Noch immer müssen deutsche Verbraucher fürchten, dass die Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit mit fragwürdigen Methoden zustande kommt. So soll etwa die Bertelsmann-Tochter Infoscore Consumer Data GmbH veraltete Daten nutzen, um Bonitätsaussagen zu treffen.
Essen.
Maria P. (Name geändert) brauchte eine neue Zahnfüllung. Keine aus Amalgam, sondern aus Keramik. Die zahlt die Kasse nicht komplett, Maria P. hätte zuzahlen müssen. Nachdem er ein Angebot erstellt hatte, bat sie der Zahnarzt, den Eigenanteil noch vor der Behandlung zu begleichen. Weil ihre Kreditwürdigkeit zu wünschen übrig lasse. Kein Einzelfall, wie auch Recherchen des Magazins NDR Info ergaben.
Maria P. verstand die Welt nicht mehr: „Ich kam mir vor wie ein Verbrecher.“ Schon seit Jahren war sie bei dem Kamener Zahnarzt in Behandlung, nie wollte er Geld im voraus sehen, immer hatte sie Zuzahlungen prompt beglichen. Sie hakte nach. Der für die Buchführung der Praxis zuständige neue Dienstleister hatte eine Kreditauskunft bei der Auskunftei Arvato Infoscore eingeholt. Das Unternehmen entschied aufgrund der ihm vorliegenden Informationen, dass Maria P. nicht ausreichend kreditwürdig sei.
Recht auf kostenlose Selbstauskunft
Maria P. machte Gebrauch von ihrem Recht auf kostenlose Selbstauskunft. Und bekam von der Infoscore Consumer Data GmbH (ICD), eine Tochter des Medienunternehmens Bertelsmann, einen Auszug aus deren Datenbank. Die Firma hatte außer ihrem Namen, dem Alter, Geschlecht und Wohnort keine Daten vorzuweisen. Also hakte Maria P. bei der Konkurrenz nach und forderte bei der Schufa ebenfalls eine Auskunft an. Dort war alles in bester Ordnung.
Kein Einzelfall: Das Magazin NDR Info berichtet, dass ICD trotz mangelhafter oder veralteter Datenlage Kunden als zahlungsunwürdig einstufte. Schuld an der schlechten Einstufung ist das sogenannte Scoring, ein mathematisches Verfahren zur Errechnung der Bonität. Dafür werden auch Schätzungen herangezogen. „Wird im Rahmen einer Bonitätsanfrage das Geburtsdatum der Person nicht mit übermittelt, wird eine Altersgruppenzuordnung auf Basis des Vornamens vorgenommen“, erklärt ICD in einer Stellungnahme. Die Zuordnung basiere auf umfangreichen Analysen. Wie diese allerdings genau funktionieren, darüber schweigt sich die Auskunftei aus.
Aufsichtsbehörde kritisiert mangelnde Transparenz
Jörg Klingbeil, der für Arvato Infoscore mit Sitz in Baden-Baden zuständige Landesdatenschutzbeauftragte, wirft dem Unternehmen vor, mit veralteten Daten zu arbeiten. Das Unternehmen zeige zu wenig Transparenz gegenüber seiner Behörde, so Klingbeil. Wenn Infoscore seine Datensätze künftig nicht regelmäßig erneuere, werde die Aufsichtsbehörde „die Daumenschrauben noch etwas anziehen“, sagte der Datenschützer dem NDR.
Verbraucher haben das verbriefte Recht, persönliche Eintragungen bei Auskunfteien wie ICD, der Schufa oder Creditreform einmal im Jahr kostenlos abzufragen und fehlerhafte Einträge korrigieren zu lassen. „Davon sollten Sie auch regelmäßig Gebrauch machen“, rät Frank Lackmann, Referent für Kredite und Entschuldung bei der Verbraucherzentrale NRW. „Das kostet 2,20 Euro Porto und eine halbe Stunde Arbeit.“ Gut investierte Zeit, findet Lackmann.