Der Euro-Rettungsschirm EFSF ist ein Zinsverbilligungs-Programm für jene hoch verschuldeten Länder, die ansonsten Wucherzinsen auf den internationalen Finanzmärkten zahlen müssten. Wir erklären, warum er aufgestockt wird
Berlin.
Der Euro-Rettungsschirm EFSF (European Financial Stability Facility) ist ein Zinsverbilligungs-Programm für jene hoch verschuldeten Länder, die ansonsten Wucherzinsen auf den internationalen Finanzmärkten zahlen müssten. Zehnjährige Griechenland-Anleihen wurden am Mittwoch mit einem Zins von 17,76 Prozent gehandelt. Das könnte kein Land der Welt bezahlen, auch Deutschland nicht, das nur 2,16 Prozent bezahlen musste.
Stattdessen nehmen Irland, Portugal und bald Griechenland ihre Kredite beim EFSF auf. Als der Schirm im vergangenen Jahr gegründet wurde, handelte es sich um Garantie-Erklärungen der damals 16 Euro-Länder. Deutschland garantierte 119,4 Milliarden der 440 Milliarden Euro. Bewilligt wurde diese Summe vom Bundestag.
Damit der Schirm selbst Kredite zu niedrigen Zinsen aufnehmen konnte, musste er sich aber von den Bewertungs-Agenturen beurteilen lassen, die derzeit im Zentrum der Kritik stehen. Ihre Bestnote „AAA“ gab es für den EFSF, weil nur die Garantien der sechs solidesten Euro-Staaten berücksichtigt wurden – Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Österreich, Luxemburg und Finnland.
Erhöhung von 119,39 auf 211,05 Milliarden Euro
Anders als 2010 noch gedacht, reduzierte dies die Kreditsumme, die der Schirm maximal aufnehmen kann, von 440 auf 250 Milliarden Euro. Die Regierungen der Euro-Staaten haben daher im Juli beschlossen, ihre Garantiesummen auf 780 Milliarden Euro zu erhöhen, damit auch wirklich 440 Milliarden Euro Kredite vergeben werden können.
Die Erhöhung der deutschen Garantie von 119,39 auf 211,05 Milliarden Euro erfordert aber wieder die Zustimmung des Bundestages. Denn das Haushaltsrecht liegt in der Demokratie beim Parlament, nicht bei der Verwaltung, also dem Finanzministerium.Union und FDP wollen diese Lage nun nutzen, um dem Bundesfinanzministerium möglichst viele Kompetenzen bei Beschlüssen des EFSF abzuluchsen. Insofern handelt es sich auch um einen Machtkampf zwischen Bundestag und Bundesregierung. Die selbstbewussten Mitglieder des Bundestags-Haushaltsausschusses lassen sich diese Gelegenheit jedenfalls nicht entgehen.
Unterstützung bekamen sie am Mittwoch vom Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter urteilten, dass das Parlament jede größere Solidar-Hilfe für marode Euro-Staaten „im Einzelnen“ vom Bundestag gebilligt werden muss. Im Urteil heißt es, dass die Bundesregierung vor Übernahme von Gewährleistungen „verpflichtet“ ist, zuvor die Zustimmung des Haushaltsausschusses einzuholen.
Zunächst kein echtes Geld
Bei Garantien oder Bürgschaften fließt aber kein echtes Geld des Steuerzahlers. Es würde nur bei einem Zahlungsausfall des Schuldnerlandes fällig. Stattdessen gibt es Rückflüsse in Form der Zinsen. Eine erste Zinszahlung von gut 50 Millionen Euro hat Irland dem EFSF bereits überwiesen.
Denn Irland bekam Anfang Februar seine erste Überweisung von 3,6 Milliarden Euro Kredit zu einem Zins von 5,9 Prozent bis Mitte 2016. Das war viel weniger als die knapp 9 Prozent, die Irland zu dem Zeitpunkt an den Märkten hätte bezahlen müssen – der Vorteil für Irland. Aufgenommen hatte der EFSF das Geld allerdings nur zu 2,89 Prozent. Die Differenz zwischen 2,89 und 5,9 Prozent steckt der EFSF unterm Strich ein – und damit die Garantiegeber wie Deutschland; das ist der Vorteil für die Bürgschaftsgeber.
Der Schirm wurde 2010 als Aktiengesellschaft nach luxemburgischem Recht gegründet und beschäftigt nur ein gutes Dutzend Mitarbeiter im Europa-Viertel auf dem Kirchberg von Luxemburg. Chef ist der Deutsche Klaus Regling, einst Generaldirektor für Wirtschaft und Finanzen bei der EU-Kommission. Die Schuldenaufnahme für den EFSF erledigt die Finanzagentur des Bundes in Frankfurt. Bei der Verwaltungsarbeit hilft die Europäische Investitionsbank in Luxemburg. Der EFSF soll 2013 umgewandelt werden zum dauerhaften Schirm ESM – European Stability Mechanism. (dapd)