Klassischen Kneipen, die keine Speisen verkaufen, macht das Rauchverbot zu schaffen. So wie der Ratsschänke am Friedensplatz in Dortmund. Wirt Omid Ghorbanazar denkt aber trotzdem nicht ans Aufhören. Er findet, es gibt eigentlich keinen schöneren Beruf.
Dortmund.
Hinter dem dunkelbraunen Holz-Tresen steht Omid Ghorbanazar (43). Der Wirt der Ratsschänke zapft Bier und scherzt mit den Touristen, die um kurz vor zwölf Uhr mittags eine Pause in seiner Kneipe am Friedensplatz in Dortmund einlegen. Die gesamte Kneipe ist mit schwarz-gelben Wimpeln geschmückt: BVB, wohin man auch schaut.
Die klassische Kneipe ist vom Aussterben bedroht. Laut Statistischem Bundesamt gab es 1995 noch 53.837 Schankwirtschaften, 2011 waren es nur 30.443. „Die Zahl der Betriebe geht stark zurück“, sagt auch Rainer Spenke, Geschäftsführer der Fachgruppe Gaststätten beim Hotel- und Gaststättenverband NRW (Dehoga). Viele Wirte können nicht mehr nur vom Durstlöschen leben. Darum wandeln sie ihren Laden um, bieten Essen an und sind so kein althergebrachter Ausschank mehr. „Die klassische Kneipe verändert ihr Aussehen“, meint Spenke.
Kleiner Gewinn beim Bierverkauf
Auch die Inhaber der Ratsschänke, Ghorbanazar und seine Frau Angelin Siergik, haben sich einiges einfallen lassen, um ihren Laden, den sie seit zwölf Jahren führen, attraktiv für Gäste zu gestalten – und dennoch ist es eine „alte“ Kneipe geblieben. Sie leben auch von Touristen, die während der Stadtführungen vorbei kommen, aber vor allem von der Fußballbegeisterung in Dortmund. Die Spiele des BVB werden in der Kneipe gezeigt, es gibt einen eigenen Fanclub, eine Facebook-Seite mit Nachrichten rund um die Ratsschänke und den BVB. „Das tagtägliche Geschäft hat nachgelassen, aber die BVB-Fans sind immer da“, sagt Ghorbanazar. „Wir geben jedem Gast ein Stößchen bei BVB-Auswärtsspielen aus, damit die Leute zu uns kommen.“
Die Kneipen leben vom Bierverkauf. Doch dabei ist der Wareneinsatz hoch und der Gewinn niedrig. Nach Abzug aller Kosten bleiben in der Ratsschänke von einem Stößchen, einem Bierglas mit 0,16 Liter Inhalt, das eine Dortmunder Besonderheit ist, sieben Cent für die Wirtsleute übrig.
Kneipen seien „betriebswirtschaftlich sehr knapp gerechnete Konzepte“, erklärt Spenke. Der durchschnittliche Jahresumsatz liegt laut Spenke bei rund 150.000 Euro. „Da kommt die Mehrwertsteuer noch oben drauf. Zehn Prozent oder mehr gehen für die Pacht weg, 40 Prozent für den Wareneinsatz.“ Am Ende stehe ein Gewinn von zehn bis 15 Prozent vor Steuern. „Da bleibt fast nichts mehr übrig.“ Wer da betriebswirtschaftlich rechne, für den sei eine Kneipe nicht so interessant, sagt der Dehoga-Experte.
Rauchverbot lässt Umsätze sinken
Besonders ärgert die Wirte das Nichtraucherschutzgesetz. Das mache auch ihm das Leben schwer, sagt Ghorbanazar, der mit 18 Jahren als Gläserspüler erste Erfahrungen in der Gastronomie machte. „Es wird immer gegen die Kneipen gearbeitet“, findet der 43-Jährige. Seit zwei Monaten hat er nun einen kleinen Biergarten im Hinterhof. Dort darf geraucht werden. Stilecht, wie es sich für Dortmund gehört, unter einem schwarz-gelben Pavillon. Trotzdem: „Wir merken, dass seit Mai die Umsätze rückläufig sind.“
Und gleichzeitig würden andere Kosten steigen. Zum Beispiel erhöhte der Bezahl-Sender Sky seine Preise für die Ratsschänke um 40 Prozent. Die Fußballspiele des BVB muss Ghorbanazar aber in seiner Kneipe zeigen, sonst bleibt die Kundschaft aus. 5000 Euro zahlt er pro Jahr für Sky, Gema, GEZ und Kabelanbieter.
Zudem ist der Bierpreis der Brauerei Brinkhoff, die ihn beliefert, gerade gestiegen. Zehn Euro zahlt er nun mehr für den Hektoliter. Weitergeben könne er die Erhöhung nicht an seine Kunden, sagt Ghorbanazar. Einfach die Brauerei wechseln? Das gehe auch nicht, weil man an langfristige Verträge gebunden sei.
Macht der Brauereien über die Wirte
Die Macht der Brauereien über die Wirte kritisiert auch Dehoga-Experte Spenke. Sie können über Bierlieferverträge nicht nur bestimmen, welche Getränke zu welchen Preisen geliefert werden, sondern bieten oft auch Darlehensverträge, die über Bierlieferungen zurückgezahlt werden. So wird etwa die Einrichtung der Kneipen finanziert. Es gebe Verträge zwischen Wirt und Brauerei, die sogar die Öffnungszeiten des Lokals vorschreiben.
Ihre Kneipe würden Ghorbanazar und seine Frau trotz mancher Schwierigkeiten nie eintauschen, sagen sie: „Weil es einfach Spaß macht, mit Menschen zu tun zu haben. Wir sind bei jeder Feier mit dabei. Wir sind aber auch Psychologen, wenn unsere Gäste mal Probleme haben.“ Vor allem so eine kleine Kneipe sei wie ein gemütliches Wohnzimmer. „Wir wollen die deutsche Kneipenkultur im Ruhrpott erhalten.“