Düsseldorf/Münster.
Von NRW aus soll eine neue Superlotterie Deutschland und Europa erobern. Doch seit fast zwei Jahren hakt es bei der Genehmigung. Denn Suchtexperten warnen davor.
Seit fast zwei Jahren versucht der Deutsche Toto- und Lottoblock eine neue Superlotterie auf den Weg zubringen. Doch ein möglicher Start des Eurojackpots zieht sich weiter hin. Die federführende Gesellschaft West-Lotto aus Münster rechnet nun frühestens im Laufe des kommenden Jahres mit dem Startschuss, nachdem das Datum immer wieder nach hinten geschoben wurde und zuletzt noch Anfang 2011 genannt worden war.
Bei dem neuen Mega-Lotto, das in acht europäischen Ländern geplant ist, soll ein Hauptgewinn von bis zu 90 Millionen Euro winken. Neben Deutschland sind unter anderem Italien, die Niederlande und die skandinavischen Länder im Gespräch.
Allerdings zieht sich das Genehmigungsverfahren seit fast zwei Jahren hin. Im Herbst 2008 hatte West-Lotto einen Antrag beim NRW-Innenministerium gestellt. Damals rechnete man noch mit einem Start im Jahr 2009. Bislang aber fehlt das grüne Licht aus Düsseldorf, wie ein West-Lotto-Sprecher bestätigte.
FDP wollte unter Auflagen zustimmen
Über die Gründe gibt das NRW-Innenministerium offiziell nur sehr verhalten Auskunft. „Das Verfahren läuft noch“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Es werde in Abstimmung mit Suchtexperten weiter geprüft. Wie DerWesten jedoch erfuhr, wollte der damalige FDP-Innenminister Ingo Wolf sein Ja geben, allerdings unter Auflagen. Mit dem Regierungswechsel in Düsseldorf verzögert sich eine mögliche Zulassung jedoch weiter. Der neue Innenminister Ralf Jäger (SPD), der im Moment mit der Aufarbeitung der Loveparade ausgelastet ist, hat sich mit dem Eurojackpot offenbar noch nicht befasst.
Das Verfahren zieht sich aber vor allem wegen großer Bedenken von Suchtexperten schon so lange hin. Der Fachbeirat Glücksspielsucht der Länder hatte im Februar einen deutlichen Beschluss gefasst: „Der Antrag ist nicht erlaubnisfähig“. Seither arbeiten NRW und die Bundesländer, in denen auch Anträge gestellt wurden, an einer Konsenslösung. Zwar sind die Beschlüsse des Expertengremiums nicht bindend, dennoch wolle man eine Genehmigung im Einvernehmen mit dem Fachbeirat erzielen, heißt es in Hessen.
Nach DerWesten-Informationen läuft es wohl darauf hinaus, dass die Erlaubnis befristet und unter Auflagen erteilt wird. Unter anderem ist eine begleitende Suchtstudie im Gespräch, die die Folgen der Lotterie untersuchen soll.
Von einer Einigung mit dem Fachbeirat ist man damit aber immer noch weit entfernt. „Das ändert nichts an unserer Auffassung. Wir sind strikt dagegen“, stellte Professor Michael Adams, der Mitglied im Fachbeirat ist, nochmals klar.
Konsens, der keiner ist
Der Fachbeirat kritisiert vor allem die Höhe des Jackpots. Vereinfacht gesagt: Je höher der Hauptgewinn, desto größer das Sucht-Gefährdungspotenzial. Wöchentlich sollen bei Eurojackpot bis zu 10 Millionen im Jackpot sein, alle zwei Jahre bis zu 90 Millionen. Zum Vergleich: Der bislang größte Jackpot beim Spiel „6 aus 49“ betrug gerade einmal 45 Millionen Euro. „Die Höhe des Jackpots lässt die Leute irrationaler werden und ist reiner Verkaufsanreiz“, geißelt Adams das Spiel.
Die deutschen Lottogesellschaften sind unter Druck. Seit Jahren sinken die Einnahmen, Internet und Spielhallen machen ihnen zunehmend Konkurrenz. Der Eurojackpot, heißt es, soll zusätzlich 590 Millionen Euro jährlich in die Kassen spülen. Dass die Lottoerlöse im vergangenen Jahr entgegen dem jahrelangen Trend wieder stiegen, war ausgerechnet zwei Superjackpots zu verdanken. Ein Fakt, der den Befürwortern der Megalotterie in die Hände spielt.
Suchtexperte appelliert an neue Landesregierung
Mit dem Eurojackpot will der Deutsche Lotto- und Totoblock aber auch der Lotterie EuroMillions aus Frankreich etwas entgegensetzen. EuroMillions ist ein Angebot in den Ländern Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland, Luxemburg, Österreich, Portugal, Schweiz und Spanien. Bei dieser länderübergreifenden Lotterie winken sogar Jackpots in dreistelliger Millionenhöhe. Der bisherige Rekord-Jackpot betrug 183 Millionen Euro. Legal dürfen Deutsche daran nicht teilnehmen. Das illegale Glücksspiel nimmt nach Expertenaussagen allerdings zu. „Wir können die Augen ja nicht vor der Realität verschließen“, sagt ein mit den Vorgängen Vertrauter.
Für Suchtexperte Adams ist das kein Argument, Eurojackpot zuzulassen. Er fordert, dass Deutschland das Online-Glücksspiel stärker bekämpft, indem es die Zahlungsströme ins Ausland unterbindet. Seine Hoffnung setzt er zudem in die neue NRW-Landesregierung. „Solche Glücksspiele verschärfen die Situation armer Menschen. Das schlägt mit höheren Sozialausgaben zurück. Ich hoffe, dass die SPD das erkennt.“