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Was Sie jetzt zum Pferdefleisch-Skandal wissen müssen

Was Sie jetzt zum Pferdefleisch-Skandal wissen müssen

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Foto: dpa
Der Pferdefleisch-Skandal wird immer undurchsichtiger. Und viele Verbraucher sind verunsichert. Warum sollte man die Produkte mit Pferdefleisch nicht essen? Welche Gerichte sind verdächtig? Und wo kommt das Fleisch eigentlich her? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Lasagne, Chili con Carne, Gulasch: In Deutschland scheint derzeit kaum ein Fleischprodukt vor Pferdefleisch sicher zu sein – auch wenn es laut Etikett nur Rind oder Schwein enthalten dürfte. Medienberichten zufolge sind möglicherweise fast 150 Tonnen mit Pferdefleisch verunreinigte Produkte nach Deutschland geliefert worden. Gefährliche Tiermedikamente wurden bislang aber nicht in den Produkten gefunden. Trotzdem sollten Verbraucher verdächtige Produkte nicht essen.

Essen. 

Mühsam kommt Licht in das Netz aus Produzenten, Lieferanten und Händlern von Fertigprodukten, in denen möglicherweise nicht deklariertes Pferdefleisch verarbeitet wurde. „Der Betrugsfall nimmt immer größere Dimensionen an. Hier wurde offenbar mit großer krimineller Energie gehandelt“, sagte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Politiker fordern schärfere Kontrollen und Strafen im Kampf gegen die Tricksereien mit Fleisch.

Verbraucher können jetzt im Internet verfolgen, in welchen Fertigmahlzeiten bereits Pferdefleisch entdeckt wurde. Das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium stellte am Montag unter www.rueckrufe.nrw.de eine Liste mit Herstellern aus NRW ins Netz, die bereits Produkte mit Pferdefleischanteilen zurückgerufen haben.

Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Warum sollte man die Produkte mit Pferdefleisch nicht essen? 

Verbraucher, die verdächtige Produkte in der eigenen Gefriertruhe haben, sollten vorsorglich wegen möglicher Gesundheitsrisiken auf den Verzehr verzichten und sie ins Geschäft zurückbringen. Das rät Andrea Schauff von der Verbraucherzentrale Hessen. Kunden können dann damit rechnen, den Kaufpreis erstattet zu bekommen.

Wer auf den Verzehr verzichtet, geht Andrea Schauff zufolge sicher, dass er nicht unwissentlich Medikamente zu sich nehme. Genusstaugliches Pferdefleisch müsse frei davon sein. „Rückstände gehören da einfach nicht rein“, betonte sie.

Hintergrund der Empfehlung sind mögliche Rückstände von Doping- und Arzneimitteln wie Phenylbutazon im Fleisch. Noch seien zwar keine Gesundheitsgefahren vorhanden, sagte der Ernährungsexperte Achim Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Denn der Anteil des Pferdefleisches am gesamten Produkt sei eher gering. „Aber wer mit Pferd nichts zu tun haben will, muss auf solche Produkte verzichten“, betonte Valet.

Britischen Behörden haben allerdings einem Medienbericht zufolge in Fleischproben ein Schmerzmittel nachgewiesen, das für den Menschen gefährlich sein kann. Sechs in Großbritannien geschlachtete Tiere seien womöglich in Frankreich in die Nahrungskette gelangt, teilte Umweltminister David Heath nach Angaben der Zeitung „The Guardian“ mit.

Phenylbutazon – Schmerzmittel mit Risiken und Nebenwirkungen

Phenylbutazon ist ein Schmerzmittel, das zudem Entzündungen hemmt. Es wird vor allem in der Tiermedizin verwendet, besonders bei Pferden. Hier wird es aber auch als Dopingmittel missbraucht. Das Mittel hemmt die Schmerzen der Tiere und senkt so deren Hemmungen, im Wettkampf bis an die Leistungsgrenze zu gehen.


Phenylbutazon kann auch Menschen helfen, besonders bei akuten Schmerzen wegen Rheuma oder Gicht. Allerdings sollen sie es nur kurz anwenden, weil Phenylbutazon wie viele wirkungsvolle Mittel schwere Nebenwirkungen entfaltet. Dazu zählen Übelkeit, Durchfall Blutverlust, Blutarmut, allergische Reaktionen, Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Erregung, Reizbarkeit und Schlaflosigkeit. Es kann auch die Blutbildung stören. Deshalb wird es Menschen nur noch selten verabreicht.


