Der Tengelmann-Patricharch Erivan Haub feiert am Samstag seinen 80. Geburtstag. Nach über 50 Jahren zieht er sich ganz aus dem Mülheimer Handelskonzern zurück. Sein Engagement für Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften aber bleibt.
Mülheim.
Wenn der Tengelmann-Patriarch Erivan Haub am Samstag seinen 80. Geburtstag feiert, bricht für ihn nicht nur ein neues Lebensjahrzehnt an. Für die Mülheimer Unternehmensgruppe (Kaiser’s-Tengelmann, Obi, Kik) bedeutet das Jubiläum eine Zäsur. Haub hat angekündigt, den Vorsitz im Beirat, der den Familienkonzern kontrolliert, niederzulegen und sich ins Privatleben zurückzuziehen.
Eine Ära geht zu Ende: Nach dem Tod seines Onkels Karl Schmitz-Scholl hatte Haub am 24. März 1969 in vierter Familiengeneration über Nacht die Leitung des Handelsunternehmens übernommen. 1867 als Kolonialwarenladen gegründet, trieb Haub die Expansion der Firma voran. In den USA hatte er Erfahrungen im Lebensmittel-Einzelhandel gesammelt. Er arbeitete aber auch für die Commerzbank und eine Frankfurter Immobilienfirma. Beim späteren Superminister Karl Schiller (SPD) studierte er Volkswirtschaft.
Unter der Ägide des jungen Haub stieg Tengelmann in den 70-er Jahren zum größten Lebensmittelfilialisten in Deutschland auf. Sein größter Coup war die Übernahme der Viersener Kaiser’s-Kaffee-Geschäft AG 1971. Ein Jahr später brachte Haub den Markendiscounter Plus an den Start und wagte sich ins Ausland, vor allem in die USA. Seit 1985 stieg Tengelmann auch ins Baumarkt-, Textil- und Drogeriegeschäft ein.
Der „Menschensammler“
Doch der Wettbewerb im Handel wurde immer schärfer. In den 90-er Jahren rutschte die Tengelmann-Gruppe tief in die roten Zahlen. Bevor Erivan Haub im Jahr 2000 das operative Geschäft an seine Söhne Karl-Erivan und Christian abgab, stieß er die Sanierung des Konzerns selbst mit an.
Die Mitarbeiter schätzten den Senior-Chef als „Menschensammler“, dem es am sozialen Ausgleich gelegen war. Er fehlte auf keiner Betriebsfeier, aß in der Mülheimer Kantine und wohnte in einem Apartment im obersten Stock der Mülheimer Konzernzentrale.
Internet-Beteiligungen
Die spätere Schließung der Süßwarenfabrik Wissoll – einst Keimzelle des Unternehmens – und den Verkauf der Discounterkette Plus konnte er allerdings nicht verhindern, obwohl er dagegen sein Veto eingelegt haben soll.
Vom einstigen „Gemischtwarenladen“ Tengelmann sind nur die Kaiser’s/Tengelmann-Supermärkte, die Obi-Baumärkte und Kik-Filialen übrig geblieben. Hinzu kamen Beteiligungen an Woolworth und zahlreichen Internetanbietern wie Zalando.
Bio-Weinbau am Kaiserstuhl
Geblieben ist auch Haubs frühes Engagement für Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften. „Der Umwelt zuliebe …“ ist bis heute Tengelmann-Slogan. 1968 hatte Haub einen Umweltfonds gegründet, Froschschenkel und phosphathaltige Waschmittel aus dem Supermarkt-Sortiment verbannt. Sein Einsatz brachte dem Milliardär zahlreiche Auszeichnungen wie „Öko-Manager des Jahres“ und den NRW-Verdienstorden ein.
Auch wenn sich Erivan Haub nun ganz aus dem Unternehmen zurückzieht – der Ökologie bleibt er verbunden. Er und seine Frau Helga haben am Kaiserstuhl gerade für 10,5 Millionen Euro das Bio-Weingut Abril vor dem Aus gerettet.