Für Überweisungen auf Papier müssen Kunden künftig zahlen. Das Online-Verfahren ist für die Bank günstiger. Verbraucherschützer sind empört.
Essen.
Hunderttausende Privatkunden der Postbank müssen sich auf höhere Kosten im Zahlungsverkehr einstellen. Ab dem 1. April bittet das einstige Staatsunternehmen, das heute mehrheitlich der Deutschen Bank gehört, alle Inhaber von Girokonten zur Kasse, die ihren Zahlungsverkehr über Papierbelege und nicht per Online-Banking durchführen. Der Bonner Bankkonzern verlangt dann für jede Überweisung, alle Scheck- und Wechseleinzüge sowie die erste Dauerauftrag-Nutzung jeweils 99 Cent. Bislang waren diese Buchungsposten kostenlos – egal ob auf Papier oder online.
Verbraucherschützer gehen davon aus, dass die Postbank ihre Kunden dadurch zum Online-Banking drängen will. „Das ist für die Postbank wie für alle anderen Geldinstitute schlichtweg billiger. Zahlungsvorgänge auf Papier sind für die Banken in der Summe teuer“, sagt Finanzjurist Markus Feck von der Verbraucherzentrale NRW.
Extrakosten für Papierbelege
Betroffen sind alle Inhaber eines Postbank-Girokontos. Die Kunden werden derzeit über die Änderungen informiert – übrigens ganz herkömmlich auf Papier. Wer nicht innerhalb von zwei Monaten Widerspruch einlegt, für den erfolgt die Umstellung automatisch. Kunden, die der Änderung der Entgeltregelung widersprechen, riskieren nach Einschätzung der Verbraucherzentrale die Kündigung des Kontos durch die Postbank.
In erster Linie dürften ältere Postbank-Kunden durch die neue Regel benachteiligt sein, Kunden, die oft nicht mit dem Online-Banking vertraut sind oder die keinen Zugang zum Internet haben. Ärgerlich sind die Extrakosten für Papierbelege aber auch für viele Menschen, denen das weltweite Netz für ihre Geldschäfte zu unsicher erscheint. Ob sich die Postbank mit der Einführung der Papiergebühren einen Gefallen tut, halten Verbraucherschützer daher für zweifelhaft. Feck: „Die Postbank spielt damit allen Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit ihrem dichten Filialnetz vor Ort in die Hände.“
Die Postbank verteidigte den Aufschlag mit hohen Bearbeitungskosten und rückläufiger Nutzung. „Nur noch 3,9 Prozent aller Überweisungen bei uns werden auf Papier getätigt“, sagte ein Unternehmenssprecher unserer Redaktion. Das Giro-Konto habe sich bisher über die Einlagen finanziert, mit denen die Postbank auf dem Kapitalmarkt eine Rendite erzielt habe. Dies sei angesichts historisch niedriger Zinsen nicht mehr möglich.
Nur 3,9 Prozent aller Überweisungen auf Papier
Wenn’s ums Geld geht, war früher nicht alles besser. Aber manches einfacher. Die Welt der Banken und Geldinstitute präsentierte sich vergleichsweise überschaubar. Hier die allgegenwärtigen Sparkassen und Volksbanken, dort ein paar staatstragende Großbanken. Und mittendrin: das Postscheckamt. Ja, das gab es auch mal. Man trug sein Geld zur Bundespost, wähnte es dort sicher und konnte seine Bankgeschäfte beim Briefmarkenkauf erledigen. Oder am Briefkasten.
Mit ihrer Infrastruktur als Briefbeförderer hatte die Post gegenüber anderen Kreditinstituten einen unschätzbaren Vorteil. Geldgeschäfte per Post zu regeln, die Überweisung einfach einzutüten und die zigtausenden Briefkästen in Deutschland als Schalter benutzen zu können, die rund um die Uhr geöffnet hatten – das war eine Art Online-Banking im vordigitalen Zeitalter. Auf diesem Geschäftsmodell fußt letztlich bis heute der Erfolg der Postbank, die zu den größten bundesdeutschen Bankhäusern gehört – aber natürlich längst nicht mehr dem Staat.
5,25 Millionen Privatkunden
5,25 Millionen Privatkunden vertrauen dem Bonner Konzern ihre täglichen Bankgeschäfte an. Zahlen darüber, wie sich die Giro-Kunden in Deutschland verteilen, rückt das Unternehmen (Bilanzsumme: 155 Milliarden Euro, 15 000 Mitarbeiter) nicht heraus. Sicher aber ist: Viele von ihnen regeln ihren Geldverkehr längst vom heimischen Computer aus.
Das ist, trotz aller Sicherheitsbedenken, der kaum mehr aufzuhaltende Trend. Auch bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken ist das so. Von den rund 300 000 Kunden der Sparkasse Essen etwa kontrollieren 128 000 per PC den Kontostand. Tendenz: steigend. Bereits ein Drittel der Online-Zugriffe erfolge über mobile Endgeräte, so ein Sparkassensprecher.
Papierbelege abschaffen
Bei den Postbank-Kunden ist laut Unternehmensangaben der Zug zum Digitalen noch deutlich ausgeprägter. Knapp 4,2 Millionen Kunden haben einen Zugang zur Online-Plattform des Postbank-Girokontos, was nichts darüber aussagt, ob sie ihn auch nutzen. Aber: „Nur noch 3,9 Prozent aller Überweisungen bei uns finden über Papierbelege statt“, versichert Unternehmenssprecher Ralf Palm. Da liegt es nah, mal darüber nachzudenken, die Papierbelege gleich ganz abzuschaffen.
Die Absicht aber, Kunden ins Online-Banking drängen zu wollen, weist der Postbank-Sprecher weit von sich, spricht lieber von einem sich ändernden Kundenverhalten und von der gebotenen Wirtschaftlichkeit des Girokontos, das bei einem Monatsumsatz von 1000 Euro für den Kunden schließlich gebührenfrei bleibe.
Mit dem Geld, dass die Abermillionen Postbankkunden auf ihrem Girokonto herumliegen haben, konnte die Bank bislang spekulieren. Die Gewinne ersetzten die Kontoführungsgebühren. Diese Rechnung geht aus Sicht der Postbank wegen der anhaltenden Zinsflaute nun nicht mehr auf. So erklärt es Konzernsprecher Ralf Palm. Deshalb die neuen Extrakosten auf Papierbelege.
99 Cent pro Überweisung
Hjördis Christiansen, Bankenexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg, hat eine andere Sicht: Erst hat der Kapitalmarkt das Konto finanziert, in Zukunft werden es diejenigen Kunden sein, die ihre Überweisungsträger noch per Hand ausfüllen. Für Christiansen ist der Fall klar: „Die Postbank will ihre Kunden ins Online-Verfahren pressen.“
99 Cent pro Vorgang nimmt die Postbank also ab 1. April – für jede Überweisung, für Scheck- und Wechseleinzüge „sowie für die erstmalige Ausführung eines neu eingerichteten Dauerauftrags“, wie es in einem Schreiben an die Kunden heißt, das seit Ende Januar millionenfach verschickt wird. Ein Vorschlag, wie man die Kosten umgeht, wird gleich mitgeliefert: „Nutzen Sie einfach das bequeme Online- oder Telefon-Banking.“
Rein rechtlich haben die von dieser Zeitung befragten Experten an den neuen Geschäftsbedingungen nichts zu mäkeln. NRW-Verbraucherschützer Markus Feck hofft dennoch, dass die Postbank Kunden „jetzt mit den Füßen abstimmen. Postbank, nicht mit uns!“