Vertrag abschließt, den Stromanbieter wechselt oder ein Auto finanziert, geht eine Info dazu an die Schufa. Kommt es zu Unregelmäßigkeiten, weil Verträge nicht eingehalten oder Kredite nicht pünktlich zurückgezahlt werden, wird das negativ vermerkt. Auch persönliche Daten wie Name, Geburtsdatum und Anschrift sind bei der Schufa gespeichert.
Schufa: Strom-Vertrag, Handy, Ratenzahlung – alles hängt vom Score-Wert ab
Set 1927 betreibt die Schufa dieses Geschäft bereits. Sie ist keine Behörde, sondern eine Aktiengesellschaft, an der viele Handelsunternehmen und Geldinstitute beteiligt sind. Doch jetzt kommt ein Gutachter des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg zu der Einschätzung, dass der Schufa-Score gegen EU-Recht verstößt. Außerdem dürfe die Schufa die Daten von Insolvenzgerichten und aus anderen öffentlichen Verzeichnissen nicht länger speichern, als es das jeweilige öffentliche Verzeichnis selbst tut, betonte EuGH-Generalanwalt Priit Pikamäe am Donnerstag (16. März) in seinen Schlussanträgen. Ein solches Gutachten ist für die Richter nicht bindend. Häufig folgen sie ihm aber.
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Energieversorger, Telekommunikationsunternehmen und Banken fragen meist bei privaten Auskunfteien wie der Schufa nach der Kreditwürdigkeit einer Person, bevor es zu einem Vertragsabschluss kommt. Die Schufa liefert dann den Score-Wert. Er soll zeigen, wie gut der Betreffende seine Zahlungsverpflichtung erfüllt. Immer öfter lassen sich auch Vermieter von den Mietinteressenten eine Schufa-Auskunft zeigen, um einigermaßen sicher sein zu können, dass sie verlässlich ihr Geld erhalten.
Insolvenzen länger gespeichert als zulässig?
Auslöser des Verfahrens vor dem EuGH sind mehrere Fälle aus Deutschland. Im einem Fall geht es zum Beispiel um die Frage, wann die Schufa eine Verbraucherinsolvenz aus ihrer Berechnung streichen muss. Insolvenzgerichte löschen diese Daten nach einem halben Jahr aus öffentlich einsehbaren Registern, bei der Schufa hingegen bleibt die Insolvenz noch bis zu drei Jahre nach Ende des Verfahrens vermerkt und erschwert Betroffenen dadurch den wirtschaftlichen Neuanfang. Das ist nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts rechtswidrig.
In einem anderen Rechtsstreit forderte der Kläger die Schufa auf, einen Eintrag zu löschen und ihm Zugang zu den Daten zu gewähren, nachdem ihm ein Kredit verwehrt wurde. Die Schufa teilte ihm aber keine Einzelheiten, sondern nur den allgemeinen Score-Wert mit. Denn die Berechnungsmethode gilt als Geschäftsgeheimnis. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden reichte den aktuellen Fall jedoch für eine grundsätzliche datenschutzrechtliche Prüfung dem EuGH vor.
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Denn die Datenschutzgrundverordnung besagt, dass Entscheidungen, die für Betroffene rechtliche Wirkung entfalten, nicht aus einer automatisierten Datenverarbeitung resultieren dürfen. Im Klartext: Maschinen dürfen nicht über Menschen entscheiden. Der EuGH-Generalanwalt kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass bei der Schufa genau dies passiert – oder später bei einem Unternehmen, das auf Grundlage des Schufa-Score entscheidet.