Die jüngste Entwicklung der US-Wirtschaft kommt US-Präsident Barack Obama mit Blick auf den Kampf ums Weiße Haus zugute. Die Zuversicht der Verbraucher steigt, die Immobilienpreise ziehen an. Vor der Präsidentenwahl führt Amtsinhaber Obama in Umfragen vor seinem republikanischen Kontrahenten Mitt Romney.
Washington.
Die US-Präsidentenwahl werde durch Wirtschaftsfragen entschieden, streut das Lager des republikanischen Herausforderers Mitt Romney und baut darauf, dass ihrem Kandidaten in dem Bereich höhere Kompetenz zugerechnet wird. Tatsächlich hat Präsident Barack Obama im vergangenen Jahr mehr schlechte als gute Wirtschaftsnachrichten registrieren müssen: eine für die USA hohe Arbeitslosenquote von über acht Prozent, die Eurokrise, schwankende Benzinpreise und Zwangsvollstreckungen, die Immobilienpreise sinken ließen.
Einen Monat vor der Wahl am 6. November gibt es jedoch Anzeichen für einen Aufschwung: Die Zuversicht der Verbraucher hat den höchsten Stand seit Februar erreicht, die Immobilienpreise zogen im Juli wieder an und auch die Aktienkurse zeigen nach oben – wichtig für die Rentenpläne vieler Amerikaner.
Für Obama könnte der wachsende Optimismus der Verbraucher Rückenwind bedeuten. Der Index zur Verbraucherzuversicht sprang von 61,3 im August auf 70,3 im September – bleibt aber deutlich unter der Marke von 90, die für eine gesunde Wirtschaftslage steht. Umfragen zufolge glaubt die Mehrheit der Amerikaner, dass ihr Land wirtschaftlich in die falsche Richtung steuert – doch die Zahl derer, die sich auf dem richtigen Weg wähnen, steigt. Der neue Optimismus spiegelt sich auch in Wählerbefragungen in unentschiedenen US-Staaten wieder, wo sich Obama wie in Ohio einen Vorsprung erarbeiten konnte.
Wichtige Kennzahlen signalisieren wirtschaftliche Erholung
Falls Obamas Vorsprung bis zum Wahltag bestehen bleibt, wird man sich an den September als den Monat erinnern, wo Politik und Wirtschaft wieder zusammenfanden. Sicherlich bleibt die Lage angesichts der langsamen Erholung anfällig und die anstehenden drei TV-Debatten haben das Potenzial, das Präsidentenduell noch einmal aufzumischen.
„Die Wirtschaft wird eher relativ wahrgenommen als in absoluten Zahlen“, sagt Kenn Warren, Demoskop und Politikwissenschaftler von der Universität St. Louis. Romneys Berater glauben dennoch, dass ihr Argument, die USA könne sich vier weitere Jahre Obama einfach nicht leisten, weiterhin unentschiedene Wähler überzeugen kann. Studien zum Verhältnis von Verbraucherzuversicht und Politik haben gezeigt: Schwindende Zuversicht schadet den Noten für den Präsidenten mehr als steigende Zuversicht hilft.
Positive Wirtschaftsdaten seien für Amtsinhaber stets gut, sagt Warren, „die Menschen sind dann weniger verärgert“. Der Index für Immobilienpreise von Standard & Poor ?s/Case-Shiller zeigte im Juli ein Plus von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was für höheres Eigenkapital der Bürger spricht und in gewissem Sinn auch für ein Gefühl von Wohlstand.
Experte: Bürger haben feines Gefühl für Trends
„Die Menschen kriegen so etwas sehr schnell mit“, sagt Rob Shapiro, ein Ökonom und früherer Berater von Präsident Bill Clinton. „Sie denken dann: ‚Okay, wir sind auf dem besseren Weg, selbst wenn es viel langsamer läuft als gedacht oder gehofft.'“ Obama muss sich aber auch weiter mit negativen Trends beschäftigen. Angesichts einer Arbeitslosenquote von 8,1 Prozent erinnern Kommentatoren immer daran, dass seit der Großen Depression in den 30er-Jahren kein US-Präsident wiedergewählt wurde, der eine Arbeitslosenquote von über acht Prozent hinnehmen musste. Und in einer Umfrage von Associated Press-GfK im September sagten 52 Prozent derer, die wohl wählen werden, das Land bewege sich in die falsche Richtung.
„Eine Entwicklung von absolut schrecklich zu sehr, sehr schlecht ist nicht gerade das, was als positiv in die Bilanz des Präsidenten einfließt“, sagt Whit Ayres, einer der republikanischen Meinungsforscher. „Wir sind weit weg von Hinweisen, die darauf deuten, dass die amerikanischen Bürger Vertrauen in die Richtung der Wirtschaftspolitik haben.“
Demokrat Shapiro sieht das anders und verweist auf die Wahlprognosen, in denen Obama seinen Vorsprung langsam ausbaut, sogar in umkämpften Staaten wie Ohio und Florida. „Wir haben einen Präsidenten, der trotz der Wirtschaftszahlen auf sehr überzeugende Art und Weise führt“, sagt Shapiro. (dapd)