Veröffentlicht inWirtschaft

„Nur noch 1 Artikel verfügbar“: So tricksen Zalando & Co.

„Nur noch 1 Artikel verfügbar“: So tricksen Zalando & Co.

iStock_000043069988_LargeB.jpg
Zalando Montage Foto: GettyImages
Angaben zum Bestand in Online-Shops sind oft mehr psychologischer Trick denn Tatsache. Die Wettbewerbszentrale mahnt Zalando wegen „Irreführung“ ab.

Essen. 

„Heute Beliebt! Es sehen sich gerade 21 Personen dieses Hotel an.“, „Letzte Buchung: vor 15 Minuten“ und „Dieses Zimmer ist beliebt. Es sind nur noch 4 auf unserer Seite übrig.“ – all das steht in einer einzigen Anzeige des Online-Reservierungsdienstes Booking.com. Auch auf anderen Internet-Seiten sind solche Sätze Alltag – viele Reiseportale und Online-Händler nutzen Angaben, die Kunden unter Druck setzen und zu einem schnellen Kauf animieren. Wie irreführend diese sein können, zeigen Recherchen des NDR. Denn: Oft ist die Ware längst nicht so knapp, wie es die Händler vorgeben.

Beispiel Zalando: Dort konnte das Recherche-Team mehrere Kleidungsstücke fünf Mal oder sogar häufiger bestellen, obwohl der Versandhändler sie mit dem Hinweis „3 Artikel verfügbar“ ausgewiesen hatte. Beim Kunden entsteht so der Eindruck, die Ware sei knapp, obwohl noch größere Mengen vorhanden sind. „Diese Verknappungsstrategie bewirkt bei uns einen emotionalen Druck, so dass der Verstand in den Hintergrund geschoben wird“, sagt Marketing-Professor Philipp Riehm dem NDR. Also wird eher gekauft.

Wettbewerbszentrale hat Zalando abgemahnt

Zalando erklärt die Verfügbarkeitsangaben damit, „dass der Lagerbestand zwar gering ist, aber mindestens drei Artikel verfügbar sind.“ Aus technischen Gründen könne der Warenbestand nicht in Echtzeit abgebildet werden – es handele sich lediglich um einen Mindestbestand. Die Wettbewerbszentrale sieht hierin eine „Irreführung des Verbrauchers“ und hat Zalando nun abgemahnt. „Wenn Angaben zum Bestand gemacht werden, dann müssen das auch die korrekten sein“, sagt Sabine Siekmann von der Wettbewerbszentrale, einer Selbstkontroll-Institution der Wirtschaft.

Vor allem Reiseportale sind in der Vergangenheit durch ähnlich Angaben aufgefallen. So wirbt der Reiseanbieter HRS bei Hotelangeboten im Internet mit der Angabe „Nur noch ein Zimmer verfügbar“. Wie eine Stichprobe zeigt, können beim Hotel jedoch noch weitere Zimmer verfügbar sein – und das eventuell sogar zu einem günstigeren Preis.

Auch ein Oberlandesgericht hat schon entschieden

Damit ignoriert das Portal eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln. Das hatte dem Konkurrenten booking.com 2011 untersagt, Angaben über die Verfügbarkeit von Hotelzimmern zu machen, ohne zu kennzeichnen, dass sich diese nur auf das Reiseportal beziehen. Deshalb steht bei den Angeboten mittlerweile auch: „Es sind nur noch 4 auf unserer Seite übrig.“ Laut NDR will HRS bei der verbraucherunfreundlichen Praxis bleiben. Das Urteil sei für das eigene Unternehmen nicht relevant.

„Runtergezählt“ wird oft

Auch die Verbraucherzentrale NRW kennt das „Runterzählen“, durch das Verbraucher unter Entscheidungsdruck gesetzt und zum schnelleren Kauf gedrängt werden sollen. „Ebay und die Amazon-Blitzangebote sind zwei Beispiele, die so funktionieren“, sagt deren Pressesprecher Georg Tryba.

Bei Amazon wird nicht einmal die Stückzahl aller Artikel, sondern lediglich eine Prozentzahl angegeben. „Das ist nicht transparent, da man eben nicht weiß, ob mit einer Stückzahl von zwei oder von 1000 angefangen wurde und eben auch nicht, wie viele Waren noch da sind“. Er empfiehlt, „einen kühlen Kopf zu bewahren“, also nicht direkt auf das Angebot einzugehen, sondern es erst noch einem Preisvergleich zu unterziehen. Und notfalls, falls doch einem Angebot verfallen, vom 14-tägigen Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.