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Discounter rüsten auf

Die Discounter rüsten auf

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Foto: WAZ FotoPool
Verbraucher kaufen Lebensmittel nicht nur wegen des günstigen Preises, sie achten auch auf Qualität und wollen ein Einkaufserlebnis. Als letzter Discounter rüstet Aldi Nord deshalb nun seine Filialen auf. Der Vorzeige-Laden steht in Castrop-Rauxel.

Castrop-Rauxel. 

Karl und Theo Albrecht haben sich die Welt aufgeteilt. Die Ruhr ist die Grenze für Aldi Nord und Aldi Süd. Das Süd-Nord-Gefälle kann täglich in den Filialen des Discounters besichtigt werden. Während sich die Läden im Süden längst einer Modernisierungskur unterzogen haben, ist der Norden düsteres Entwicklungsgebiet. Doch das soll sich ändern: Aldi Nord will kräftig investieren – von bis zu drei Milliarden Euro ist die Rede. In Castrop-Rauxel steht bereits der Markt der Zukunft.

An dem Kreisverkehr liegen ein Baumarkt, ein Media Markt und an der Ausfahrt Wartburgstraße der neue Aldi. Die Fassade aus Glas und Aluminium, die blaue Lichtreklame hell leuchtend. Die Parkplätze sind großzügig geschnitten. Selbst die Einkaufswagen stehen unter Glas. Sie lassen sich schieben, als hätten sie Servolenkung. Und sogar an einen Halter für den Einkaufszettel ist gedacht.

Die automatische Tür öffnet sich und der Kunde steht in der neuen Aldi-Nord-Welt. Der Laden der Zukunft ist heller, freundlicher und aufgeräumter. Symbolbilder erleichtern die Suche nach Produktgruppen. Das vergrößerte Weinsortiment sticht ins Auge. Bis auf Nutella und Haribo gibt es nur wenige Markenwaren, dafür aber ein edles Olivenöl und Wildschweinsalami.

Mehr Markenartikel

Bei der Eröffnung des Vorzeigemarkts in Castrop-Rauxel im März kündigte Reinhard Giese, Geschäftsführer der Regionalgesellschaft Aldi GmbH & Co. KG in Datteln, an, dass es in der Filiale der Zukunft das bisherige Sortiment „aufgestockt mit dem einen oder anderen Markenartikel“ geben werde.

Mit dieser Neuausrichtung zieht Aldi Nord mit einigen Jahren Verzögerung mit der Süd-Schwester und den wichtigsten Wettbewerbern wie Netto, Lidl und Penny gleich. Denn die Leute kommen längst nicht mehr allein wegen des vermeintlich niedrigen Preises in den Laden. „Die Kunden achten verstärkt auf Qualität“, sagt Boris Hedde, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung in Köln.

Verbrauchermärkte ganz oben

Bei Tests von Verbraucherschutzorganisationen schneiden die Aldi-Produkte oft gut oder sehr gut ab. Das bestätigt auch der Index des Kölner Handelsinstituts. Im 2. Halbjahr 2011 schaffte es Aldi als einziger Discounter unter die Top 10 der deutschen Lebensmittelhändler. Bei einem Preis- und Servicetest des Instituts für Service-Qualität belegten die Verbrauchermärkte Kaufland, Real und Marktkauf die ersten Plätze. Auf Platz vier landete Netto, gefolgt von Penny und Lidl.

Doch um ihren guten Ruf und ihre Position in dem erbitterten Wettbewerb müssen die Lebensmittel-Anbieter täglich kämpfen. „Die Ansprüche der Kunden steigen. Sie wollen niedrige Preise und eine angenehme Einkaufsatmosphäre“, sagt Expertin Susanne Eichholz-Klein vom Institut für Handelsforschung. Der letzte Discounter alter Schule, der aus Kartons verkauft, war Aldi Nord.

Auch Supermärkte modernisieren

„Dieser Aufwärtsspirale kann sich niemand entziehen“, erklärt Eichholz-Klein. Die Schlecker-Drogerien und die Praktiker-Baumärkte etwa, die dem Trend zu mehr Wertigkeit zu spät folgten, bekamen für ihre zögerliche Weiterentwicklung die Quittung. Auch die Supermärkte mit ihren größeren Sortimenten haben optisch aufgerüstet. Paradebeispiele der Region sind Edeka Urbich in Herne oder Kaiser’s in Kettwig.

Edeka, Rewe oder Kaiser’s/Tengelmann sind die Gewinner der letzten Jahre. Der Grund: Nachdem die Discounter wie Pilze aus dem Boden geschossen waren, ist die Flächenexpansion beendet. 2009 brach ihr Umsatz erstmals um 1,6 Prozent ein. Seither liegen die jährlichen Zuwachsraten gerade einmal bei einem Prozent. Der Marktanteil der Discounter stagniert bei 43 Prozent. Den Höhepunkt hatten sie 2008 mit 44,5 Prozent. Verbraucher- und Drogeriemärkte legten stattdessen zu.

Was andere Discounter planen

Netto Marken Discount testet in seinem Pilotmarkt in Verden (Niedersachsen) auf 1000 Quadratmetern niedrigere Regale mit vertieften Flächen, um die Überschaubarkeit des Ladens zu verbessern. Ein Kassenleitsystem soll die Wartezeiten verringern.

Penny führte als erster Discounter in Deutschland führte Produkte unter eigenem Namen ein. Das Sortiment der Qualitätsmarke soll bis Ende 2013 einige hundert Artikel umfassen. Premiummarken gab es bislang nur bei Vollsortimentern.

Lidl hat bis Ende 2011 knapp 100 Filialen eines neuen energiesparenden Typs eröffnet. Laut Lidl-Manager Ludger Stahl werden diese Läden allein mit Abwärme der Kühlmöbel beheizt und haben einen um 30 Prozent verringerten CO2-Ausstoß.