Einzelhändler rüsten auf digitale Preisschilder um. Dadurch sparen sie Zeit und werden flexibler. Verbraucherschützer warnen vor Preissteigerungen. Rewe widerspricht.
Essen.
Die Zeiten, in denen der Preis für einen Erdbeerjoghurt auf einem Pappschild am Kühlregal hing, sind vorbei. Jedenfalls in den 500 Rewe-Filialen, die bereits auf digitale Preisschilder umgerüstet sind. Dort verraten nun kleine Digital-Displays dem Kunden, wie viel der Joghurt kostet.
Im Rewe-Markt an der Rüttenscheider Straße in Essen hat die neue Technik schon Einzug gehalten. Allerdings nicht für alle Produkte: In der Obst- und Gemüse-Abteilung sowie an der Wurst- und Käsetheke finden die Kunden konventionelle Kunststoffschilder vor. Ebenso in den Tiefkühlschränken. An allen anderen Regalen sind die digitalen Preisangaben jedoch gut zu lesen. Allerdings zeigen sie nicht für alle Waren an, was die 0,75-Liter-Flasche umgerechnet auf einen Liter oder 100 Gramm im Kilo-Paket kosten. Diese Angaben sollen den Kunden den Preisvergleich erleichtern.
Rewe rüstet alle 3500 Filialen um
Rewe-Sprecher Raimund Esser kündigte im Gespräch mit unserer Redaktion an, dass alle 3500 Filialen des Konzerns auf digitale Preisschilder umgestellt werden – zunächst in renovierten und neu eröffneten Läden. Rewe ist bei der digitalen Strategie aber nicht allein. Auch Edeka und der Elektronikhändler Saturn setzen darauf. Nach Angaben der „Lebensmittelzeitung“ experimentiert auch ein Discounter mit den automatischen Preisschildern.
Die Händler profitieren von der Technik, weil sie dadurch weniger Arbeit und mehr Flexibilität haben. Statt jedes Preisschild einzeln aus seiner Aufhängung zu friemeln und durch ein neues zu ersetzen, das zudem auch noch ausgedruckt werden muss, können Preise jetzt in Sekundenschnelle am Rechner verändert werden.
Supermärkte können per Knopfdruck die Preise zu Uhrzeiten senken, zu denen wenige Kunden ins Geschäft kommen. „Das wird der erste Schritt sein“, erwartet Martin Fassnacht, Marketing-Experte der Wirtschaftshochschule WHU. Denkbar sei auch, dass der Preis für Obst und Gemüse fällt, wenn die Ware nicht mehr frisch ist. So könnten die Händler versuchen, Ware loszuwerden, die zum ursprünglichen Preis längst unverkäuflich wäre.
Nicht wie an der Tankstelle
Rewe widerspricht beiden Theorien: Es gehe nicht um „tageszeitabhängige Rabattaktionen“ oder um „tankstellenähnliche Preisänderungen“, sagt Unternehmenssprecher Thomas Bonrath. Vielmehr wolle der Konzern seine Mitarbeiter von einem „zeitaufwändigen und ineffizienten Arbeitsprozess zu befreien“. Woche für Woche müssten rund 100 Etiketten ausgetauscht werden. Das koste nicht nur Zeit, sondern sei auch fehleranfällig. Immer wieder habe es Kundenreklamationen wegen falscher Auszeichnungen gegeben.
Ob der Kunde von der Supermarkt-Digitalisierung profitiert, ist unklar. Experten hatten mehrfach davor gewarnt, Händler könnten digitale Preisschilder nutzen, um etwa den Bierpreis kurz vor Fußballspielen zu erhöhen. „Wir haben dafür noch keine Anhaltspunkte“, sagt Miriam Rusch von der Verbraucherzentrale NRW.
Es könne allerdings passieren, dass Kunden am Warenregal einen niedrigeren Preis angezeigt bekämen als den, den sie letztendlich bezahlen müssen. Die Rechtslage sei in solchen Fällen aber eindeutig: „Es gilt der Preis, der an der Kasse aufgerufen wird, nicht das Preisschild am Regal“, erklärt Rusch. Das sei bei digitalen Preisschildern nicht anders als bei solchen aus Kunststoff.