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Je mehr die ohnehin historisch niedrigen Zinsen sinken, desto interessanter erscheinen Lockangebote für Neukunden beim Tagesgeld. Weil die offerierten Zinssätze jenseits der 1,5-Prozent-Marke aber oft nur für bestimmte Beträge und einen bestimmten Zeitraum gelten, müssten die Gelder eigentlich alle paar Monate neu angelegt werden. Dass es auch ohne dieses „Zinshopping“ geht, zeigt eine Langzeit-Auswertung des Düsseldorfer Finanzexperten Udo Keßler. Demnach gibt es Banken, bei denen auch auf Dauer geparktes Geld inflationsbereinigt noch gute Zinsen abwirft.
Nach Keßlers Hochrechnungen liegen derzeit in Deutschland rund 400 Milliarden Euro auf Tagesgeld-Konten. Aktuell gleichen die Zinsen gerade bei den großen Filialbanken nicht einmal die Inflation aus, die Guthaben verlieren somit an Wert. Im untersuchten Zehn-Jahres-Zeitraum gibt es laut der FMH-Finanzberatung sechs Banken, die ihren Stammkunden in jedem einzelnen Jahr überdurchschnittliche Zinsen auf Tagesgeld zahlten.
Keßler hat die Zinsen bei Einlagen von 10 000 Euro errechnet. Das Geld wurde Anfang 2003 überwiesen und bis Ende 2012 nicht angerührt. Ergebnis: Aus den 10 000 Euro wurden auf den vier besten Konten 12 494 bis 12 843 Euro. Abzüglich der Inflation von 17,8 Prozent im Untersuchungszeitraum blieben bei den Top-Anbietern immerhin 606 bis 902 Euro realer Zinsgewinn übrig. Der Testsieger, die 1822direkt der Frankfurter Sparkasse, lag damit 803 Euro über dem Durchschnitt. Daneben lagen noch die ING-Diba, Santander Consumer Bank, SKB Bank sowie die Mercedes-Benz- und die VW-Bank dauerhaft über dem Durchschnittszins. Es lohnt sich demnach, nicht nur auf die aktuell bestdotierten, sondern auch auf die zinsstabilsten Tagesgeldkonten zu schauen, wenn man keine Lust auf ständige Bankenwechsel hat.
Nicht blenden lassen
Allerdings kann sich ein bankinterner Kontenübertrag durchaus lohnen. So hätte bei der Santander Consumer Bank ein einmaliger Wechsel auf ein im April 2003 neu eingeführtes Konto fast tausend Euro mehr Zinsen eingebracht.
Auch die Verbraucherzentrale NRW rät, sich nicht von sehr hohen Zinssätzen blenden zu lassen. „Oft sind diese hohen Zinsen mit bestimmten Bedingungen verknüpft“, warnt Expertin Annabel Oelmann. Kunden müssten dann beispielsweise ein Depot bei der Bank einrichten. „Das muss nicht schlecht sein, aber Verbraucher sollten den Nutzen genau abwägen“, so Oelmann.
Beliebt sei ebenfalls, dass nur ein Maximalbetrag zu dem sehr guten Satz verzinst wird, darüber hinausgehende Beträge nicht mehr. Auch werde oft die Laufzeit beispielsweise auf sechs Monate begrenzt. Gut hinschauen sollte man auch, wenn der satte Zins mit der Auflage verknüpft sei, das Girokonto zur Bank mitzunehmen. Dann müsse man prüfen, ob und wie lange das Konto kostenfrei und wie hoch die Abhebungsgebühren am EC-Automat seien. Und: Manchmal ist auch die Hotline der Bank gebührenpflichtig.
Zudem müsse darauf geachtet werden, in welcher Einlagensicherung die Bank für den möglichen Fall einer Pleite sei. „So gut wie alle Banken, die man bei Vergleichsportalen im Internet findet, sind aber in der deutschen, europäischen oder französischen Einlagenversicherung“, sagt Oelmann. Bei einer ausländischen Bank, etwa aus Großbritannien, könne es zudem sein, dass die Amtssprache bei Streitfällen nicht Deutsch sei.
Und noch ein Tipp: „Verbraucher sollten nicht allein wegen eines Startguthabens etwa von 50 oder 100 Euro ihr Geld bei einer bestimmten Bank anlegen, sondern immer den Zinsertrag ins Verhältnis setzen“, meint die Finanzexpertin.