Da Phenylbutazon im Körper nur langsam abgebaut wird, hält seine Wirkung lange an. Wegen der Nebenwirkungen darf es nicht bei Tieren verwendet werden, die später für die Lebensmittelproduktion verwendet werden.

Welche Produkte bei welchen Händlern betroffen sind 

Verbraucher können jetzt im Internet verfolgen, in welchen Fertigmahlzeiten bereits Pferdefleisch entdeckt wurde. Das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium stellte am Montag unter www.rueckrufe.nrw.de eine Liste mit Herstellern aus NRW ins Netz, die bereits Produkte mit Pferdefleischanteilen zurückgerufen haben. Andere Bundesländer sollen nach Angaben des Ministeriums folgen. Auf der NRW-Liste standen am Montag neun Produkte. Die Verbraucherzentrale Hamburg informiert auch über auffällige Produkte aus anderen Bundesländern. Betroffen sind bislang unter anderem die Handelsketten Aldi, Lidl, Tengelmann und Rewe sowie der Tiefkühl-Händler Eismann.

  • Aldi Süd nahm Dosen-Ravioli und -Gulasch aus den Regalen. Bei Analysen wurden bei den Produkten nach Angaben des Discounters „Anteile von Pferdefleisch“ nachgewiesen. Es handelt sich demnach um „Ravioli, 800 g Dose (Sorte Bolognese)“ der Eigenmarke „Cucina“ vom Lieferanten BLM sowie um „Gulasch, 450 g Dose (Sorte Rind)“ des Lieferanten Omnimax, das ausschließlich in Nordrhein-Westfalen verkauft wurde.
  • Aldi Nord: Der Discounter hat in zwei Fertiggerichten Pferdefleisch gefunden. Die Produkte „Tiefkühl Penne Bolognese 750 g“ und „Gulasch 540 g Dose, Sorte Rind“ seien inzwischen aus den Regalen genommen worden, teilte Aldi Nord mit.
  • Edeka stellte in Stichproben von Lasagne der Eigenmarke „Gut & Günstig“ nach eigenen Angaben „geringe Pferdefleisch-Anteile“ fest. Der Verkauf des Tiefkühlprodukts wurde gestoppt. Deutschlands größte Supermarktkette prüft weitere Artikel. Bei anderen Produkten liegen demnach aber bislang „keine Hinweise auf vergleichbare Probleme“ vor. Laut Verbraucherzentrale Hamburg wurden auch Filialen der regionalen Supermarktkette Konsum Leipzig in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit der Edeka-Lasagne beliefert.
  • Eismann stellte in zwei Lasagne-Produkten Pferdefleisch fest. Den Verkauf der betroffenen Ware stoppte der Tiefkühl-Heimservice nach einem ersten Verdacht. Verbraucher können die Ware Eismann-Verkäufern zurückgeben und bekommen das Geld zurück. Weitere Produkte neben der Lasagne sind laut Eismann nicht betroffen.
  • Kaiser’s Tengelmann nahm Lasagne der Eigenmarke A&P aus dem Verkauf. Die Supermarktkette rechnet inzwischen fest damit, dass das Tiefkühl-Produkt neben Rindfleisch auch Pferdefleisch enthält. Kaiser’s Tengelmann wurde eigenen Angaben zufolge vom französischen Hersteller Comigel offiziell informiert, dass die von ihm für seine Kunden hergestellten Fertiggerichte „durchgängig Anteile von Pferdefleisch enthalten“. Kaiser’s Tengelmann hat auch eigene Tests beantragt, deren Ergebnis noch nicht bekannt ist.
  • Lidl stoppte in Deutschland den Verkauf von Rindfleisch-Tortelloni der Eigenmarke Combino, nachdem Kontrolleure in Österreich darin Anteile von Pferdefleisch gefunden hatten. Der Hersteller der Nudelprodukte, Hilcona aus dem Fürstentum Liechtenstein, erklärte, er verarbeite selbst kein Frischfleisch, sondern beziehe dieses von Lieferanten. Das mit Pferdefleisch durchsetzte Rindfleisch für die Tortelloni lieferte demnach die Firma Vossko aus Ostwestfalen. Sie wiederum prüft nun, welcher ihrer Lieferanten rohes Pferdefleisch als Rindfleisch verkaufte.
  • Real rief „TiP Lasagne Bolognese, 400g, tiefgekühlt“ zurück. Bei Laboruntersuchungen mit dem Produkt der Eigenmarke war in „einzelnen Stichproben“ Pferdefleisch gefunden worden.
  • Rewe nahm sowohl Produkte aus dem Sortiment, welche die Supermarktkette unter ihrem eigenen Namen verkaufte, als auch Produkte eines Markenherstellers. Betroffen sind „Rewe Chili con Carne“ und „Rewe Spaghetti Bolognese“, die laut Rewe vom Unternehmen SGS Geniesser Service hergestellt wurden, sowie „Mou Lasagne Bolognese“ und „Mou Cannelloni Bolognese“ der Marke Tulip. Bei den Produkten der Eigenmarke und des Markenherstellers konnten die Produzenten Rewe zufolge nicht ausschließen, dass diese Anteile von Pferdefleisch enthalten.
Wo kommt das Pferdefleisch eigentlich her? 

