Verdi sorgt auch in NRW für Beeinträchtigungen in den Paketzentren von DHL. Es geht um befristete Verträge fürs Personal – und die Renditeziele.
Bonn/Essen.
Der Zeitpunkt war bewusst gewählt: Pünktlich zum Nikolaustag hat die Gewerkschaft Verdi den Paketversand der Post-Tochterfirma DHL empfindlich gestört. Es sollte auch ein Signal an Konzernchef Frank Appel sein. Verdi kritisiert, Appel habe zu hohe Renditeziele ausgegeben, die sich negativ auf die Situation der Post-Mitarbeiter auswirken.
„Es gibt überzogene Versprechen, die nicht auf dem Rücken der Beschäftigten erwirtschaftet werden dürfen“, mahnt Verdi-Sprecher Christoph Schmitz. Der Post-Chef will den operativen Gewinn des Konzerns bis zum Jahr 2020 von derzeit rund drei Milliarden Euro auf dann fünf Milliarden Euro steigern. Verdi bemängelt, eine Folge der starken Orientierung an den Interessen der Kapitalanleger sei eine hohe Zahl von befristeten Arbeitsverträgen im Unternehmen.
Die Post weist die Vorwürfe zurück und wirft Verdi vor, dem Unternehmen zu schaden. Die Stimmung ist gereizt. „Mich wundert schon, dass man ausgerechnet vor dem Nikolaustag, an dem alle Kinder auf ihre Geschenke warten, eine Betriebsversammlung abhält“, lässt sich Konzernchef Appel vom „Tagesspiegel“ zitieren. „Man könnte das auch zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt machen.“ Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis entgegnet: „Die Demokratie hört auch bei der Post nicht vor dem Werkstor auf. Es ist das Recht der Beschäftigten, zu Betriebsversammlungen zu gehen.“
Die Gewerkschaft wollte am Freitag die Arbeit in mehr als 30 Paketzentren der Deutschen Post für mehrere Stunden lahmlegen. Die Konzernleitung wiederum hat das Ziel, die Beeinträchtigungen bei der Paketzustellung möglichst gering zu halten. „Pakete werden sortiert, auch im Ruhrgebiet“, betonte ein Post-Sprecher. „Aber es kann vereinzelt zu Verzögerungen kommen.“ Die NRW-Paketzentren befinden sich in Dorsten, Hagen, Krefeld, Greven, Köln und Bielefeld.
Streit um die befristeten Arbeitsverträge
Gerade in der Vorweihnachtszeit arbeitet die Post unter Hochdruck. An Spitzentagen rechnet das Unternehmen mit mehr als acht Millionen Paketen täglich. Zum Vergleich: Normalerweise sind es 3,4 Millionen Pakete.
Von den bundesweit etwa 180 000 Mitarbeitern verfügen nach Angaben der Post 14 700 Beschäftigte über befristete Arbeitsverträge. Darüber hinaus gebe es 9000 Aushilfskräfte. Andrea Kocsis wirft dem Unternehmen vor, dass der Beschäftigungsaufbau im Paketgeschäft „praktisch ausschließlich über befristete und damit prekäre Arbeitsverhältnisse“ erfolge.
In diese Ecke will sich Post-Vorstandsmitglied Jürgen Gerdes nicht drängen lassen. Das Wort „prekär“ sei angesichts gleicher Löhne für befristete und unbefristete Mitarbeiter unangemessen, auch im Vergleich zu Konkurrenten falle die Post positiv auf. Bei einem Anbietervergleich von Stiftung Warentest erhielt DHL als Testsieger die Gesamtnote „gut“. Dabei spielten auch die tariflich geregelten Arbeitsbedingungen bei der Post-Tochterfirma eine Rolle.
Heikle Tarifrunde bei der Post steht bevor
Doch es rumort bei der Post. Unlängst hatte Personalchefin Angela Titzrath überraschend ihren Rücktritt erklärt, was Verdi ausdrücklich bedauerte. Die neue Ressort-Verantwortliche Melanie Kreis hat ebenso wie Konzernchef Appel einige Zeit für die Unternehmensberatung McKinsey gearbeitet. In der Regel wird dieser Posten im Konzern aus dem Arbeitnehmerlager besetzt.
Weitere Konflikte mit Verdi zeichnen sich ab. Die Tarifrunde beginnt Ende Mai. Es geht ums Geld und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Auch die Frage, wie viele Pakete die Post mit Subunternehmern zustellen wird, soll neu geklärt werden – ein heikles Thema.Verdi-Sprecher Schmitz: „Der Post-Vorstand hat es in der Hand, ob es eine normale oder eine harte Tarifrunde wird.“