Er ist einer der meistdiskutieren Bürgermeister des Landes. Seit 2007 lenkt Boris Palmer die Geschicke der Universitätsstadt Tübingen. Der 51-Jährige, der einst Mitglied bei den Grünen war und mittlerweile parteilos antritt, ist unbequem, sorgte mit teils schwierigen Aussagen für Kontroversen. Doch Palmer kann auch den Finger in die Wunde legen, wie er am Donnerstagabend (31. August) bei Markus Lanz bewies.
Als es nämlich im ZDF um das Erstarken der AfD und die Klausurtagung der Ampelregierung in Mesebeck ging, wurde Boris Palmer deutlich. „Ich beschreibe es vielleicht mal aus zwei Perspektiven. Die eine als Wähler: Da sage ich Ihnen ganz offen, ich bin mit der Regierung unzufrieden, aber ich wüsste auch nicht, wen ich sonst wählen soll. Und das macht es halt einfach schwer, weil man das Gefühl hat, alle Angebote sind gerade nicht adäquat. Und als Oberbürgermeister stelle ich fest, dass vor allem in den Bereichen, die für das Wohlergehen unseres Landes extrem wichtig sind, da meine ich den Mittelstand, bürgerliche Schichten, die zum Bruttosozialprodukt viel beitragen, die Unternehmen in meiner Stadt, dass da eine Negativstimmung aufgekommen ist, die ich so, die letzten 16 Jahre, so lange bin ich im Amt, nicht erlebt habe. Die Bewertung des Standortes Deutschland und dessen Perspektive war noch nie so düster, so erlebe ich das, wie heute“, so Palmer bei Markus Lanz.
Markus Lanz spricht mit Boris Palmer
Harte Worte. Woher das komme, wollte Lanz wissen. Da komme viel zusammen, erläutert der 51-Jährige. „Wir haben früher als Land ein Wirtschaftsmodell gefahren, das lautete: Die Russen liefern billiges Gas und die Amerikaner bezahlen die Sicherheit. Das Geschäftsmodell ist vorbei. Das ist ziemlich offensichtlich“, so Palmer.
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„Und die Chinesen kaufen unsere Maschinen“, ergänzte Lanz daraufhin. Das komme noch zu, stimmte Palmer zu. Das jedoch funktioniere alles nicht mehr. Dazu komme dann auch noch, dass in Deutschland durch „unfassbare Bürokratie“ alles noch schlimmer gemacht würde.
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„Es ist alles zäh und langsam. Die Digitalisierung ist für die öffentliche Verwaltung immer noch ein Fremdwort. Da könnte ich ganze Abende drüber erzählen. Wir setzen nicht auf Innovationen im ausreichenden Maße. Das ganze Risikokapital geht in andere Länder, es kommt nicht zu uns. Wir de-investieren gewissermaßen. Wir kriegen die Versorgungsfrage – aus Sicht der Unternehmen jedenfalls – nicht in den Griff. Ein geradezu toxischer Cocktail. Dazu noch Fachkräftemangel“, zählt Palmer auf. Wachstum in Deutschland, so der Tübinger Oberbürgermeister, sei für viele Unternehmen vorbei. Eine düstere Prognose bei Markus Lanz am Donnerstagabend.