Die Lieferketten sind oft nur schwer nachzuvollziehen. Eine Spur führt ins Münsterland. Der Liechtensteiner Partner der Supermarktkette Lidl, die Firma Hilcona, erklärte am Montag, die Rohware für das Produkt „Combino Tortelloni Rindfleisch“ sei vom Lieferanten Vossko aus Ostbevern gekommen, es enthalte undeklariertes Pferdefleisch. Das Nudelgericht war am Freitag vom Discounter Lidl aus den Regalen entfernt worden. Ein Sprecher der Firma Vossko aus Ostbevern in Nordrhein-Westfalen bestätigte, dass Hilcona die Zusammenarbeit mit Vossko aufgekündigt habe.

Lieferant: „Auch wir sind Opfer von Etikettenschwindel. Wir sind nicht Täter“

Nach Aldi Süd hat inzwischen auch Aldi Nord Pferdefleisch in Fertiggerichten gefunden. In „Tiefkühl Penne Bolognese 750 g“ und „Gulasch 540 g Dose, Sorte Rind“ seien Anteile von Pferdefleisch nachgewiesen worden, teilte Aldi Nord in Essen mit. Das Gulasch des Lieferanten Omnimax aus Brandenburg sei nur in den Aldi-Nord-Regionalgesellschaften Meitzendorf (Raum Magdeburg), Mittenwalde (Raum Süd-Ost-Berlin, Süd-Ost-Brandenburg) und Hoyerswerda (Raum Süd-Ost-Brandenburg, Nord- und Ost-Sachsen) vertrieben worden.

Omnimax wiederum bekommt die Produkte vom Konservenhersteller Dreistern in Neuruppin in Brandenburg. Eine Dreistern-Sprecherin betonte, in dem Gulasch seien nur Spuren von Pferde-DNA gefunden worden. „Auch wir sind Opfer von Etikettenschwindel. Wir sind nicht Täter“, sagte sie. Auch Aldi Süd war von Omnimax beliefert worden und hatte dies bereits am Freitag mitgeteilt.

Angeblich 144 Tonnen aus Luxemburg geliefert

Von den mit Pferdefleisch versetzten Fertiggerichten aus Luxemburg sind laut „Spiegel“ knapp 144 Tonnen nach Deutschland gelangt. „Das geht aus einer internen Liste der Europäischen Kommission hervor, die dem „Spiegel“ vorliegt“, schreibt das Nachrichtenmagazin. Von den insgesamt 1596 Tonnen luxemburgischer Fertiggerichte hätten zwischen November 2012 und Januar 2013 knapp zehn Prozent den Weg nach Deutschland gefunden.

Nach Informationen der Pariser Regierung soll das französische Unternehmen Spanghero in den vergangenen Monaten insgesamt 750 Tonnen Pferdefleisch falsch deklariert in Verkehr gebracht haben. Das entspricht dem Gewicht von etwa 1500 ausgewachsenen Reitpferden.

Wie das das Pferdefleisch von Rumänien über Frankreich auf die Teller von deutschen und britischen Verbrauchern kam, lesen Sie hier.

Insgesamt kommt bei dem Betrug nur schrittweise Licht in das Netz aus Produzenten, Lieferanten und Händlern. Kontrolleure suchen weiter in Deutschland und anderen Ländern nach verdächtigen Lebensmitteln.

Angeblich Pferdefleisch in Dönern – dürfen Muslime Pferd essen? 

Bei Stichproben für das RTL-Magazin „Extra“ wurden in Dönerfleisch neben Pferde- auch Schweinefleisch entdeckt. Der Genuss von Schwein ist Muslimen wie Juden untersagt. Pferd darf dagegen verzehrt werden, wird aber im islamischen Kulturkreis nicht geschätzt, da es ein Lasttier ist.

