Essen.
Handwerksbetriebe und Mittelständler holten bislang bei Auskunfteien Informationen über ihre Kunden ein. Seit einigen Wochen stehen die Inhaber und Geschäftsführer selbst im Visier der Wiesbadener Schufa. Für 9,50 Euro erhalten Banken und Geschäftspartner nun auch Informationen über die Bonität des Chefs.
„Kompaktauskunft“ nennt die „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“ (kurz Schufa) ihr neues Produkt, das sie nach eigenen Angaben als einzige Kreditauskunftei anbietet. „Wir haben eine ganz neue Datenbank mit allen Aktiengesellschaften, GmbHs, GbRs und sonstigen Rechtsformen aufgebaut“, erklärt Tilo Walter, Leiter des Bereichs Geschäftsentwicklung bei der Schufa.
Bislang hatte das Unternehmen ausschließlich Auskünfte über Verbraucher erteilt, die bei Banken einen Kredit aufnehmen oder eine größere Anschaffung per Ratenzahlung tätigen wollten. Nun gibt die Schufa auch Auskunft über Firmen und deren Chefs. Diese Informationen nutzen in erster Linie Banken, aber auch Geschäftspartner. So kann sich etwa ein Hygieneartikel-Lieferant bei der Schufa über einen Gastronomen erkundigen, der bei ihm Papierhandtücher bestellt hat. Für 9,50 Euro erhält er Angaben über Bankverbindungen, Handelsregister-Eintragungen und Geschäftszahlen. Zu dem Paket gehören jetzt aber auch Hinweise, ob gegen den Gastronom in den letzten drei Jahren ein Haftbefehl vorlag, ob er eine Eidesstattliche Erklärung abgeben musste, ob er Verbraucher-Insolvenz anmelden musste und ob er andere Geschäftsführer-Posten hatte oder hat.
Datenschützer: „Nichts, was uns alarmiert“
Diese Informationen erhalten auch Banken. Sie hat die Schufa in erster Linie im Blick. „Kleine Unternehmen haben es sehr schwer, an Kredite zu kommen, weil der Aufwand der Banken für die Bonitätsprüfung sehr hoch ist“, sagt Schufa-Mann Walter. Die neue Kompaktauskunft könne dazu beitragen, hohe Kredithürden abzubauen. Zumal kleine Betriebe nur selten von sich aus wirtschaftliche Zahlen veröffentlichen.
Tilo Walter verteidigt, dass nun auch Informationen und möglicherweise negative Merkmale über Geschäftsführer und Gesellschafter einer Firma preisgegeben werden: „Die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens kann je nach Betriebsgröße stark von der privaten Bonität der Entscheider und Gesellschafter abhängen.“
Datenschutzrechtliche Bedenken gegen diese Praxis gibt es offenbar nicht. „Das ist das Brot der Auskunfteien und nichts, was uns alarmiert“, sagte Ortrud Brunner-Papachristos vom Regierungspräsidium Darmstadt dieser Zeitung. Die Behörde ist für die Aufsicht der Wiesbadener Schufa zuständig. Die Beamtin teilt die Ansicht der Schufa: „Die Situation des Geschäftsführers kann sehr wichtig sein für die Bonität eines Unternehmens. Den Kreditgeber interessiert doch, dass der heutige Chef vor zwei Jahren eine Firma führte, die pleite ging. Diese Auskunft muss der Geschäftsführer hinnehmen.“
Knapp fünf Millionen Selbstständige erfasst
Für die Schufa hat sich die „Kompaktauskunft“, die es erst seit Juli gibt, wohl schon gerechnet. „Die Resonanz war sehr groß“, meint Tilo Walter. Über den Stamm von rund 5000 Vertragspartnern hinaus habe die Auskunftei in den letzten Wochen bereits „300 bis 400 neue Kunden“ hinzugewonnen. Die Schufa hat nach eigenen Angaben Informationen über 66 Millionen Menschen gespeichert. Das sind rund drei Viertel aller Bundesbürger. Die Zahl der gespeicherten Informationen gibt die Schufa für 2009 mit 462 Millionen an.
Durch die Verknüpfung von Datenbanken für Unternehmen und Privatpersonen verfügt die Schufa, wie sie selbst mitteilt, über Informationen von knapp fünf Millionen Selbstständigen, Gewerbetreibenden, Freiberuflern und allen Firmen, die in den deutschen Handelsregistern erfasst sind.