Veröffentlicht inWirtschaft

Täter oder Opfer? Europas Banken und die Krise

Europas Banken – Täter oder Opfer?

Brüssel. 

Weltweit protestieren Menschen gegen die Macht der Finanzmärkte, machen sich Sorgen und sehen die Verantworung bei den Banken. Doch sind die Banken wirklich alleine Schuld an der Situation? Sind sie Täter – oder doch vielleicht auch Opfer?

Bei der Bekämpfung von Europas Schuldenkrise nimmt die Politik die Banken verstärkt in die Pflicht. Steuerzahler sollen nicht noch einmal die Finanzbranche sanieren. Also wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre europäischen Amtskollegen am Wochenende beschließen, wie Banken stabilisiert werden können. Derweil arbeitet die EU-Kommission an mehreren Gesetzes-Vorschlägen, um die Finanzbranche stärker zu regulieren.

Warum sorgen sich Politiker um die Banken?

Wegen der der Finanzmisere in Griechenland. Staaten leihen sich traditionell bei Banken Geld, um ihre Ausgaben zu stemmen. Einst galten europäische Staatsanleihen als sicher. Doch nun müssen sich Geldinstitute dafür rüsten, dass Griechenland nicht alle Schulden begleichen kann. Ihnen drohen somit milliardenschwere Kreditausfälle. Zudem sorgen sich Finanzmarkt-Akteure um die Zahlungsfähigkeit weiterer Euro-Länder wie Italien.

Was können Banken machen?

Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist klar, dass vor allem Europas Großbanken, die Staaten viel Geld borgten, größere Risikopuffer brauchen. „Systemrelevante Banken müssen ein Mindestmaß an Kapital haben“, sagte er am Montag. Schäuble erwartet, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs am Wochenende entsprechende Vorgaben verabreden. Eine „endgültige Lösung“ für Europas Schuldenkrise sei aber nicht zu erwarten. Die EU-Kommission hatte vorige Woche gefordert, dass Europas Banken ihre Kapitaldecken noch stärker als bisher aufpolstern müssten. Experten sind sich uneins, wie viel Geld Banken brauchen. Die Schätzungen reichen von weniger als 100 bis zu 300 Milliarden Euro.

Wie sollen Banken an frisches Geld kommen?

Die Geldinstitute sollen aus eigener Kraft versuchen, ihr Kapital aufzustocken – indem sie neue Aktien ausgeben, Bonuszahlungen kappen oder ihren Aktionären weniger Gewinn ausschütten, also die Dividende kürzen. Reicht das nicht, soll der Staat helfen, indem er zum Beispiel bei der Bank einsteigt – sprich: sie teilverstaatlicht. Als letzte Möglichkeit sollen Banken ihre Kapitaldecke mit Geldern aus dem EU-Rettungstopf stärken können.

Was plant die EU-Kommission?

Seit der Weltfinanzkrise, die 2007 in den USA begann, arbeitet die EU-Kommission an strengeren Spielregeln für Europas Finanzbranche. Banken sollen zudem stärker überwacht werden, damit Schwachstellen oder Problemfälle früher bekannt und bekämpft werden können. Zudem soll eine Bank künftig „geordnet“ Pleite gehen können, ohne dass das Schockwellen an den Finanzmärkten auslöst. Die EU-Experten ziehen damit eine Lehre aus dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers im Herbst 2008, der die Weltfinanzkrise verschärfte und Banken in Europa taumeln ließ.

Die Bankenbranche, die eine starke Lobby auch in Brüssel hat, wehrt sich allerdings dagegen, aus ihrer Sicht zu sehr eingeengt zu werden. Außerdem sind Institute wie die Deutsche Bank längst wieder verstärkt in risikoreicheren und damit gewinnträchtigeren Geschäftsfeldern unterwegs.

Apropos Weltfinanzkrise: Erhielten Banken nicht damals bereits Staatshilfe?

Das stimmt. Viele Banken in Europa hatten sich verzockt. Ihre krisenbedingten Verluste betrugen in der Zeit von 2007 bis 2010 nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds insgesamt fast 1000 Milliarden Euro – acht Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Um die europäische Finanzbranche zu stabilisieren, billigte die EU-Kommission in dieser Zeit insgesamt 4600 Milliarden Euro staatliche Beihilfen für die Banken.

Hat sich seither nichts gebessert?

Doch, findet die Branche. So betont der Bundesverband deutscher Banken, dass vor drei Jahren einige Banken Staaten in Schwierigkeiten gebracht hätten. „Heute ist es genau umgekehrt, heute bringen die Staaten die Banken in Probleme“, sagt Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer. Die Banken hätten die derzeitige Staatsschuldenkrise schließlich nicht verursacht.