Keine Rolle spielt dabei, ob das Tier nach den rituellen Regeln des Schächtens geschlachtet worden ist. Dies wird bei Dönerfleisch nicht vorausgesetzt. Nehmen Muslime ohne ihr Wissen „unreines“ Schweinefleisch zu sich, nehmen sie keine Schuld auf sich. In Notlagen stellt sogar der bewusste Verzehr von Schweinefleisch keine Sünde dar. Pferdefleischanteile im Döner sind aus muslimischer Sicht unerwünscht, aber keine Katastrophe.

„Doppelter Betrug aus Sicht der Muslime“

Der Vorsitzende des Islamrates der Bundesrepublik Deutschland verurteilt die Verwendung von Pferde- und Schweinefleisch in Dönern. Es sei ein Betrug am Verbraucher und an den in Deutschland lebenden Muslimen, wie Ali Kizilkaya am Montag mitteilte. „Zum einen ist das natürlich ein großer Skandal. Zum anderen ist es ein doppelter Betrug aus Sicht der Muslime“, erklärte er. Es sei Aufgabe des Staates, den „Verbrauchern Sicherheit zu geben“, fügte Kizilkaya hinzu. Als Verband werde man sich für stärkere Kontrollen bei der Vergabe des Verbraucherschutzsiegels „Halal“ einsetzen.

Sind noch weitere Entdeckungen wahrscheinlich? 

Lebensmittelanalytiker rechnen damit, dass der Pferdefleisch-Skandal noch weitere Kreise zieht. „Da jetzt flächendeckend analysiert wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es weitere Entdeckungen im Fleischskandal gibt“, sagte der Geschäftsführer des ifp Instituts für Produktqualität in Berlin, Wolfgang Weber.


Er bestätigte, dass sein Institut bei Döner-Untersuchungen in Leipzig und Berlin in einer Probe einen Anteil von einem Prozent Pferdefleisch entdeckt hat – und in drei Proben sieben Prozent Schweinefleisch. Die Lebensmittel-Tester hatten im Auftrag des Fernsehsenders RTL Döner untersucht.


Vor allem die Herkunft des Schweinefleischs müsse untersucht werden, und wie es in Döner gelangen konnte. Da der muslimische Glauben den Verzehr von Schweinefleisch verbietet, enthält Döner in der Regel Rind-, Lamm- oder auch Puten- und Hühnerfleisch.

Aigner: Ausmaß von Pferdefleisch-Skandal noch nicht absehbar

Der Pferdefleisch-Skandal beschädigt nach Einschätzung von Bundesverbraucherschutzministerin Aigner die gesamte Lebensmittelindustrie in Deutschland und Europa. Es werde schwer sein, das verspielte Vertrauen zurückzugewinnen, schrieb die CSU-Politikerin in der „Bild am Sonntag“. Sie betonte demnach zugleich, das ganze Ausmaß des Skandals sei noch nicht absehbar. „Wenn sich der Verdacht der Ermittler erhärtet, dann haben skrupellose Betrüger bisher unvorstellbaren Etikettenschwindel im ganz großen Stil

Wurden Warnungen ignoriert? 

Die Londoner „Sunday Times“ berichtete, der Mitarbeiter der Lebensmittelaufsicht FSA, John Young, habe bereits 2011 das zuständige Ministerium gewarnt, es könnte Pferdefleisch mit unzulässigen Medikamentenrückständen in die Lebensmittelkette gelangen. Es sei aber nichts geschehen. Die britischen Behörden versuchen nun aufzuklären, warum vor 18 Monaten diese Warnungen ignoriert wurden.

Nach Darstellung des „Spiegels“ könnte eine Kennzeichnung für verarbeitete Produkte bereits existieren, hätte es nicht Widerstand auch der deutschen Politik dagegen gegeben. Nach der im November 2011 veröffentlichten europäischen Lebensmittelinformationsverordnung soll nicht nur bei Rindfleisch die Herkunftsangabe verpflichtend sein, sondern ab Dezember 2014 auch für Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch. Die Regelung gelte aber nicht, wenn das Fleisch nur eine von vielen Zutaten sei. Dies ist bei Fertiggerichten der Fall.

Diskussion über politische Konsequenzen 

Bund und Länder haben Konsequenzen aus dem Skandal um falsch deklariertes Pferdefleisch vereinbart. Wie es nach Beratungen der Verbraucherminister am Montag in Berlin aus Teilnehmerkreisen hieß, sollen auch höhere Strafen und Bußgelder bei Etikettenschwindel sowie schärfere Vorgaben für die Eigenkontrollen der Unternehmen geprüft werden. Geplant sind zusätzliche Tests von Fleischprodukten und eine zentrale Internet-Seite mit Informationen über Produktrückrufe. Deutschland will sich zudem in der EU für eine Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Fleischprodukte einsetzen.


Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hatte ihren Länder- Kollegen einen Nationalen Aktionsplan als Konsequenz aus dem Skandal vorgeschlagen. Geprüft werden soll nun darüber hinaus auch, ob es Unternehmen den zuständigen Länderbehörden melden müssen, wenn sie den Verdacht auf Täuschungsfälle haben. Vorgeschrieben ist dies bisher nur, wenn Gesundheitsgefahren bestehen.


Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) fordert eine Herkunftsangabe für verarbeitete Produkte. „Hierzu muss es auf europäischer Ebene einen klaren Vorstoß geben“, sagte Remmel. „Die verzweigten Lieferwege zeigen, wie notwendig ein solcher Schritt ist.“ Eine Herkunftskennzeichnung müsse für Fleisch- und etwa auch Eierprodukte eingeführt werden.

CSU-Chef Horst Seehofer fordert weitreichende Konsequenzen aus dem Pferdefleisch-Skandal. Notwendig seien „sehr scharfe“ Kontrollen und Bestrafungen, sagte Seehofer am Sonntag im Bayerischen Fernsehen. Außerdem müssten die Namen von Verantwortlichen in der Öffentlichkeit genannt werden.


Seehofer verlangte, die Supermarktketten müsste ihrer „ethischen Verantwortung“ gerecht werden. Es könne nicht sein, dass es einen Preiswettkampf ohne Rücksicht auf die Qualität der Produkte gebe.

Bosbach will beim Pferdefleisch-Skandal das BKA hinzuziehen

Im Pferdefleisch-Skandal hält CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach die Einbindung des Bundeskrimalamtes (BKA) für notwendig. „Sollte es auch deutsche Unternehmen geben, die in diesem Skandal kriminelle Aktivitäten entfaltet haben, muss wegen der internationalen Dimension das BKA die Ermittlungen übernehmen“, sagte Bosbach dem Nachrichtenmagazin „Focus“. „Insbesondere wegen des wichtigen Informationsaustausches mit Behörden anderer Staaten und Institutionen wie Europol und Interpol muss das BKA seine zentrale Funktion wahrnehmen.“

Was sagen die Pferdebesitzer dazu? 

Pferdebesitzerin Katharina Loeck sieht das Thema Pferdefleisch-Skandal pragmatisch. „Ich habe nichts dagegen, wenn Menschen Pferdefleisch essen. Widerlich finde ich an der Sache nur, wie mit Lebensmitteln getrickst wird“, sagt sie. Tanja Kleist denkt ähnlich. Sie wisse gar nicht, warum die Aufregung so groß sei. „Was ist der Unterschied, ob ich Pferdefleisch mit Medikamentenrückständen esse oder ein Schwein, das mit Antibiotika vollgepumpt wurde?“, sagt die 37-jährige Rechtsanwältin. Sie selbst würde allerdings kein Pferdefleisch essen, die Usingerin Loeck sieht das ähnlich. „Ich esse ja auch kein Hund“, erklärt sie. Kathrin Steinmeier, Besitzerin einer kleinen Reitschule in Usingen, hätte damit keine Probleme. „Probieren würde ich es.“

EU-weit werden jährlich nach Auskunft des Deutschen Tierschutzbundes in Bonn mehr als 600 000 Pferde geschlachtet. Die Organisation kritisiert Schlachtpferde-Transporte, bei denen Pferde oft tagelang unter schrecklichen Bedingungen quer durch Europa gekarrt würden. Die häufigsten Routen führten von Polen, Rumänien und Spanien nach Italien. Dort gelte Pferdefleisch als Delikatesse. 85 000 Pferde würden dort jährlich geschlachtet.

In Deutschland fahren die Reiter ihre Tiere auch selbst zum Schlachter, manchmal sind sie bei der Tötung dabei. Darf das Fleisch verwertet werden, kriegen sie dafür meist mehrere hundert Euro. Beim Einschläfern kommt der Tierarzt in den Stall, narkotisiert das Pferd und gibt ihm dann ein Medikament, das zum Herzstillstand führt. „Die Besitzer sind meistens dabei“, erzählt der Tierarzt Reiner Ernst aus dem hessischen Neu-Anspach. „Das Ganze dauert so drei Minuten und ist für das Pferd schmerzfrei.“ Etwa 150 Euro muss der Tierbesitzer dafür bezahlen, hinzu kommen die Kosten für die Abdeckerei. (dpa/(gh)dapd/afp/rtr)