Streichen, feiern, ausziehen – Zehn Irrtümer zum Mietrecht
Im Mietrecht lauern zahlreiche Stolperfallen. Damit aus der Traumwohnung kein Albtraum wird, räumen wir mit zehn häufigen Irrtümern zum Mietrecht auf.
Essen/Berlin.
Viele Gerüchte, Halbwahrheiten und Irrtümer ranken sich um das Thema Mietrecht. Durch den Gesetzes-Dschungel durchzublicken ist nicht immer einfach. Nicht umsonst beschäftigt sich der Bundesgerichtshof (BGH) regelmäßig mit Klagen von Vermietern und Mietern. Haustüren dürfen nachts zum Beispiel nicht abgeschlossen werden und auch der Partner darf nicht so einfach ins gemeinsame Nest einziehen. Wir haben zehn häufig auftretende Irrtümer zum Mietrecht zusammengetragen.
1. Wer seinem Vermieter drei Nachmieter stellt, kann den Mietvertrag ohne Kündigungsfrist beenden.
Falsch! Die „Drei-Nachmieter-Regel“ gehört zum gefährlichen Mieter-Halbwissen. Es gibt sie nicht – und es hat sie nie gegeben. „Selbst wenn der Mieter drei potenzielle Mieter präsentiert, muss der Vermieter einer Kündigung des Mietvertrags ohne Beachtung der sonst üblichen Kündigungsfristen nicht zustimmen“, sagt Jurist Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.
„Verträge sind einzuhalten“, so ein alter Rechtsgrundsatz. Das gilt vor allem für befristete Verträge, in denen der Mieter sich verpflichtet hat, die Wohnung für eine bestimmte Dauer zu mieten. Nur mit dem Einverständnis des Vermieters kommt der Mieter früher raus.
In folgenden Ausnahmefällen kann der Mieter aber auf mehr Flexibilität vom Vermieter hoffen:
Die Nachmieterregel ist ausdrücklich im Vertrag festgehalten. Dann muss sich der Vermieter auch daran halten.
Der Mieter beruft sich auf einen Härtefall, zum Beispiel auf eine schwere Krankheit, einen berufsbedingten Wohnungswechsel oder Familienzuwachs. Dann kann das Recht auf vorzeitige Beendigung des langfristigen Mietverhältnisses bestehen, wenn der Mieter einen akzeptablen Nachmieter stellt. Vorausgesetzt, er steigt in den Vertrag ohne Änderungswünsche ein (Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB)
2. Der Mieter muss Handwerker nicht in die Wohnung lassen, wenn diese vom Vermieter geschickt werden.
Falsch! Der Vermieter kann dem Mieter unter Umständen fristlos kündigen, wenn er Modernisierungsarbeiten im Haus bzw. in der Wohnung durchführen lassen will, der Mieter den Handwerkern jedoch den Zutritt verweigert. Dafür muss er nicht automatisch vorher erst auf Zutritt zur Wohnung bzw. Duldung der Baumaßnahme klagen.
Das geht aus einem BGH-Urteil vom 15. April 2015 hervor. In diesem konkreten Fall ging es um eine Hausschwammbeseitigung. Die ersten Arbeiten duldete der Mieter anstandslos und zog während der Arbeiten in ein Hotel. Als der Vermieter wenige Monate später weitere Arbeiten ankündigte, forderte der Mieter vom Vermieter erst eine einstweilige Verfügung, bevor er die Handwerker in die Wohnung ließ. Vier Wochen später ließ derselbe Mieter die Handwerker nicht in den Keller, die dort Installationsarbeiten erledigen sollten. Daraufhin kündigte der Vermieter fristlos.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass ein derartiger Rechtsstreit über die Duldungspflicht nicht auf jeden Fall vorher geprüft werden müsse. Der Vermieter sei berechtigt, fristlos zu kündigen, wenn ihm unter diesen Umständen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Geklärt müsse aber, um welche Arbeiten es hier im Einzelnen ging und wie umfangreich und dringend sie waren, und welche Beeinträchtigungen sich hieraus für die Mieter ergaben.
Eine Feier im Monat sollte doch drin sein!
3. Eine Feier im Monat ist erlaubt.
Falsch! Kein Mieter hat ein Recht auf Party, weder einmal im Monat noch einmal im Jahr. Bei allen Feiern, dazu zählen auch Grill- und Fußballabende, müssen Mieter Rücksicht auf die Nachbarn nehmen. Das bedeutet: Nachtruhe ab 22 Uhr – vor allem draußen.
