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Wer wagt sich ins Haifischbecken bei Metro und Haniel?

Neuer Metro-Chef muss viele Baustellen auflösen

Deutschland größter Handelskonzern steckt in einer Führungskrise. Der scheidende Chef Cordes hinterlässt viele Probleme.

Düsseldorf. 

Gesucht wird: ein Vorstandschef für Deutschlands größten Handelskonzern. Einstellungsvoraussetzung sind einschlägige Erfahrungen in der Branche und eine unternehmerische Vision für einen globalen Konzern, zu dem neben den Metro-Großmärkten auch die Warenhauskette Kaufhof, die Real-Supermärkte sowie die Marken Saturn und Media-Markt gehören. Gewünscht wird Fingerspitzengefühl für die Belange einer Belegschaft mit weltweit 280 000 Mitarbeitern. Einstellungstermin: kurzfristig möglich. Bewerbungen nimmt Aufsichtsratschef Jürgen Kluge – Postadresse: Franz-Haniel-Platz 1 in Duisburg – entgegen. So ähnlich könnte eine Stellenausschreibung für den Nachfolger von Metro-Chef Eckhard Cordes aussehen.

Nach einem heftigen Machtkampf hatte Cordes am Sonntag seinen Rückzug erklärt. Es fehle „eine vertrauensvolle Basis“ für einen Verbleib an der Konzernspitze, ließ er ausrichten. Schon vor Wochen machten sorgsam platzierte Gerüchte die Runde, der 60-Jährige verfüge nicht mehr über eine Mehrheit im zuständigen Metro-Aufsichtsrat. Und die Großaktionäre des Düsseldorfer Handelskonzerns, die Familien Haniel und Schmidt-Ruthenbeck, ließen sich auffällig viel Zeit damit, „EC“ – wie Eckhard Cordes genannt wird – den Rücken zu stärken.

Cordes hat bei Metro viel Rückendeckung verloren

Dem Vernehmen nach hat Cordes zuletzt auch bei namhaften Metro-Aufsichtsräten wie dem früheren Eon-Chef Wulf Bernotat Rückendeckung verloren.

Dabei schien Cordes das Ringen schon für sich entschieden zu haben. Gerade einmal drei Wochen ist es her, da gingen Metro-Aufsichtsratschef Kluge und Franz Markus Haniel, Clan-Oberhaupt der Ruhr-Dynastie Haniel, an die Öffentlichkeit. Ihre Botschaft: Cordes möge bleiben. Dass es nun anders kommt, beschädigt auch die Autorität von Franz Markus Haniel.

Nun muss Jürgen Kluge, der – gelinde gesagt – nicht gerade als Freund von Cordes gilt, möglichst rasch einen Nachfolger für den scheidenden Metro-Chef präsentieren. Dessen Vertrag läuft zwar noch bis Ende Oktober 2012, doch ein schnellerer Stabwechsel gilt als wahrscheinlich. Auch eine Übergangslösung mit Metro-Finanzchef Olaf Koch an der Spitze sei denkbar, heißt es.

Metro-Aktie brach kräftig ein

Die Führungskrise verunsicherte auch die Anleger. Der Aktienkurs brach am Montag zwischenzeitlich massiv ein.

Die Bilanz von Cordes fällt durchwachsen aus. Der ehemalige Daimler-Manager hatte ursprünglich geplant, den Handelskonzern im Stile eines Investmentbankers zu filetieren. Die Warenhauskette Kaufhof wollte er ebenso wie die Real-Supermärkte verkaufen. Doch die Hoffnungen der Aktionäre auf Milliarden-Einnahmen blieben unerfüllt.

Zwischenzeitlich strebte Cordes auch einen Zusammenschluss von Kaufhof mit dem Konkurrenten Karstadt an. Der Einstieg des Investors Nicolas Berggruen machte dem Metro-Chef aber einen Strich durch die Rechnung.

Auch Media-Markt und Saturn bereiteten Cordes Probleme. Die einstigen Erfolgsgaranten des Konzerns rutschten zwischenzeitlich in die Verlustzone. Außerdem tobt ein Machtkampf zwischen der Metro-Spitze und den Media-Saturn-Gründern Erich Kellerhals und Leopold Stiefel.

Auch auf der Arbeitnehmerseite hatte sich Cordes Feinde gemacht. Mit seinem auf mehrere Jahre angelegten Sparpaket „Shape“ (zu Deutsch: „Kondition“, „Form“) war der Abbau von 19 000 Jobs verbunden. Unter Mitarbeitern wurde das Programm als „Shave“ („Rasur“) verspottet.

Ein Vorwurf: Arroganz

Auf die Frage, ob er von Zeit zu Zeit in den Metro-Filialen nach dem Rechten sehe, antwortete Cordes einmal: „Mein Job ist es ja nicht, zu schauen, ob im Regal eine Dose Erbsen umgefallen ist.“ Seine Kritiker sahen darin einen Ausdruck von Arroganz. Der neue Chef müsse jedenfalls ein Manager sein, mit dem sich Mitarbeiter auch in schwierigen Zeiten identifizieren können, heißt es in Kreisen des Aufsichtsrats.

Wie schnell die Wunden, die im Machtkampf aufgerissen wurden, heilen werden, wird sich zeigen. Vor Wochen hatte Jürgen Kluge eingeräumt: „Die ganze Aufregung war wenig hilfreich, sie hat die Beteiligten beschädigt.“