Streit um die Erbschaftssteuer und kein Ende: Unternehmer Axel Vollmann aus Gevelsberg fürchtet den Ausverkauf des Mittelstandes an Finanzinvestoren.
Gevelsberg.
Eines kann man Axel Vollmann (58) nicht vorwerfen: dass er ein Blatt vor den Mund nähme. „Neidsteuer“ ist noch das Harmloseste, was dem Geschäftsführenden Gesellschafter des Autozulieferers Vollmann aus Gevelsberg zur jüngsten Kabinettsvorlage zur Reform der Erbschaftssteuer einfällt. Allen Stimmen aus dem linken Spektrum des Bundestages zum Trotz, die sich darüber aufregen, dass mit dem neuen Entwurf nun so gut wie jeder Unternehmer im Falle des Falles verschont werde.
Verschärfte Bedingungen
Die Gesamtsumme der staatlichen Einnahmen erhöht sich durch den Entwurf nicht – er bleibt bei rund fünf Milliarden Euro. Verschärft worden sind aber die Bedingungen für eine Befreiung sowie der Verwaltungsaufwand – und das bringt Axel Vollmann, der das mittelständische Unternehmertum in Familienhand lebt, in Wallung. Das sei der Ausverkauf des deutschen Mittelstandes an Finanzinvestoren, meint er. „Nach Eintritt des Erbfalls zehn Jahre lang drei Prozent mehr Steuern auf den jährlichen Gewinn als Erbschaftssteuer“ – so könnte er sich eine „saubere Lösung“ vorstellen. Eine, die nicht auf dem Unternehmenswert, sondern auf „realen Zahlen“ beruhe und auf die sich ein Unternehmenserbe langfristig einrichten könne.
Die Heraufsetzung der Grenze von 20 auf 26 Millionen Euro, ab der das Finanzamt künftig prüft, ob der Erbe die Steuer nicht aus seinem Privatvermögen zahlen kann, ist für Vollmann nicht maßgeblich. „Das ist nur eine Marginalie.“ Das Ganze sei ein Systembruch – der Unternehmer werde dann ja doppelt besteuert. Und auch die Marke von 52 Millionen Euro für Familienunternehmen lässt er nicht gelten – diese werde nur Betrieben gewährt, die zehn Jahre rückwirkend ein Entnahmeverbot für Gewinne eingehalten hätten.
21 Millionen Euro Steuern für Unternehmensnachfolger?
Übertragungen und Schenkungen im Unternehmensbereich sollten nicht erst geschehen, wenn der Erblasser 90 ist. „Das muss verantwortungsvoll gemacht werden“, sagt Vollmann, der nach eigener Aussage die Gewinne immer in der Firma gelassen hat. „Die Kinder müssen mit 35 im Unternehmen sein“. Seine Töchter, 27 und 25 Jahre alt, sollen und wollen voll verantwortlich die Geschäfte führen – in guten und in schlechten Zeiten.
Die eine studiert Wirtschaftsingenieurwesen, die andere hat bereits ihren Masterabschluss in BWL. Aber auf ihnen lastet eine Bürde. Der Unternehmer rechnet vor: Die rund 700 Mitarbeiter in Deutschland (neben Gevelsberg und Remscheid gibt es noch Standorte in Sachsen) erwirtschaften aus rund 100 Millionen Euro Umsatz vier Millionen Euro Gewinn im Jahr vor Steuern – multipliziert mit dem vom Finanzministerium vorgegebenen Faktor 18,21 ergibt das einen Unternehmenswert von 73 Millionen Euro. Bei einem Steuersatz von 30 Prozent wären im Erbfall 21 Millionen Euro Steuer fällig – das Eigenkapital liegt nach Vollmanns Angaben in gleicher Höhe. „Das wäre der Tod der Firma“, glaubt er. Faktor 6 statt 18,21 bei der Bemessung des Unternehmenswertes reiche aus. „Dann sind wir in der Realität.“
Schnell gewachsen
Der Geschäftsführer beschreibt damit Probleme eines Unternehmens, das in kurzer Zeit stark gewachsen ist. Noch 2005 betrug der Umsatz der Gruppe 30 Millionen Euro – die Hälfte davon mit Lampenfassungen. Vollmann beschreibt den Zwang zu immer höherer Produktivität durch den Preisdruck seiner Kunden (unter anderem Kiekert für Türschloss-Teile). Und ihren Wunsch, ihnen auf alle Kontinente zu folgen. „Die Zeit ist noch nicht reif“, antwortet ihnen Vollmann dann regelmäßig. Denn er weiß: „Wir haben hier den besten Stahl und die besten Werkzeugmacher der Welt.“