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Grüne Jugend macht der Spitze Druck – „Niemand tritt den tödlichen Weg übers Mittelmeer freiwillig an“

Seit kurzem sind Svenja Appuhn und Katharina Stolla die neuen Bundessprecherinnen der Grünen Jugend. Beim Parteitag machen sie schon jetzt ordentlich Druck.

© Elias Keilhauer

Bund und Länder verschärfen Asylpolitik

Bund und Länder haben sich auf ein neues System zur Finanzierung und Steuerung der Asylpolitik geeinigt. Demnach zahlt der Bund den Ländern künftig 7500 Euro pro Jahr und Flüchtling. Außerdem sollen die Leistungen für Asylsuchende gekürzt werden.

Es ist Tag drei des insgesamt viertägigen Bundesparteitags der Grünen in Karlsruhe (die Entwicklungen im News-Blog). Neben Annalena Baerbock, Robert Habeck und Co. ist auch die Grüne Jugend in der Gründungsstadt der Partei vertreten.

Im Gespräch mit dieser Redaktion verrät Svenja Appuhn, eine der Bundessprecherinnen der Jugendorganisation, dass sie beim Parteitag ein Gefühl der Anspannung verspürt. „Weil die politische Situation einfach verzwickt ist. Wir befinden uns nicht nur in einer Teuerungskrise, auch in der Migrationspolitik erleben wir momentan die drastischsten Asylrechtsverschärfungen seit 30 Jahren und jetzt fehlen auch noch 60 Milliarden im Bundeshaushalt, mit denen der Klimaschutz finanziert werden sollte“, macht die 26-Jährige klar (mehr dazu hier). Die Grüne Jugend kommt nicht nur zum Spaß zum Parteitag, sondern aus einem bestimmten Grund.

Grüne-Jugend sieht sich selbst nicht nur als Stachel

Grünen-Politiker Anton Hofreiter bezeichnete die Jugendorganisation in einem Deutschlandfunk-Interview als „Stachel im Fleisch der Spitze“. „Früher war ja mal der Igel unser Wappentier. Aber diese Zeiten sind vorbei“, so Appuhn. Die Grüne Jugend habe nicht die Absicht, nur der Stachel bei der Mutter-Partei zu sein.

+++ Grünen-Urgestein Hubert Kleinert über kontroverse Themen beim Parteitag +++

„Den Konflikt mit der Partei suchen wir da, wo es nötig ist“, betont die 26-Jährige, die seit Oktober Bundessprecherin der Grünen Jugend ist. „Wenn wir Dinge in der Regierung als untragbar oder menschenverachtend empfinden, dann werden wir das auch stark kritisieren.“ Doch neben der Rolle des Mahners macht die Jugendorganisation weitaus mehr. Die Grüne Jugend organisiert sich gemeinsam mit Fridays for Future und Gewerkschaften. „Wir sehen unsere Rolle vor allem auch darin, Druck von der Straße zu machen“, betont die Bundessprecherin.

Jugendorganisation stellt sich gegen Migrationspolitik der Ampel

Eine Sache, die die Grüne Jugend ganz klar kritisiert ist die aktuelle Migrationspolitik. „Unmenschliche Asylrechtsverschärfungen werden gerade nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf EU-Ebene verhandelt“, erklärt Appuhn. So sollen Geflüchtete in haftähnlichen Unterkünften untergebracht werden, während Asylanträge bearbeitet werden. Ein weiterer Vorschlag ist es, Pullfaktoren zu kürzen.

„Die Zeichen stehen auf Abschottung“, mahnt die Grüne-Jugend-Chefin klar an. „Menschen fliehen, weil in ihren Heimatländern Krieg herrscht, weil sie verfolgt werden, und weil die Klimakrise ihnen die Lebensgrundlage entzieht. Menschen fliehen, weil ihr Leben in Gefahr ist“, so die Medizin-Studentin weiter. In Hinblick auf die Debatte um Pullfaktoren betont sie: „Niemand steigt in ein Schlauchboot und tritt den tödlichen Weg übers Mittelmeer freiwillig an. Denn dieses Schlauchboot ist nicht sicherer als das, was ihnen in ihrer Heimat droht.“


„Menschen fliehen, weil ihr Leben in Gefahr ist.“

– Svenja Appuhn, Bundessprecherin Grüne Jugend

Svenja Appuhn ist gemeinsam mit Katharina Stolla seit Oktober 2023 Bundessprecherin der Grünen Jugend.
Svenja Appuhn ist gemeinsam mit Katharina Stolla seit Oktober 2023 Bundessprecherin der Grünen Jugend. Foto: Elias Keilhauer

Appuhn weiter: „Die Antwort auf die berechtigten Sorgen der Menschen in Deutschland – Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit, Abstiegsangst – ist nicht, das Recht auf Asyl immer weiter auszuhöhlen.“ Die Lösung sei soziale Politik. Die Grüne Jugend fordert deshalb: „Rauf mit dem Mindestlohn, her mit dem Klimageld und unsere Kommunen müssen endlich auskömmlich finanziert werden.“

Die Grüne Jugend stellte folglich einen Änderungsantrag. „Wir fordern zum einen, dass es keine weitere Zustimmung zu Asylrechtsverschärfungen gibt, zum anderen wollen wir der Verunsicherung etwas entgegensetzen. Denn um Mehrheiten für eine menschliche Migrationspolitik zu schaffen, braucht man soziale Politik.“

Grüne-Jugend kontert Hofreiters Aussage

Sollte der Antrag beim Parteitag durchkommen, werde das zum Problem, betonte Hofreiter. „Das ist eine absurde Formulierung. Eine menschliche Asylpolitik ist niemals das Problem“, kontert die Grüne-Jugend-Chefin. Ein Problem habe die Koalition, wenn sie es nicht schaffe, das 60-Milliarden-Haushaltsloch zu stopfen. Und: „Die Ampel hat ein Problem, wenn sie den Menschen nicht ihre Ängste und wenn sie der aufgeheizten Stimmung nicht den Wind aus den Segeln nehmen kann.“ Wenn sie das nicht schaffe, „werden es die Rechten leicht haben, sie weiter zu treiben“.


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Für ein gerechtes und humanitäres Asylrecht nennt die 26-Jährige mehrere Punkte: Legale Fluchtwege, Möglichkeiten einer besseren Integration auch in der Schule, der Wegfall der Arbeitsverbote. Und: „Man muss Geflüchtete aus der strukturellen Armut holen, in der viele auch noch nach ihrer Ankunft leben – gerade auch dann, wenn sie arbeiten. Denn Menschen mit Migrationsgeschichte arbeiten immer noch oft in prekären und schlecht bezahlten Jobs“, mahnt die Grünen-Politikerin.