Der Dortmunder Stromnetzbetreiber Amprion testet eine neue Technik zum Stromtransport. Sie könnte den für die Energiewende wichtigen Netzausbau beschleunigen und auf höhere Akzeptanz bei der Bevölkerung stoßen.
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Deutschlands Stromnetze sind seit der Energiewende beinahe bis zum Reißen gespannt. Der Dortmunder Übertragungsnetzbetreiber Amprion testet seit wenigen Wochen in Datteln eine Technik, die den dringend notwendigen Netzausbau beschleunigen könnte: die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung, kurz HGÜ.
Diese bietet gegenüber dem klassischen Drehstromsystem einige Vorteile: Mit ihr kann die doppelte Menge an Strom transportiert werden, es gibt keine Leistungsverluste – und sie lässt den Strom einfacher in zwei Richtungen fließen. Der letzte Aspekt spielt eine wichtige Rolle in der zukünftigen Energiewelt. Windstrom aus Norddeutschland kann in großen Mengen nach Süddeutschland transportiert werden, bei hoher Sonneneinstrahlung kann Photovoltaikstrom massenhaft gen Norden geschickt werden.
Vielversprechende Feldversuche, aber hohe Kosten
Doch die Tests, die Amprion in Kooperation mit dem Netzbetreiber TransnetBW und dem Lehrstuhl für Hochspannungstechnik der TU Dortmund auf einer 2400 Meter langen Versuchsstrecke durchführt, gehen einen Schritt weiter: Die HGÜ-Leitungen sollen auf bereits bestehenden herkömmlichen 380-KV-Leitungen montiert und regelrecht „Huckepack“ genommen werden. Die Feldversuche sollen zeigen, ob beide Systeme störungsfrei parallel arbeiten. „Die bisherigen Ergebnisse des Pilotprojekts sind positiv“, sagt Amprion-Geschäftsführer Klaus Kleinekorte. „Da die HGÜ-Technik schnell zu installieren ist, könnte sie zu einem beschleunigten Netzausbau beitragen.“
Doch die Kosten für die HGÜ sind beträchtlich, der Gleichstrom muss umgewandelt werden, um ihn weiterzuverteilen. Diese Konverter kosten laut Amprion 300 Millionen Euro pro Stück. So wird sich die Frage stellen, ob beim Netzausbau Tempo oder Kosten im Vordergrund stehen.
Strecke vom Ruhrgebiet in den Raum Stuttgart geplant
Nach der vielversprechenden Testphase planen Amprion und TransnetBW bereits die erste HGÜ-Leitung. Sie soll aus dem Ruhrgebiet über 430 Kilometer in den Raum Stuttgart führen und zum großen Teil vorhandene Stromtrassen nutzen. Vorteil: schnellere Genehmigungsverfahren und höhere Akzeptanz in der Bevölkerung.
Möglicher Zeitpunkt der Inbetriebnahme könnte das Jahr 2017 sein. Dann geht im Zuge des Atomausstiegs Block 2 des bayrischen Kernkraftwerks Grundremmingen vom Netz, 2019 wird Philippsburg heruntergefahren.
Auch wenn die neue Technik zum Einsatz kommt: Für die Energiewende müssen auch komplett neue Stromtrassen gebaut werden.