Zu Ostern kommt in vielen Haushalten und Restaurants wieder Lammbraten auf den Tisch. 16.600 Tonnen Lamm wurden in Deutschland im vergangenen Jahr geschlachtet. Aber jeder Deutsche isst im Schnitt gerade einmal ein Kilogramm Lamm pro Jahr. Ein ganzes Lamm kostet 140 Euro.
Duisburg.
Riesige Schlachtstraßen, Massentierhaltung, vollgepackte Eisenkäfige. Für Schweine und Geflügel mag das in deutschen Zuchtbetrieben Alltag sein, im Schafzuchtbetrieb von Theo Stallmeister im Duisburger Stadtteil Meiderich hingegen herrscht fast noch ein Hauch von Bauernromantik.
Es ist ein kalter Morgen. Der langjährige Schafzüchter läuft mit einer riesigen Portion Heu unter den Armen durch einen Stall. Erst in der vergangenen Nacht wurde ein Lamm geboren. Lämmer, so heißen die Jungtiere der Schafe, bis sie ein Jahr alt sind und das Erwachsenenalter erreicht haben. Ganz tapsig schaut es sich um, kann kaum gerade stehen und blökt mit einem noch zierlichen, dünnen Stimmchen.
Doch Stallmeisters Lämmer sind keine Kuscheltiere. Noch ein paar Tage bleiben sie hier im Stall, zusammen mit einigen anderen jungen Lämmern und Muttertieren. Dann geht es raus auf die Wiese zur Schafherde. Die Tiere leben in der Natur, fressen Heu, Gras, Kräuter. So lange, bis das junge Lamm dann nach spätestens einem Jahr geschlachtet wird.
Hochkonjunktur in der Karwoche
Gerade in den Tagen vor Ostern kaufen viele Menschen in Deutschland Lammfleisch. Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wird in der Karwoche fast so viel Lammfleisch verkauft wie in allen anderen Wochen der Monate März und April zusammen. 16 600 Tonnen Lamm kamen im vergangenen Jahr bei deutschen Schlachtern unters Messer. Zum Vergleich: Beim Geflügel waren es über 1,4 Millionen Tonnen.
„Nicht mal ein Kilogramm Lamm isst jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr“, sagt Stefan Voll, Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Landschafzuchtverbände (VDL). Schweinefleisch zum Beispiel kommt deutlich häufiger auf den Tisch: 39 Kilogramm pro Jahr isst ein Deutscher im Durchschnitt, wie der Bundesverband der Fleischwarenindustrie berichtet.
Artgerechte Haltung
Theo Stallmeister ist stolz auf die vergleichsweise artgerechte Haltung seiner Tiere: „Wir machen es im Prinzip genau so, wie die Bio-Tierhaltung es fordert – und wie es die meisten Bürger, zumindest laut Lippenbekenntnissen, wollen.“ Stallmeisters Betrieb gehört zu den größten in Deutschland, etwa 600 Mutterschafe bevölkern seine Wiesen in Duisburg. Jedes Jahr werden 500 Lämmer geboren.
Osterbräuche„Mit Lammfleisch fremdeln viele noch“, räumt Schafzüchter Stallmeister ein. Gerade die Älteren verbänden mit Lamm immer noch den strengen Geschmack von Hammel, den ausgewachsenen männlichen Schafen.
Und wenn in Deutschland doch einmal Lamm serviert wird, stammt es oft nicht einmal aus deutscher Zucht. „Nur etwa die Hälfte des Lammfleischs, das in Deutschland gegessen wird, kommt auch aus Deutschland. Der Rest wird importiert, meist aus Großbritannien und Neuseeland. Von dort, wo die Schafzucht in deutlich größerem Stil betrieben wird“, sagt Verbandsexperte Stefan Voll. Das Lammfleisch in den Tiefkühltruhen deutscher Supermärkte sei sogar fast ausschließlich im Ausland produziert worden.
Verkauf direkt an die Verbraucher
Auch die Lämmer von Theo Stallmeister landen nicht in der Kühltruhe. Er verkauft nicht an den Handel, sondern direkt an den Verbraucher. Die meisten seiner Kunden sind Muslime. „Etwa 95 Prozent“, schätzt er. Sieben Euro zahlt der Kunde für das Kilogramm Lamm, ein ganzes Tier kostet damit etwa 140 Euro. Wie viel er an einem Tier verdient, mag Stallmeister nicht sagen. Nur soviel: „Wenig.“
Einzelne Stücke kann man bei Stallmeister nicht kaufen, nur ganze und halbe Lämmer. „Die meisten Kunden wollen nur die Keule. Auf dem Rest würde ich oft sitzen bleiben“, sagt er. Ein Problem, das auch Schafzüchter Pascal Küthe aus Siegen kennt. Küthe verkauft trotzdem auch einzelne Stücke. Wird er mal etwas schwerer los, verarbeitet er das Fleisch zu Wurst oder Hack. Am besten kann auch er die Lammkeule an den Kunden bringen: „Die ist schließlich auch ein perfekter Osterbraten.“
Theo Stallmeister sieht Ostern indes gelassen entgegen. Etwa zehn zusätzliche Tiere habe er zum Fest verkauft. Richtige Hochkonjunktur herrscht bei ihm erst wieder im Oktober. Dann ist nämlich das islamische Opferfest.