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Wie ein Stadtteil ein Kaufhaus rettet

Wie ein Stadtteil ein Kaufhaus rettet

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Foto: WAZ FotoPool
Erst ging Karstadt raus, dann Hertie. Doch am Samstag eröffnet das Warenhaus in Gelsenkirchen Buer neu. Mehrere örtliche Investoren haben es renoviert und als „Linden-Karree“ an Händler und Gastronomen vermietet.

Gelsenkirchen. 

Kaufland statt Karstadt: Die Zukunft kleiner und mittlerer Warenhaus-Standorte im Ruhrgebiet liegt vielfach in den Händen der NeckarsulmerSchwarz-Gruppe (Lidl), die nach dem Ende des Karstadt kompakt-Intermezzos und der nachfolgenden Hertie-Pleite auf ihrem Expansionskurs SB-Warenhäuser in ehemaligen Karstadt-Häusern zum Beispiel in Dortmund-Aplerbeck, Essen-Altenessen, Borbeck oder Hattingen errichtet hat. Oder die Zukunft sieht ungewiss und leer aus – wie in Gladbeck und in Herne.

Gelsenkirchen-Buer dagegen setzt ganz auf lokales Eigenengagement. Dort hat sich eine kleine Gruppe von Immobilieneigentümern zusammengeschlossen, um das alte Karstadt-Haus aus der Insolvenzmasse des gescheiterten britischen Finanzinvestors Dawnay Day herauszulösen. Nach behutsamer Renovierung der Fassade wird es am heutigen Samstag als „Linden-Karree“ wiedereröffnet.

Nach Jahren des Leerstands und saisonaler Zwischennutzung zieht nun wieder dauerhaft Leben in die Kaufhaus-Immobilie ein. Zunächst ins Erdgeschoss, dessen Fläche für Damenmode, Drogeriemarktartikel, Wohnaccessoires, Spielwaren und Gastronomie reserviert ist. Bis zum Sommer 2015 werden ein Fitnessstudio sowie die Stadtbibliothek, die VHS und eine Erziehungsberatungsstelle die erste und zweite Etage belegen. Weitere zwei Stockwerke sind für ein Seniorenwohn- und Pflegezentrum vorgesehen.

Das Linden-Karree markiert einen wichtigen Punkt in der Entwicklung der Innenstadt, wie sie im Jahr 2000 im „Leitplan Buer“ festgeschrieben wurde. „Damals hat natürlich noch niemand an das Aus für Karstadt gedacht“, sagt Siegbert Panteleit, Sprecher der „Investorengemeinschaft Hochstraße 40 – 44“ und Fachmann für Stadtentwicklungskonzepte. Immobilieneigentümer, Einzelhändler, Stadtplanung und Politik hatten sich gemeinsam verständigt, wie Einzelhandel und Wohnen im Zentrum des Gelsenkirchener Nordens gesichert werden könnten. Als 2010 der neugestaltete Kirchplatz am nördlichen Ende der Fußgängerzone der Öffentlichkeit übergeben wurde, fiel der Blick der Festversammlung auf eine weitere Baustelle: das leere Karstadt-Haus. So reifte im Kreis der Buer-Management-Gesellschaft, einem Zusammenschluss von rund 30 privaten Immobilieneigentümern mit starkem Bezug zu ihrer buerschen Herkunft, die Idee von der Suche nach einem geeigneten Investor. Doch der fand sich nicht. Panteleit: „Bundesweit tätige Projektentwickler steigen erst ab 35 000 Quadratmetern ein.“ So wurde überlegt, ob das nur 10 000 Quadratmeter umfassende Projekt nicht selbst zu stemmen wäre. Eine Investition von knapp zehn Millionen Euro und souveräne Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter waren nötig, um ans Ziel zu gelangen.

Die Mischung aus Einzelhandel, Dienstleistungen und Wohnen, die gezielt abgestimmt ist auf die Bedürfnisse vor Ort, scheint mehr Zukunft zu haben als ein wiederbelebtes Warenhaus unter der Führung eines Eigentümers, der mit den Gegebenheiten eines lokalen Marktes nur selten vertraut ist. Panteleit: „Warenhäuser haben heute nur noch eine Überlebenschance in Städten mit mehr als 350 000 Einwohnern.“ Immerhin hat es Gelsenkirchen geschafft, dass keines der ehemaligen Waren- und Kaufhäuser in seinen beiden Stadtzentren mehr leer steht.