Seit 100 Jahren ist die Dortmunder Genossenschaft Rewe im Lebensmittelgeschäft aktiv. Rewe-Chef Heinz-Bert Zander spricht im Interview über die Konkurrenz durch die Discounter, den stagnierenden Lebensmittelmarkt und die schwachen Umsätze von City-Supermärkten.
Dortmund.
Im 100. Jahr ihres Bestehens kann Rewe, die Dortmunder Genossenschaft selbstständiger Lebensmittelhändler, die besten Zahlen der Unternehmensgeschichte vorlegen. Im Großhandelsumsatz übersprang Rewe 2012 erstmals die Marke von zwei Milliarden Euro. Ein Gespräch mit Rewe-Chef Heinz-Bert Zander.
540 Märkte zwischen Niederrhein und Siegerland, davon 300 inhabergeführte Rewe-Läden, Zentrallager und Fleischerei in Dortmund und Wesel. Dazu die Verflechtungen mit der europaweit tätigen Kölner Rewe Group: Wie führen Sie ein derart kompliziertes Gebilde?
Heinz-Bert Zander: Die Genossenschaft ist einfach eine geniale Konstruktion. Es gibt keine Aktionäre, die Geld aus dem Unternehmen ziehen. Wir haben eine andere Philosophie als Aktiengesellschaften. Der überwiegende Teil unserer Märkte wird von selbstständigen Einzelhändlern betrieben, die sich in ihrem Markt auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einstellen. Und: Unsere Überschüsse fließen als Rückvergütung zurück an diese Kaufleute.
Dennoch haben Discounter wie Aldi und Lidl klassischen Supermärkten die Butter vom Brot nehmen können. Wie entwickelt sich der Wettbewerb?
Zander: Die Discounter waren lange die Gewinner der Branche. Inzwischen haben sie einen Marktanteil von über 40 Prozent. Doch in den vergangenen beiden Jahren konnten die Supermärkte mit ihrem Vollsortiment wieder Boden gut machen.
Die Kunden haben wohl erkannt, dass man bei uns ebenfalls günstig einkaufen kann, wir aber darüber hinaus im Bedienungsbereich und beim Service punkten können. Ich glaube aber nicht, dass Aldi oder Lidl sich das tatenlos anschauen werden. Der Wettbewerb wird wohl eher härter werden.
Dabei dürfte der Markt doch ziemlich gesättigt sein?
Zander: Trotz aller Wachstumsgläubigkeit in der Wirtschaftswelt: Ja, wir haben einen stagnierenden Markt. Die Menschen können nun mal nicht mehr Lebensmittel kaufen, als sie essen können.
Trotzdem erwarten Sie steigende Lebensmittelpreise. Auf was muss sich der Kunde einstellen?
Zander: Wir haben auch im Lebensmittelbereich längst einen globalen Markt. Das gilt sogar für Milch. Die Nachfrage steigt weltweit, die Produktionskapazitäten können nicht mithalten. Ich rechne mit dauerhaft steigenden Preisen.
Die Deutschen knausern bei den Ausgaben für Lebensmittel. Wie kommt das?
Zander: Deutschland hat nicht die Tradition wie Frankreich, ein Land der Feinschmecker zu sein. Hierzulande ging es in preußischer Genügsamkeit wohl eher darum, die Menschen in erster Linie satt zu kriegen. Aber das ändert sich ja. Sehen Sie den Trend zum guten Kochen.
In diesem Jahr wollen Sie 18 weitere Rewe-Läden eröffnen, auch in Randlagen. Wann kehrt der Supermarkt in die Mitte der City zurück?
Zander: Über Lebensmittelmärkte in der City wird viel geredet, dafür wird dort umso weniger gekauft. Die Rewe-Märkte in den großen Einkaufscentern Limbecker Platz in Essen und Thier-Galerie in Dortmund haben zwar einen enormen Kundendurchlauf, doch der Umsatz ist nur gering.
Für den Großeinkauf geht man dort eben nicht hin. Supermärkte unter 600 Quadratmetern Verkaufsfläche rechnen sich meist nicht. Unsere Märkte sind im Schnitt 1800 Quadratmeter groß. Der größte steht in Bochum und hat 3500 Quadratmeter.
Die Kette von Lebensmittelskandalen reißt nicht ab. Zurück bleiben verunsicherte Verbraucher.
Zander:
Auch wir finden schlimm, was sich hier in letzter Zeit abspielt. Lebensmittel sind Mittel zum Leben. Die müssen in Ordnung sein, egal wie billig oder teuer sie sind. Beim Pferdefleischskandal waren ganz klar Kriminelle am Werk, die aus reiner Profitgier betrogen haben. Hier fordern wir harte Bestrafung. Trotz allem: Gerade kriminelles Handeln wird immer wieder vorkommen und zu Skandalen führen.
Auch der Lebensmittelhandel kommt an Neuerung nicht vorbei. Welche Trends werden Sie den Kunden demnächst auftischen?
Zander: Innovationen gibt es auch auf dem Lebensmittelmarkt. Wir haben ja gerade eine Riesendiskussion über Fleischverzehr. Vegetarier sind daher klar im Kommen. Dem tragen wir in unseren Märkten Rechnung. Bei veganen Lebensmitteln, also solchen ganz ohne tierische Anteile, sehe ich dagegen nicht den großen Trend. Gefragt sind dagegen mehr und mehr regionale Produkte.
Wie sieht es bei Rewe mit dem viel beschworenen Fachkräftemangel aus?
Zander: Zurzeit können wir unsere Ausbildungsplätze noch gut besetzen. Auch in diesem Jahr wird es wegen der Wirkung des Doppelabiturjahrgangs keine Probleme geben. Es ist aber absehbar, dass sich immer weniger junge Menschen für einen Beruf in der Lebensmittelbranche interessieren. Schon heute gibt es Nachwuchsprobleme an den Fleischtheken.