Bochum.
Die Bochumer Softwareschmiede G Data hat sich von einer Studentenfirma zur Branchengröße entwickelt.
Wenn Dirk Hochstrate die wachsenden Gefahren im Internet demonstrieren will, aktiviert er einen Bildschirm, auf dem eine Weltkugel zu sehen ist. Unter dem Globus befindet sich ein Laufband, das permanent die Namen von Computerviren oder infizierten Internetseiten zeigt. Alle 20 Sekunden tauche ein neuer Schädling auf, berichtet Hochstrate, der als Vorstandsmitglied der Softwareschmiede G Data ein professioneller Virenjäger ist. „Die Angriffsmethoden werden immer intelligenter“, sagt er. „Wir müssen uns dagegen rüsten.“
Zunehmend versuchen Datendiebe, Banknummern und Kennwörter auszuspähen, um Konten zu plündern. Gleichzeitig wächst eine Branche, der auch G Data angehört: das Wachgewerbe fürs Internet. Das Unternehmen aus dem Ruhrgebiet nimmt für sich in Anspruch, 1987 das weltweit erste Virenschutzprogramm entwickelt zu haben. „Die erste Anti-Viren-Software der Welt stammt nicht aus den USA, sondern aus Bochum“, betont Hochstrate. Die Geschichte der Firmengründung wird so erzählt: 1985 haben die Informatikstudenten Kai Figge und der mittlerweile verstorbene Frank Kühn auf der Hannover Messe den legendären Atari-Rechner gesehen. In ihrer Begeisterung tüftelten sie an ersten Programmen für den Computer. Seitdem hat sich G Data von einer kleinen Studentenfirma in ein global agierendes Unternehmen entwickelt.
Allein in den vergangenen drei Jahren habe sich die Zahl der Arbeitsplätze auf rund 300 verdoppelt, berichtet G Data-Manager Hochstrate. Im Laufe dieses Jahres habe das Unternehmen bereits 30 neue Beschäftigte eingestellt. „Unser Ziel ist es, in diesem Jahr knapp 100 Mitarbeiter zu gewinnen“, sagt er. „Wir schaffen Arbeitsplätze am Standort Bochum.“
Das Revier sei bestens geeignet als Plattform für eine weitere Expansion. „Das Ruhrgebiet ist der stärkste Standort für IT-Sicherheit in Europa“, erklärt Hochstrate. Er verweist unter anderem auf die Universitäten und Fachhochschulen in Bochum, Gelsenkirchen sowie Dortmund. Gemeinsame Forschungsprojekte seien für G Data wichtig. Zahlreiche Absolventen der Revier-Hochschulen hätten mittlerweile in der Softwareschmiede einen Job gefunden. „Wir kämen nicht auf die Idee, wie Nokia nach Rumänien zu gehen“, betont Hochstrate. Die große Nähe von Wissenschaft und Wirtschaft gilt auch als Grund dafür, dass der Blackberry-Hersteller RIM auf einen Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zur Ruhr-Uni Bochum setzt.
Die wichtigsten Konkurrenten von G Data sind Firmen wie Symantec („Norton“), Kaspersky, McAfee, Trend Micro und Avira. Auf der Rangliste der größten Anti-Virensoftware-Anbieter sieht sich das Bochumer Unternehmen bundesweit unter den Top drei, in Europa unter den Top fünf. Anders als einige Konkurrenten stellt G Data keine kostenlosen Programme ins Netz. Dafür wirbt das Unternehmen mit dem Anspruch, „Qualitätsführer“ zu sein. Tatsächlich hat die Firma aus dem Ruhrgebiet drei Mal in Folge bei der Beurteilung durch Stiftung Warentest als bester Anbieter abgeschnitten.
Etwa jeweils die Hälfte des Umsatzes von G Data macht das Geschäft mit Programmen für private Anwender einerseits und Unternehmen andererseits aus. Auch Bundesbehörden gehören zu den Kunden der Bochumer Software-Entwickler.
„Wir sind kontinuierlich weiter gewachsen – trotz der Wirtschaftskrise“, berichtet Hochstrate. Der Umsatz von G Data habe 2009 bei 25 Millionen Euro gelegen. Ziel sei es, über die nächsten Jahre hinweg kontinuierlich um 20 bis 30 Prozent zu wachsen. Das Unternehmen sei „hoch profitabel“, ein Großteil des Gewinns werde wieder ins Geschäft gesteckt.
Die Produkte aus Bochum sind mittlerweile in mehr als 60 Ländern erhältlich. Momentan versucht die Revierfirma, auf dem wichtigen US-Markt sowie in China Fuß zu fassen.