Konzernchef Peter Terium hat die Einsparziele für den Essener Energiekonzern RWE erneut erhöht. Die Konzernkrise bedroht gerade in NRW Arbeitsplätze.
Essen.
Der Essener Energiekonzerns RWE plant weiteren Stellenabbau. RWE werde in Zukunft „weniger Mitarbeiter beschäftigen“, sagte Vorstandschef Peter Terium bei der Präsentation der Bilanz für das vergangene Jahr. Die Lage bleibe schwierig, auch weiterhin sei „finanzielle Disziplin“ erforderlich. Nach Teriums Einschätzung wäre es „verfrüht zu sagen, wir seien aus dem Gröbsten raus“.
Zu schaffen macht dem Konzern insbesondere die Krise der Gas-, Braun- und Steinkohlekraftwerke. RWE ist bundesweit der größte Betreiber konventioneller Kraftwerke. Doch inzwischen seien 35 bis 45 Prozent dieser Anlagen in den roten Zahlen. „Bei diesen Kraftwerken legen wir echtes Geld drauf“, sagte Terium.
Für das laufende Geschäftsjahr rechnet RWE mit schrumpfenden Gewinnen. Das „Tal der Tränen“ sei „noch nicht durchschritten“, räumt der Konzernchef ein. Unter dem Strich konnte RWE im vergangenen Jahr zwar einen Gewinn in Höhe von 1,7 Milliarden Euro verbuchen, nachdem 2013 wegen hoher Abschreibungen auf Kraftwerke ein Verlust von 2,8 Milliarden Euro angefallen war.
Terium verschärft Sparkurs bei RWE
Doch Teriums Ausblick für das wichtiges Kraftwerksgeschäft fällt ernüchternd aus: „Zurzeit wird es von Tag zu Tag schwieriger, ein Gas- oder ein Steinkohlekraftwerk wirtschaftlich am Leben zu erhalten.“ Einen längerfristigen Ausblick für die Gewinnziele des Konzerns traut sich das Management angesichts der Unsicherheiten in der Energiebranche nicht zu.
Einmal mehr verschärft Terium nun den Sparkurs bei RWE. Bis 2017 soll der Konzern nun verglichen mit dem Startjahr 2012 die Kosten um zwei Milliarden Euro drücken. Bislang lag die Vorgabe bei 1,5 Milliarden Euro.
Stellenabbau bei RWE geht weiter
Die Kraftwerkskrise hinterlässt Spuren in den Belegschaft von RWE. Allein im vergangenen Geschäftsjahr fiel die Zahl der Mitarbeiter durch Stellenabbau und den Verkauf von Unternehmen um gut 5100 auf knapp 59.800. Die Planungen für die nächsten drei Jahren sehen einen weiteren Rückgang auf 58.200 Beschäftigte vor, erläuterte RWE-Personalvorstand Uwe Tigges. Der Standort NRW sei insbesondere in der Konzernsparte der konventionellen Stromerzeugung betroffen. Allein in diesem Bereich sollen 850 weitere Arbeitsplätze wegfallen, im vergangenen Jahr seien es bereits rund 1500 Stellen gewesen.
Auch in den RWE-Verwaltungen sollen Stellen wegfallen, hieß es. Genaue Zahlen hierzu veröffentlichte das Unternehmen nicht. Allein in Essen beschäftigt der Energieversorger 4190 Mitarbeiter, in Dortmund sind es 1745 Beschäftigte.
Wirbel um RWE-Aufsichtsrat
Teriums Vertrag war vor wenigen Tagen bis zum Jahr 2021 verlängert worden. Seine Gesamtvergütung für das Jahr 2014 wird im Geschäftsbericht mit rund 6,2 Millionen Euro beziffert – nach 4,9 Millionen Euro im Vorjahr. Terium betonte indes, die tatsächlich ausgezahlte Summe liege auf Vorjahresniveau.
RWE-Aufsichtsratschef Manfred Schneider muss sich unterdessen laut „Manager Magazin“ einen neuen Kandidaten für seine Nachfolge suchen. Der frühere Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel steht für diese Aufgabe bei RWE nicht mehr zur Verfügung. Das habe Keitel in einem Brief an Schneider mitgeteilt.
Spekulationen zu einem größeren Konzernumbau wies Vorstandschef Terium zurück. Den in diesem Zusammenhang erwähnten Begriff „Stammhauskonzept“ bezeichnete er als falsch. Geplant sei allerdings, die Firmenstrukturen im Konzernverbund zu vereinfachen. „Wir bereinigen unter der Überschrift interner Bürokratieabbau die Anzahl der Gesellschaften“, erklärte Terium. Das habe aber keine direkten Auswirkungen auf Mitarbeiterzahlen und Standorte.
„Der Letzte macht das Licht aus? Nicht mit uns“
Anders als der Düsseldorfer Konkurrent Eon, der seine eigene Aufspaltung plant, will RWE am klassischen Geschäftsmodell festhalten. Als Marktführer bei konventionellen Kraftwerken in Deutschland gebe es auch eine Verpflichtung für den Industriestandort Deutschland, betonte Terium: „Der Letzte macht das Licht aus? Nicht mit uns: Wir sorgen dafür, dass das Licht an bleibt.“
Weitere Kraftwerks-Stilllegungen seien indes möglich, sagte Konzernvorstand Rolf Martin Schmitz. Er bestätigte Pläne, stillgelegte Anlagen ins Ausland verkaufen zu wollen. Es seien schließlich in der Vergangenheit auch ganze Kokereien im Ruhrgebiet abgebaut, ins Ausland verschifft und dort wieder aufgebaut worden. „Das ist ein völlig normales Geschäft. Bei Kraftwerken gibt es das auch.“
Als Geschäfte mit Wachstumspotenzial hat Terium die Bereiche Vertrieb, Netze und erneuerbare Energien identifiziert. Generell gelte aber ein Gedanke, wie er schon in der Bibel formuliert sei: „Man muss zunächst säen, bevor man ernten kann.“
Kommunale RWE-Aktionäre machen Druck
Die kommunalen RWE-Aktionäre, die mit rund 24 Prozent am Unternehmen beteiligt sind, machen allerdings Druck. Ernst Gerlach, der Geschäftsführer des Verbands der kommunalen RWE-Aktionäre (VkA), forderte den RWE-Vorstand dazu auf, die Geschäftsfelder der Zukunft mit mittelfristigen Planungszahlen zu unterfüttern. „Erst dann sehen wir, ob Träume zerplatzen oder reifen“, sagte Gerlach dieser Zeitung. „Die Kämmerer in den Städten brauchen möglichst viel Planungssicherheit.“ Denn es führe auch bei den Bürgern zu Unmut, wenn es zu kurzfristigen Einnahmeausfällen mit entsprechenden Kürzungen in den Kommunen komme.
In der Vergangenheit war gelegentlich von Spannungen im Verhältnis von RWE zu den Kommunen die Rede. Konzernchef Terium sagte, es sei wie bei jeder Partnerschaft: „Man liebt sich, und man kabbelt sich gelegentlich mal. Das ist bei uns mit den Kommunen nicht anders.“