Die aktuellen Preissteigerungen bei den Lebensmitteln bereiten Millionen Menschen Probleme, bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein. Im September 2022 lag die Inflation bei Nahrungsmitteln bei 18,7 Prozent im Vergleich zum September im Vorjahr. Damit zu kämpfen haben aktuell vor allem auch die Empfänger von Sozialleistungen.
Nun sorgt eine Antwort aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft von Cem Özdemir (Grüne) für Aufsehen. Den Empfängern von Hartz 4 und ab Januar 2023 Bürgergeld wird darin vorgeworfen, nicht bewusst und klug genug einzukaufen!
Hartz 4 und Bürgergeld: Abfuhr von Bundesregierung an
Dabei hatte Özdemirs Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) in einem Gutachten festgestellt, dass der Regelsatz von Hartz 4 gar nicht ausreichend hoch ist, um sich gesund zu ernähren. Das Problem ist, dass viele Leistungsempfänger auf preisgünstige Lebensmittel wie Tiefkühlpizzen zurückgreifen, die zwar energiedicht, aber nährstoffarm sind. Eine ausgewogene Ernährung mit allen nötigen Vitaminen und Mineralien funktioniert so nicht.
Doch auf Anfrage der Linkspartei, ob die Bundesregierung darum den Regelsatz von Hartz 4 bzw. des künftigen Bürgergeldes nach oben anpassen wolle, gab es eine Abfuhr. In der Antwort an die Fraktion der Partei Die Linke heißt es aus Özdemirs Ministerium: Bei einem „informiertem, preisbewusstem Einkauf“ sei sehr wohl mit den vorgesehen 502 Euro Bürgergeld pro Monat „eine gesunderhaltende Ernährung“ möglich.
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Özdemirs Ministerium: Regelsatz reicht aus, wenn „gewirtschaftet wird“
Und weiter: „Eine gesunde Ernährung ist nicht allein von der Höhe des monatlich zur Verfügung stehenden Budgets abhängig, sondern auch davon, wie damit gewirtschaftet wird. Hierfür ist die Ernährungskompetenz entscheidend.“
Alleinstehende | Partner/in | Kind bis 17 | Kind bis 13 | Kind bis 5 |
502 € | 451 € | 420 € | 348 € | 318 € |
Dann verweist das Ministerium auch noch auf das Angebot der ehrenamtlichen Tafeln. Diese würden schließlich „eine zusätzliche und damit ergänzende Möglichkeit der Beschaffung von vergünstigten oder kostenlosen Lebensmitteln“ darstellen. Dabei versteht sich Deutschland eigentlich als starker Sozialstaat, der nicht angewiesen sein sollte auf freiwillige Helferinnen und Helfern. Zumal die Tafeln aktuell kaum mehr hinterherkommen angesichts der enorm gestiegenen Nachfrage.
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Hartz 4: „Ohrfeige“ für Millionen Armutsbetroffene
Aus Sicht der Nichtregierungsorganisation Foodwatch e.V. sind die Aussagen aus der Bundesregierung „eine Ohrfeige“ für die Millionen Armutsbetroffenen in Deutschland. „Wer gesund essen wolle, müsse eben Ernährungsratgeber lesen und an anderer Stelle den Gürtel noch enger schnallen: Diese Empfehlung aus dem Ernährungsministerium ist nicht nur realitätsfern, sondern ignoriert die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Mangelernährung und deren katastrophalen Folgen insbesondere bei Kindern“, kritisiert Luise Molling von Foodwatch.