Geht’s in der Wohnung bzw. im Haus leise weiter, müssen das die Nachbarn so hinnehmen. Wenn sich der Mieter nicht an die Lautstärke-Regeln hält, können sich die Anwohner beim Vermieter beschweren, der den Ruhestörer abmahnen darf. „Kürzen die genervten Anwohner im Haus wegen fortwährender Ruhestörung die Miete, muss der lärmende Nachbar für den Mietausfall geradestehen“, sagt Ropertz.
Nächtliches Duschen fällt übrigens nicht unter Ruhestörung. Miethäuser müssen so schalldicht sein, dass der Nachbar auch beim nächtlichen Toilettengang oder Duschen nicht aus dem Bett fällt. Ist das Haus bekanntermaßen hellhörig, sollten Nachbarn aber zumindest Rücksicht nehmen. Nebenbei bemerkt: Dauerduschen zählt zu den häufigsten Streitigkeiten unter Nachbarn, wie der Deutsche Mieterbund herausfand.
4. Eine Mietminderung muss der Vermieter erstmal genehmigen.
Nein! Mieter können grundsätzlich die Miete mindern, wenn sie Schimmel in der Wohnung entdecken oder die Baustelle vor dem Fenster für Ärger sorgt. „Viele denken, sie brauchen dafür die Zustimmung des Vermieters“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Doch das ist falsch: „Nach dem Gesetz ist die Miete automatisch gemindert, wenn ein Mangel eintritt.“
Bei Schimmelpilzbefall, der die Nutzung eines Zimmers unmöglich macht, sind 20 bis 30 Prozent Mietminderung drin, bei Baulärm kann 25 Prozent der Miete einbehalten werden.
5. Der Vermieter muss alle Mieter gleich behandeln.
Muss er nicht! Wenn der eine Mieter eine Mieterhöhung aufgebrummt bekommt und der Nachbar davon verschont bleibt, ist das ärgerlich – aber rechtens. „Ein Vermieter muss nicht alle Mieter gleich behandeln“, erklärt Heilmann. „Es gibt keinen Gleichbehandlungsgrundsatz im Mietrecht.“
Der Vermieter darf zwar niemanden diskriminieren. Aber grundsätzlich ist er in seinen Entscheidungen frei. Es ist auch zulässig, einer Mietpartei die Hundehaltung zu erlauben, einer anderen aber nicht. Rechtlich beanstanden können Mieter das aus Gründen der Gleichbehandlung nicht.
Besser vor Vertragsabschluss die Wohnfläche nachmessen
6. Wenn die Maße nicht stimmen, mindert sich die Miete.
Nicht unbedingt! Wer nimmt schon auf den ersten Besichtigungstermin der Traumwohnung einen Zollstock mit? Wer nach Vertragsschluss dann aber doch mal genau nachmisst und eine Differenz zur ausgewiesenen Wohnfläche feststellt, fühlt sich schnell übergangen. Einfach die Miete zu kürzen, kann da aber schnell nach hinten losgehen.
„Das Recht auf Mietminderung unterliegt strengen Anforderungen. Es muss eine mindestens um zehn Prozent abweichende Größe vorliegen, damit eine Minderung vor Gericht standhält“, sagt der Mieterbund-Experte Ulrich Ropertz und verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. VIII ZR 133/03). Fehlen der ausgewiesenen 120-Quadratmeter-Wohnung zum Beispiel zehn Quadratmeter, liegt das nach dem Deutschen Mieterschutzbund noch im Rahmen.
Im Klartext: Der Mieter muss auch für die fehlenden zehn Quadratmeter Miete und Betriebskosten zahlen. Sogar bei einer Mieterhöhung des Vermieters muss er die erhöhte Miete für 120 Quadratmeter, inklusive der nicht existierenden zehn Quadratmeter, zahlen. Tipp des DMB: Bevor man die Unterschrift unter den Mietvertrag setzt, genau nachmessen.
7. Der Mieter ist für Schönheitsreparaturen zuständig, auch wenn er die Wohnung unrenoviert übernommen hat.
Nicht immer! Der Vermieter pocht beim Auszug auf die Schönheitsreparaturen, doch der Mieter möchte partout nicht streichen – schließlich hat er die Wohnung ja auch unrenoviert übernommen. Das allein reicht allerdings nicht, um die ungeliebten Malerarbeiten zu umgehen.
