An Rhein und Ruhr.
Die gute Konsumlaune der Verbraucher beflügelt auch den Lebensmittelhandel. Qualität, biologische und regionale Herkunft stehen hoch im Kurs. Von dem Trend profitieren vor allem gut sortierte Supermärkte, die Discounter müssen Marktanteile abgeben und die Wochenmärkte müssen mehr denn je um Kunden kämpfen.
Samstag, 11 Uhr, Markt in Essen-Frohnhausen. Die Massen schieben sich zwischen den Ständen. Hier gibt es noch den traditionellen Kartoffelhändler, Obst und Gemüse in rauen Mengen, Blumen und Pflanzen. Aber auch auf diesem so traditionsreichen Markt in Frohnhausen sind immer mehr Anbieter von Textilien, Schuhen und Haushaltswaren zu finden. Und weil man sich kennt, bilden sich überall kleine Gruppen von Menschen, die miteinander plaudern.
„Die Händler finden keinen Nachwuchs“
Wolfgang Fröhlich ist Herr über 27 Wochenmärkte in Essen. Selbst für diese Großstadt mit rund 600 000 Einwohnern eine beachtliche Zahl. „Märkte verzeichnen ein rückläufiges Geschäft“, sagt der Geschäftsführer der Essener Verwertungs- und Betriebs GmbH, die Märkte und den städtischen Fuhrpark koordiniert. „Im gesamten Ruhrgebiet gibt es das Problem, dass Händler keinen Nachwuchs finden“, meint Fröhlich.
Markthändler zu sein ist ein Knochenjob: Wer frische Waren anbietet, fährt in der Regel früh morgens um vier Uhr zum Großmarkt. Ab 6 Uhr beginnt der Aufbau der Stände, um 13 Uhr der Abbau. Und das bei Hitze, Kälte und Regen. Bis alles im heimischen Kühlhaus verstaut ist, zeigt die Uhr schon späten Nachmittag an. „Mit Marktständen verdient sich niemand eine goldene Nase“, bringt es Geschäftsführer Fröhlich auf den Punkt.
Fehlende Parkplätze sowie Supermärkte und Discounter, die allesamt ihre Frischeabteilungen ausbauen, machen den fliegenden Händlern das Leben zudem nicht einfacher. Zumal stationäre Läden mit Öffnungszeiten zum Teil bis 22 Uhr oder Mitternacht locken und unter dem Strich nicht so viel Ware wegwerfen müssen wie der Markthändler. „Trotzdem arbeiten wir an der Weiterentwicklung unserer Märkte“, unterstreicht Fröhlich voller Optimismus. „Wochenmärkte sind ein Stück Kulturgut, die zum Verweilen einladen und ein Kauferlebnis bieten sollen.“
Und so gibt es inzwischen Abendmärkte, auf denen Kunden auch nach Feierabend einkaufen können, Nachmittagsmärkte und überall Stände zur Sofortverköstigung. „Die Händler müssen sich neu erfinden“, gibt Fröhlich die Parole aus. Beharrungsvermögen jedenfalls kann man ihnen nicht absprechen. In Essen-Frintrop bestreitet den Wochenmarkt derzeit nur ein Händler.
Viele Zahlen über den Wirtschaftsfaktor Wochenmärkte gibt es nicht. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg hat ermittelt, dass Wochenmärkte im vergangenen Jahr eine Reichweite von 25,1 Prozent hatten. Ein Käufer ging im Schnitt 12,7-mal auf den Markt – statistisch gesehen also einmal pro Monat.
Der stationäre Handel kommt der Untersuchung zufolge auf weitaus höhere Zahlen: Die Discounter kamen auf eine Reichweite von nahezu 100 Prozent (97,6 %), gefolgt von den Supermärkten mit ihren Vollsortimenten (94,8 %) und den SB-Warenhäusern wie Real oder Kaufland (75 %). Am häufigtsten gehen die Kunden im Schnitt zum Discounter: 78-mal pro Jahr, also mehr als einmal wöchentlich. Supermärkte werden 52,5-mal aufgesucht und SB-Warenhäuser 25,7-mal. Eine Sonderrolle spielen Drogeriemärkte: Sie erreichen zwar 84 Prozent aller Käufer, die gehen aber nur 18,5-mal pro Jahr dort einkaufen.
Rückläufige Mengenentwicklung
Insgesamt beobachtet die GfK seit Jahren eine rückläufige Mengenentwicklung im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel. „Umsatzzuwächse gingen zuletzt fast ausschließlich auf Preissteigerungen zurück“, so die Experten. „Unter dem Strich blieb da oft nicht viel übrig“, heißt es bei der GfK. Der Grund: Die Preise für Rohstoffe und Logistik waren gestiegen.