Für die Ampel-Regierung war das Jahr 2023 – so ehrlich müssen wir sein – ein mehr als durchwachsenes. Die Umfragewerte sind schon seit einiger Zeit im Keller, immer wieder kam es in der Koalition zu Zoff – teilweise sogar monatelang. Das Ganze zog sich wie Folgen einer Seifenoper durch das gesamte Jahr: Heizungsgesetz, Kindergrundsicherung – und dann noch ein vernichtendes Urteil aus Karlsruhe. Nach außen wirkte das auf viele wie ein reines Chaos. Und er war oft mittendrin: Finanzminister Christian Lindner (FDP).
In einem Interview zum Jahresende resümiert er jetzt über das turbulente Jahr 2023 – und zeigt sich auch mit Blick auf seine Partei selbstkritisch. Aber nicht jede Kritik lässt sich Christian Lindner gefallen. Vor allem eine nicht.
Christian Lindner: „Haben nicht alles richtig gemacht“
„Wir haben sicher nicht alles richtig gemacht“, sagt Lindner in einem Interview mit NTV am Dienstag (26. Dezember). „Unterm Strich aber haben wir mehr richtig als falsch gemacht.“ Einen konkreten Fehler kann der Finanzminister dennoch ausmachen – und zwar eine Entscheidung der Ampel zum Jahreswechsel 2021 / 2022. Mit dieser, so sagt er im Interview weiter, habe man in diesem Jahr viel zu tun gehabt.
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Gemeint ist damit der „Kniff“ der Bundesregierung, 60 Milliarden Euro, die eigentlich zur Bewältigung der Corona-Pandemie vorgesehen waren, für Klimaschutzprojekte zu verwenden. Die Richter aus Karlsruhe entschieden später: Diese Gelder hätte die Ampel niemals auf diese Art und Weise verwenden dürfen. Und plötzlich war da ein Haushaltsloch von, naja, 60 Milliarden Euro.
Christian Lindner: „Würde die These nicht unterschreiben“
Mit dem Wissen von heute hätte man das Geld nicht auf diese Weise umgebucht, gesteht Lindner. „Das Urteil aus Karlsruhe hat aber eine Rechtsklarheit geschaffen, die ich nun genutzt habe, um reinen Tisch zu machen“, so der Finanzminister.
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Es war nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass in der Regierungsarbeit der Ampel Sand im Getriebe war. Oft – so wirkte es zumindest auf die Öffentlichkeit – zerfleischte sich die Koalition auch in endlosen Diskussionen selbst. Wer aber ist daran schuld? Rot, grün oder doch vielleicht gelb?
„Ich würde die These nicht unterschreiben, es sei überwiegend die FDP, die Diskussionen vom Zaun bräche“, erklärt der FDP-Chef weiter gegenüber „NTV“. „Der Eindruck mag bei manchen so aufkommen, weil zumindest einer unserer beiden linken Koalitionspartner mit der FDP diskutiert.“ Schuld sind also wieder mal die anderen. Konkrete Namen nannte Lindner aber auch. Einmal Cem Özdemir (Grüne), der sich nach den Bauernprotesten in die Diskussion um den Agrardiesel einmischte. Dann SPD-Fraktionschef Ralf Mützenich, „der gerade wieder die Aussetzung der Schuldenbremse für das kommende Jahr gefordert hat“.
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Der Sündenbock bleibt in der Ampel-Koalition also ein Wanderpokal. Ob das der Öffentlichkeitswirkung der Bundesregierung so dienlich ist, bleibt eher fraglich. Denn so viel scheint klar: Ohne eine klare Linie wird es die Ampel wohl kaum aus ihrem Umfragenkeller herausschaffen.