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Primark kämpft um Hemd und Hose und zwingt Kik & Co. zum Handeln

Primark setzt Platzhirsche C&A und H&M unter Druck

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Foto: WAZ FotoPool
Die Textil-Platzhirsche in Deutschland C&A und H&M geraten mächtig unter Druck. Die irische Textilkette Primark drängt mit Macht auf den deutschen Markt. In Dortmund, Essen und Gelsenkirchen ist die Kult-Kette bereits vertreten.

Essen. 

Daniel sitzt in der Regionalbahn Richtung Münster. Er kommt aus Essen, will zurück nach Haltern, Luftlinie 34 Kilometer. Vor ihm auf dem Boden steht eine große Tasche. Der 17-Jährige war einkaufen – bei Primark. Für diesen Laden ist er angereist.

„Gut aussehen, weniger zahlen“ – mit diesem Spruch wirbt die Modekette aus Irland, die seit 2009 auf den deutschen Markt drängt. Im Ruhrgebiet hat Primark zuletzt drei Filialen eröffnet: Gelsenkirchen, Essen, Dortmund. Deutschlandweit sind es sieben. Und das, so heißt es in der Branche, sei womöglich erst der Anfang. Die Iren wollen sich breitmachen, den Platzhirschen H&M oder C&A Umsatz abgraben. 2013 soll Primark auch in Düsseldorf eröffnen.

Für Textileinzelhändler ist Deutschland ein interessanter Markt. Dass sein Volumen seit 1995 um etwa neun auf 56 Milliarden Euro geschrumpft ist, spielt dabei keine Rolle. Er bleibt der größte Europas und seit fast fünf Jahren stabil. „Im Vergleich zu den Nachbarländern ist das ein Pfund“, sagt Peter Frank, Textilexperte der Handelsberatung BBE.

Zara, Jack & Jones und Orsay

Neben Primark blasen weitere ausländische Händler zum Angriff. Inditex aus Spanien mit seiner Vorzeigemarke Zara will ebenso expandieren wie die Bestseller-Gruppe aus Dänemark mit den Labels Jack & Jones oder Orsay. Sie bringen weitere Marken nach Deutschland. Auch diese kosten nicht die Welt. „Die Deutschen wollen modisch aussehen, aber nur kleines Geld dafür bezahlen“, beschreibt Tim Kreimer von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG einen Trend.

T-Shirts für drei Euro, ein Herrenanzug für 29 – einer Umfrage zufolge sind Dreiviertel der deutschen Textil-Kunden ständig auf Schnäppchenjagd. Seit 2002 haben die Discounter ihren Marktanteil von 6 auf 12 Prozent verdoppelt. Aldi, Lidl und Tchibo sind in die Liste der Top-Zehn vorgestoßen. Weil laut BBE auch das Luxussegment den Umsatz ausgebaut hat, geht die Expansion der günstigen Anbieter zulasten der Mitte. „Das klassische, inhabergeführte Fachgeschäft mit einer Verkaufsfläche von 100 bis 200 Quadratmetern hat’s schwer“, sagt Handelsberater Frank.

Reaktion auf Primark

Die Großen schauen Branchenkennern zufolge gebannt auf die Entwicklung: C&A oder Peek und Cloppenburg. Selbst H&M aus Schweden, seit 1984 in Deutschland vertreten, aktuell mit 392 Filialen, sei auf der Hut. Kein Schritt der Iren bliebe unbeobachtet.

Die Billig-Ketten KiK und Takko, die in den letzten Jahren unzählige neue Läden eröffneten, haben schon auf Primark reagiert. Sie wollen weg vom Discounter-Image. Die Optik der Geschäfte wird aufpoliert. Sie wollen günstig bleiben, aber trendig erscheinen.

Geschäft über die Masse

Laut den Handelsberatern von BBE und KPMG gibt es mehrere Gründe für den Primark-Erfolg: Preis, Neuigkeitseffekt und die Warenpräsentation auf großer Fläche mit extrem schnellen Wechseln. In den Läden wird ständig ein- und umgeräumt. Die Verantwortlichen halten regelmäßig nach, was sich wie verkauft. Und reagieren sofort.

Bei Primark – im Besitz des börsennotierten Handelsunternehmens Associated British Food – läuft das Geschäft vor allem über Masse. Schlanke Strukturen seien dabei hilfreich. Die Nordeuropazentrale in Gelsenkirchen zählt keine zehn Mitarbeiter.

100 Filialen geplant

Ob sich die Iren in Deutschland durchsetzen können, bleibe abwarten, so Experten. Spekulationen, Primark würde in den nächsten Jahren hierzulande bis zu 100 neue Filialen eröffnen, bezweifelt Peter Frank. „Primark kann nicht ruckzuck flächendeckend Läden eröffnen.“ Zwar spiele den Iren die Schwäche der Warenhäuser in die Karten, weil sie große Häuser in zentraler Lage suchten, aber auch diese gäbe es nicht wie Sand am Meer. Außerdem: „Ein paar ausländische Anbieter sind schon auf die Nase gefallen“, sagt Frank mit Blick auf „Marks & Spencer“. Das Konzept müsse stimmen, „denn die Deutschen ticken ein bisschen anders“.

Seit 2009 beobachte Primark eigenen Angaben zufolge das Kaufverhalten der Deutschen sehr genau. „Die deutschen Kunden. Wir lieben sie und sie lieben uns“, sagte die Chefin Breege O’Donoghue in einem seltenen Interview. Das klingt nicht danach, als wollten die Iren das Feld schnell wieder räumen.