Bayerns Regierungschef Markus Söder droht am Sonntag ein historisches schlechtes Ergebnis: Wenige Tage vor der Landtagswahl in Bayern sieht eine Umfrage die CSU weiter auf einem für die Partei schwachen Wert. In der am Dienstag veröffentlichten Erhebung des Instituts Insa für die „Bild“-Zeitung kommen die Christsozialen von Ministerpräsident Markus Söder auf 36 Prozent bei den 1000 befragten Wahlberechtigten. Vor fünf Jahren fuhr die CSU mit 37,2 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis seit fast 70 Jahren ein.
Auf die CSU folgen in der Umfrage die Freien Wähler und die Grünen mit jeweils 15 Prozent. Die AfD käme nun auf 14 Prozent, gefolgt von der SPD mit neun Prozent. Der FDP droht mit vier Prozent sogar ein Ausscheiden aus dem Landtag.
Für Söder geht es um alles oder nichts
Für den bayerischen Regierungschef wird die Landtagswahl damit zur Weichenstellung: Holt die CSU wie zuletzt prognostiziert ein historisch schlechtes Ergebnis, dürfte sich die Partei allmählich auf die Suche nach möglichen Nachfolgern machen. Kommt die Partei hingegen mit einem starken Ergebnis um die 40 Prozent weg, ist der CSU-Chef im Rennen um die Kanzlerkandidatur 2025. Für Söder geht es am Sonntag also um alles oder nichts.
Söder klapperte 110 Bierzelte ab
Wer Söder in den Wochen vor dem Wahltag auf seinen vielen Terminen sieht, muss der Konstitution des 56-Jährigen Respekt zollen. Fit und kaum zu ermüden sieht der bayerische Ministerpräsident aus, obwohl er zwischen zahlreichen offiziellen Regierungsterminen und Parteiveranstaltungen auch noch ein Volksfest nach dem anderen bereist.
110 Bierzelte will Söder bis zur Wahl abgeklappert haben. Er kämpft wie noch nie. In seinem ersten Wahlkampf 2018 wirkte der Nachfolger von Horst Seehofer noch wenig souverän. Er versuchte damals mit nach dem Gießkannenprinzip verteilten Geschenken die Wähler zu überzeugen. Das scheiterte, die erzielten 37,2 Prozent waren das schwächste Ergebnis der CSU bei einer Landtagswahl seit fast 70 Jahren.
CSU | Freie Wähler | Grüne | AfD | SPD | FDP | Linke |
36,3 % | 15,7 % | 15,1 % | 13,9 % | 8,9 % | 3,8 % | 1,3 % |
„Kanzlerkandidat der Herzen“
In der nach der Wahl bald folgenden Coronapandemie gewann Söder zwar bundesweit den Ruf eines Machers und galt 2021 auch als „Kanzlerkandidat der Herzen“. Doch weil die CDU Armin Laschet den Vorzug gab, blieb Söders Traum von der Nachfolge Angela Merkels als erster CSU-Bundeskanzler unerfüllt.
Viele fragten sich damals, wie Söder die Pleite gegen Laschet verkraften würde. Während er in den Monaten nach dem verlorenen Kanzlerkandidatenduell als schlechter Verlierer immer wieder gegen Laschet stichelte, arbeitete er in Bayern an seinem öffentlichen Bild. Galt er lange zwar als Macher, aber auch als Karrierist, gab der promovierte Jurist und ausgebildete Fernsehredakteur nun den nahbaren Landesvater.
Vorgetäuschter Bierliebhaber
Bildhaft wurde dies mit unzähligen Bierkrügen, die er Menschenmengen entgegen stemmte. Dabei verabscheut Söder Bier. Er trinkt keinen Alkohol, sein bevorzugtes Getränk ist Cola light.
Die vorgetäuschte Bierliebe erklärt vielleicht auch, weshalb Söders persönliche Beliebtheitswerte ein Kuriosum sind. So sagten im Mai in einer Umfrage für den Bayerischen Rundfunk 78 Prozent, dass Söder führungsstark sei. Aber nur eine Minderheit von 43 Prozent hält ihn für glaubwürdig. Kurzum: Ihr Land überlassen die Bayern Söder gern, einen Gebrauchtwagen würden sie aber nicht von ihm kaufen.
Schnell könnte sich der Wind in der CSU drehen
Dennoch ist der CSU-Chef unangefochten die Nummer eins in seiner Partei. Die Wiederwahl mit 96,6 Prozent als CSU-Vorsitzender lieferte am vergangenen Samstag ein besseres Ergebnis als erwartet. Söder kann sich gestärkt fühlen – aber der 1994 erstmals in den Landtag eingezogene Nürnberger weiß auch, wie schnell sich in der CSU der Wind dreht.
Der Franz-Josef-Strauß-Fan Söder erlebte als CSU-Generalsekretär hautnah mit, wie sein politischer Ziehvater Edmund Stoiber 2007 trotz einer bei der vorherigen Landtagswahl gewonnenen Zweidrittelmehrheit abserviert wurde. Und der verheiratete Vater von vier Kindern sägte selbst als Landesfinanzminister immer wieder an den Stühlen von Seehofer als Ministerpräsident und CSU-Chef, bis er 2018 und 2019 beide Ämter übernehmen konnte.
Söder könnte erneut ins Spiel für Kanzlerkandidatur kommen
Dass vor seiner anstehenden zweiten Amtszeit als Ministerpräsident allenfalls Parteikollegin und Landtagspräsidentin Ilse Aigner als mögliche Nachfolgerin genannt wird, hängt vor allem am strategischen Geschick Söders: Er platzierte auf den Schlüsselpositionen von Partei und Regierung Vertraute, die ihm bislang keinen Ärger machen.
Das könnte sich bei einem schwachen Wahlergebnis ändern. Bei einem guten Ergebnis allerdings dürfte Söder bei der Suche nach dem nächsten Kanzlerkandidaten der Union erneut im Spiel sein. Dass Söder bei seinem geäußerten Nein zu einer neuen Bewerbung bleibt, glaubt in der CSU kaum jemand.