„Entscheidend ist, was im Mietvertrag steht“, erläutert Mieterbund-Experte Ulrich Ropertz. Innerhalb der normalen Fristen von drei, fünf und sieben Jahren könne der Mieter zu Schönheitsreparaturen verpflichtet werden – ob die Wohnung zu Anfang renoviert war, ist egal.
Diese Regelung gilt aber nur, wenn die vertragliche Regelung wirksam und nicht zu starr formuliert ist. Wenn der Mieter dazu angehalten ist, immer beim Auszug streichen zu müssen, ohne dass es auf den Zustand der Wohnung ankommt, ist die Klausel unwirksam. Folge: Der Mieter muss nicht streichen, wie der Bundesgerichtshof in vielen Entscheidungen klargestellt hat.
Mieter dürfen ihre Wohnung auch schwarz streichen
Unwirksam sind auch solche Vertragsklauseln, die dem Mieter vorschreiben, dass er stets beim Auszug renovieren muss oder welche Farben und Tapeten er für Renovierungsarbeiten während der Mietzeit benutzen soll. Wer seine Wohnung schwarz anstreicht, sorgt beim Besuch des Vermieters eventuell für einen Schrecken. Gegen die Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof verstößt der Mieter damit aber nicht.
Auf der sicheren Seite ist der Mieter allemal, wenn er beim Auszug dezente Farbtöne für den Wandanstrich wählt. Er muss allerdings für den Sachschaden aufkommen, wenn die knalligen Farben die Substanz der Wand zerstört haben oder die Wohnung dadurch für den Vermieter unvermittelbar wird.
Der Mieter muss vorher Bescheid geben, wenn der Partner einzieht
8. Der Partner des Mieters kann zusätzlich in die Wohnung einziehen.
Vorsicht! Irgendwann stehen viele Paare vor der Frage: Zu mir oder zu dir? „Grundsätzlich kann jeder seinen Partner in die eigene Wohnung aufnehmen“, erklärt Mietrechtsanwältin Beate Heilmann aus Berlin. „Allerdings müssen sie den Vermieter darüber informieren und sein Einverständnis einholen.“
Ablehnen kann ein Vermieter das in der Regel nicht. „Das geht nur wenigen in Ausnahmefällen, zum Beispiel, wenn die Wohnung dann überbelegt wäre“, sagt Heilmann. Mieter sollten in jedem Fall die Erlaubnis des Vermieters einholen. Geschieht das nicht, riskieren sie unter Umständen eine Kündigung. Denn in einem Fall, in dem es um Untervermietung ging, entschied der Bundesgerichtshof, dass Mieter ihre Pflichten verletzen, wenn sie nicht um Genehmigung fragen – auch wenn sie Anspruch auf Genehmigung haben (Az.: VIII ZR 74/10).
9. Der Vermieter darf Heizung und Wasser abstellen, wenn der Mieter keine Miete zahlt.
Falsch! Selbst wenn der Mieter keine Miete zahlt, darf der Vermieter Wasser und Heizung nicht einfach abstellen. Denn der Vermieter geht bei Vertragsabschluss die Verpflichtung ein, dem Mieter neben der Wohnungfläche auch die vereinbarten Nebenleistungen zur Verfügung zu stellen – zum Beispiel Heizung und Wasser. Dafür muss der Mieter Betriebskostenvorauszahlungen leisten.
Unter Umständen macht sich der Vermieter damit sogar selbst strafbar und kann wegen Nötigung verklagt werden. Allerdings darf er den Mieter fristlos kündigen, wenn dieser zum Beispiel mit zwei Monatsmieten in Verzug ist.
10. Die Miete kann nicht erhöht werden, wenn noch Schäden offen sind.
Doch, kann sie! Hat der Vermieter einen gemeldeten Schaden noch nicht beseitigt, kann er trotzdem in der Zwischenzeit die Miete erhöhen, zum Beispiel wenn um die Anpassung an den ortsüblichen Mietspiegel geht. Rein rechtlich hat das eine nämlich nichts mit dem anderen zu tun. Allerdings kann die erhöhte Miete dann wiederum angemessen gemindert werden.