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Rente: Ist die „Zwangsrente“ unzulässig? Dieses Urteil war wegweisend

Das Jobcenter konnte lange Zeit Leistungsbezieher vorzeitig in den Ruhestand schicken. Mit Einführung des Bürgergeld soll damit nun vorerst Schluss sein.

Das Jobcenter konnte lange Zeit Leistungsbezieher vorzeitig in den Ruhestand schicken. Damit soll nun vorerst Schluss sein.
© IMAGO / Zoonar

Renteneintrittsalter: Wann man in Rente gehen kann

Das Renteneintrittsalter regelt, wann man aufhören kann zu arbeiten. Welche Geburtsjahrgänge wirklich ohne Abzüge in die Rente gehen können, erklärt das Video.

Ein vorzeitiger Ruhestand klingt verlockend. Doch wer nicht die Regelaltersgrenze erreicht hat, muss mit Abzügen rechnen. Auch minimiert sich die Rentenzahlung gerade für diejenigen, die zwangsweise in Rente geschickt werden.

Das Jobcenter konnte dies lange Zeit unter dem Subsidiaritätsprinzip machen, so müssen andere Sozial- und/oder Versicherungsleistungen in Anspruch genommen werden, um die Hilfebedürftigkeit zu beenden. Seit der Umstellung auf das Bürgergeld soll damit aber vorerst Schluss sein.

Rente: Jobcenter schickt Leistungsbezieher früher in den Ruhestand

Das Jobcenter konnte lange Zeit Langzeitarbeitslose, die Arbeitslosengeld II (Hartz 4) bezogen haben und älter als 63 waren, unter bestimmten Voraussetzungen früher in den Ruhestand schicken. Nicht beachtet wurde dabei, ob der Bezieher dies überhaupt möchte und ob für diesen mögliche finanzielle Einbußen folgen. Bei diesem Vorgehen spricht man auch von „Zwangsrente“. Den Betroffenen wird hier allerdings 0,3 Prozent pro Monat ab der Regelaltersgrenze abgezogen.

Laut dem Sozialverband Deutschland gibt es dafür aber auch bestimmte Ausnahmen, bei denen die Zwangsrente nicht greift:

  1. Du bekommst zusätzlich zum ALG II auch Arbeitslosengeld I. Du zählst also als „Aufstocker“.
  2. Innerhalb der nächsten drei Monate könntest du auch ohne Abschlag in Rente gehen. Entweder mit Schwerbehinderung oder nach 45 Versicherungsjahren.
  3. Die vorgezogene Rente mit Abschlägen wäre so niedrig, dass du diese beim Sozialamt aufstocken müsstest.

Wer Arbeitslosgeld I vom Arbeitsamt bezogen hat, durfte nicht vorzeitig in den Ruhestand geschickt werden – das durfte lediglich das Jobcenter.

Bis 2027 soll die Zwangsrente vorerst ausgesetzt werden

Auch ein Urteil war in der Frage, ob das Vorgehen des Jobcenters zulässig ist, wegweisend. Ein Dresdner Sozialgericht entschied sich damals gegen die Beantragung einer Zwangsrente einer 64-jährigen Frau. Die Gewerkschaft „Ver.di“ bezeichnete dies als „wichtigen Schritt im Kampf gegen Altersarmut“. Die Zahl der Leistungsbezieher, die von der Zwangsrente betroffen waren, schätzt die Gewerkschaft auf 65.000.

Durch die Einführung des neuen Bürgergelds zum Jahreswechsel soll damit nun aber für alle Leistungsbezieher vorerst Schluss sein. Das besagt konkret §12a des Zweiten Sozialgesetzbuches: „Für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 findet Satz 2 Nummer 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass Leistungsberechtigte nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen.“


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Wie der Sozialverband Deutschland des Landesverbands Schleswig-Holstein mitteilte, steht im Gesetzentwurf zum neuen Bürgergeld, dass es eine Art Pause, ein Moratorium gebe, in der es keine Zwangsverrentungen geben dürfe. Ob die Zwangsrente ab 2027 wieder greifen kann, bleibt ungewiss.