Die Politik will den Flughafen Essen/Mülheim schließen. Die ansässigen Unternehmen sehen dadurch 150 Arbeitsplätze in Gefahr und beklagen die anhaltende Unsicherheit.
Essen/Mülheim.
Nach der Industrie- und Handelskammer und dem Unternehmerverband warnen nun auch die ansässigen Firmen vor der Schließung des Flughafens Essen/Mülheim. Die Flugschulen und Luftfahrtunternehmen sehen keine Chance, auf andere Airports in NRW auszuweichen und halten ihre 150 Stellen für gefährdet.
„Andere Bundesländer reißen sich um die Landegebühren, die wir in Essen/Mülheim bezahlen“, sagt Christian Käufer, Geschäftsführer der TFC GmbH in Essen. Mit 35 festangestellten und rund 400 freiberuflichen Fluglehrern bildet er jährlich bis zu 140 Piloten aus und schult 50 Luftfahrzeugführer auf andere Maschinentypen um. Die TFC arbeitet für mehrere renommierte Airlines. Die Ausbildung findet an Simulatoren in Essen-Kupferdreh und in ein- und zweimotorigen Flugzeugen am Flughafen Essen/Mülheim statt.
Zwei Schulen bilden Piloten aus
Neben Verkehrspiloten bildet auch die FFL GmbH Privatpiloten und Fluglehrer aus. Nach der Lufthansa ist sie die älteste Flugschule in Deutschland. Bis zu 100 angehende Piloten absolvieren bei der FFL pro Jahr ihre Ausbildung. Die zwölf Flugzeuge werden auch für Geschäftsreisen verchartert.
Beide Unternehmen stellen ihre Flieger in den beiden Flugzeughallen der WDL-Gruppe unter. Die Vermietung ist aber nur ein Standbein des Unternehmens. Von Essen/Mülheim aus betreibt die WDL das Luftschiff, das beim Pfingststurm Ela im vergangenen Jahr zerstört wurde. Ab Juli soll ein neues fliegen. „Demnächst bekommen wir die Hülle, dann beginnen die Tests“, kündigt WDL-Geschäftsführerin Barbara Majerus an. Dritter Geschäftsbereich sind Passagierflüge mit Chartermaschinen, die in Köln/Bonn stationiert sind. Zum Kundenkreis der WDL gehören Air Berlin, Germanwings, aber auch Fußball-Bundesligavereine wie Borussia Dortmund.
„Ein rundes System“
Den Flughafen nutzen darüber hinaus der Aeroclub mit 280 Mitgliedern, der Luftfahrtverein Essen, das Luftfahrt- und Marineelektronik-Unternehmen Airmarin GmbH, die Flugzeugwerft Claassen sowie der Unternehmer Lothar Steinbiß, dessen Firma Air Albatros in der Saison Rundflüge mit der Antonov „Roter Baron“ anbietet, die Star Wings aus Dortmund, die unter anderem Organtransporte organisiert und die Aveo Air Service mit ihrer Hubschrauber-Flotte. Deren Rundflüge sind auch bei den alteingesessenen Unternehmern am Flughafen Essen/Mülheim umstritten, weil sie viel Lärm produzieren.
„Ein rundes System“ nennt Christian Käufer die Zusammenarbeit der Unternehmen untereinander, die das Netzwerk „Wir sind Flughafen“ gegründet haben und sich zunehmend von den drei Gesellschaftern des Airports allein gelassen fühlen. Die Städte Essen und Mülheim haben ebenso wie das Land NRW beschlossen, den Flughafen zu schließen. Die Landesregierung ist inzwischen aus der Flughafen-Gesellschaft ausgestiegen.
„Auch die Banken fragen nach“
Doch den formalen Schließungs-Beschlüssen folgten bislang keine Taten. „Mit uns hat niemand gesprochen. Wir lesen davon immer nur in der Zeitung“, klagt FFL-Geschäftsführer Ulrich Langenecker. „Wir haben uns zusammengeschlossen, damit die Öffentlichkeit überhaupt einmal erfährt, dass unsere Existenzen und unser Herzblut an dem Flughafen hängen“, meint WDL-Geschäftsführerin Barbara Majerus. Der Schwebezustand mache sich inzwischen auch im täglichen Geschäft bemerkbar. Langenecker: „Unsere Kunden sind verunsichert, weil sie nicht wissen, ob sie ihre Ausbildung bei uns zu Ende führen können. Und inzwischen fragen auch die Banken nach. Aber die Politik nimmt uns nicht wahr.“