Probleme in China der ganz eigenen Art hat die Tochter des heimischen Sanitärarmaturenherstellers Grohe (Hemer), Joyou. Das Unternehmen ist pleite; jetzt ist völlig unklar, was mit den 4000 Mitarbeitern am Standort in der chinesischen Großstadt Nan’an ist: Weder Grohe noch der Insolvenzverwalter in Deutschland wissen, ob die Frauen und Männer noch Geld bekommen – und ob sie überhaupt noch arbeiten. China ist weit weg.
Hemer/Düsseldorf.
China ist weit weg. Wohl zu weit, um genau in Erfahrung bringen zu können, was eigentlich gerade in der Stadt Nan’an passiert. 1,5 Millionen Menschen leben dort, gut 4000 von ihnen arbeiten für die Firma Joyou, seit 2011 Tochter des heimischen Sanitärarmaturenherstellers Grohe. Arbeiten sie wirklich noch? Joyou ist pleite – und weder Grohe noch der Insolvenzverwalter Marc Odebrecht wissen, ob die Männer und Frauen in den Joyou-Fabriken noch Geld bekommen.
Aktienwert tendiert gegen Null
Es gab Zeiten, da hat Joyou Grohe richtig viel Freude gemacht. Mit satten Umsatzsteigerungen und schönen Gewinnen. Leider fiel dann auf, dass die beiden Firmengründer, Jianshe Cai und sein Sohn Jilin, mutmaßlich die Bilanzen gefälscht hatten. Es geht um 260 Millionen US-Dollar. Der Schaden trifft nicht Grohe, sondern den japanischen Baukonzern Lixil, der Grohe vor zwei Jahren für gut drei Milliarden Euro übernommen hat. Das ist Globalisierung.
Jetzt ist Joyou also pleite, der Aktienwert tendiert gegen Null. Und Marc Odebrecht aus der renommierten Hamburger Anwaltskanzlei Görg muss die Scherben zusammenfegen, besser gesagt: das Geld zusammensuchen.
Das ist auch für den erfahrenen Insolvenzverwalter ein ungewöhnlicher Job. Joyou hat in Deutschland keinen einzigen Mitarbeiter mehr; zuletzt verlor auch der noch nicht einmal fest angestellte Pressesprecher seinen Auftrag. Trotzdem hat das Unternehmen seinen Sitz in Hamburg und wird an der deutschen Börse notiert.
Was in China zu holen ist, weiß Odebrecht noch nicht; er sichtet Unterlagen. Gegen die Familie Cai werde ermittelt, ob sie über genug Geld verfüge, könne er nicht sagen. 260 Millionen Dollar dürften es nicht sein. Ein Gerichtsverfahren zur Durchsetzung der Ansprüche sei wahrscheinlich. Am Ende werde wohl die so genannte D&O-Versicherung zahlen. Sie kommt für Managementfehler auf.
Das ganze Verfahren werde sich aber hinziehen, vermutet Odebrecht. „Das werden schnell mal fünf bis sechs Jahre. Auf eine schnelle Zahlung kann man nicht hoffen.“ Wie mal eben „in einem hochprofessionellen Umfeld“ 260 Millionen Dollar verschwinden konnten, kann auch Odebrecht nicht erklären. Er vermutet strafrechtlich relevante Vorgänge.
Keine Auswirkungen auf Grohe
Grohe betont, Joyou sei ein eigenständiges Unternehmen. Die Pleite habe keine direkten finanziellen Auswirkungen auf den Sanitärarmaturenhersteller aus dem Sauerland. Das stimmt. Die Verluste verbucht Lixil. Das außerplanmäßige Minus von 260 Millionen US-Dollar haben die Japaner schon in ihre letzte Quartalsbilanz aufgenommen. Der Baugigant kann das verschmerzen; er und seine zahlreichen Tochterunternehmen machen einen Jahresumsatz von mehr als zehn Milliarden Euro.
Die Joyou-Mitarbeiter in Nan’an haben davon allerdings wahrscheinlich nichts. Aber China ist ja weit weg. Globalisierung halt.