Das Betrugsmanagement der Targobank überwacht von Duisburg aus Tag und Nacht die Geldgeschäfte der Kunden und verhindert so Schäden in Millionenhöhe.
Duisburg.
Aus der achten Etage des Targobank-Turms am Duisburger Hauptbahnhof hat man eine schöne Aussicht. Von oben betrachtet wirkt das Ruhrgebiet ja tatsächlich sehr grün. Die unverbaute Sicht in die Ferne bietet den Mitarbeitern eine willkommene Abwechslung, wenn sie mal aufschauen von ihren Computerbildschirmen. Gewöhnlich richten sich ihre Blicke in tiefe Abgründe. Denn ihr Einsatzgebiet ist die Internet-Kriminalität.
Hier, in ihrer Duisburger Servicezentrale, hat die Targobank ihr Betrugsmanagement eingerichtet, eine Art Bankdetektei mit über 30 Beschäftigten, die rund um die Uhr die Konto- und Kreditkartenabrechnungen von vier Millionen Bankkunden auf Ungereimtheiten und Auffälligkeiten abklopfen. Das läuft dann in etwa so ab: Bezahlt ein Bankkunde an einem Tag seine Spritrechnung an einer Duisburger Tankstelle mit der Kreditkarte und kommt dieselbe Karte am darauffolgenden Tag bei einem Juwelier in Rio de Janeiro zum Einsatz, nehmen die geschulten Konto-Spürnasen Witterung auf.
„Wir kontaktieren die Kunden telefonisch“
Passt das zum Umsatzprofil des Kunden? Klingt es plausibel, dass der Kunde innerhalb von 24 Stunden auf zwei Kontinenten unterwegs ist? Könnte sein. Möglicherweise hat der Mann aber seine Kreditkarte verloren und es noch nicht gemerkt. Oder noch schlimmer: Die Kartendaten wurden bei einem Online-Bezahlvorgang von Betrügern abgefischt. Sofort greifen die Bankdetektive zum Hörer. „Wir kontaktieren die Kunden telefonisch, manchmal auch per SMS, per E-Mail und gelegentlich per Post“, sagt Abteilungsmanager Dirk Böck. Erhärtet sich der Verdacht, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, wird die Karte umgehend gesperrt.
Bei der Kontaktaufnahme mit den Kunden ist ein gewisses Fingerspitzengefühl unumgänglich. Das eigene Bankkonto gehört zum Allerheiligsten. Da lässt sich niemand gerne in die Karten schauen. Kreditkartenbetrüger nehmen darauf freilich keine Rücksicht.
Betrug erst gar nicht entstehen lassen
Tatsache ist: Viele Kunden ahnen oft nichts von einem möglichen Missbrauch ihrer Karten. Denn in über 90 Prozent aller Fälle weiß die Targobank früher von den Betrugsfällen als die betroffenen Kunde selbst. Böck: „Die Kunst ist es, den Betrug erst gar nicht entstehen zu lassen.“ Und den Schaden möglichst gering zu halten. „Der Kunde bleibt bei uns nicht auf dem durch Kreditkartenbetrug entstandenen Schaden sitzen“, versichert Holger Brümmer, der zusammen mit Böck die Betrugsabteilung leitet. Einzige Ausnahme: Der Kunde selbst handelt grob fahrlässig.
Internettäter kennen keine Landesgrenzen und keinen Feierabend. Deshalb machen die Bankdetektive regelmäßig die Nacht zum Tag: Arbeit im Schichtdienst. Auch Samir Mujkanovic hat so hier angefangen. Nachtschicht in der Betrugsabteilung – damit finanzierte Mujkanovic sein Soziologiestudium an der Ruhr-Uni Bochum. Gleich nach seinem Examen – die Magisterarbeit schrieb er passenderweise über Kreditkartenbetrug – machte Samir Mujkanovic seinen Studentenjob zum Beruf. Seit zwölf Jahren ist er dabei und inzwischen Teamleiter. Man muss also nicht zwangsläufig Banker sein, um Bankbetrüger zu bekämpfen.
Der Aufwand zahlt sich aus
Doch Beobachtungsgabe gehört dazu und analytisches Denken. Denn täglich laufen 100 bis 200 verdächtige Kreditkartentransaktionen auf, die am Ende nicht immer ein Betrugsversuch sind. Gleichzeitig zieht die Abteilung nahezu in Echtzeit ein Download aller Online-Transaktionen aller Kunden und prüft diese. Denn auch beim Online-Banking schlagen die in der Regel professionell und aus dem Ausland heraus operierenden Betrügerbanden zu. Noch immer fallen beunruhigend viele Bankkunden auf betrügerische Phishing-Mails herein. Täuschend echte Betrugsmails sind das, die nach sensiblen Kontodaten fragen. Darauf, so die Experten, sollte man niemals antworten.
„Kreditkartenbetrüger gehen oft nicht wahllos vor“, erzählt Samir Mujkanovic. „Wir versuchen daher, das Umsatzverhalten der Betrüger zu analysieren und bestimmte Muster zu erkennen.“ Die gibt es sehr wohl. „Die Betrüger wissen: Große Beträge fallen auf. Die Täter haben gelernt und versuchen, die Karten so einzusetzen wie die Kunden“, sagt Dirk Böck. „Unser Fokus liegt darauf, Schaden für unsere Kunden abzuwenden und uns als Opfer unattraktiv zu machen.“ Sehr viel mehr ist nicht drin. Nur selten gelingt es, die Betrüger zu schnappen. Dennoch zahlt sich der Aufwand aus. Abteilungsleiter Brümmer: „Der durch die Betrugsabteilung verhinderte Schaden beläuft sich jährlich auf eine mittlere zweistellige Millionensumme.“