Bochum.
Wenn beim Wiegen kleinster Mengen auch noch die achte Stelle hinter dem Gramm-Komma von Bedeutung ist, kommt wohl kein Forschungslabor der Welt an den Nanoschwebewaagen der Firma Rubotherm vorbei. Das Bochumer Hightech-Unternehmen ist Monopolist in dieser ganz und gar nicht unbedeutenden Nische.
Der Betrieb mit seinen 50 Beschäftigten nahe der Ruhr-Universität Bochum feiert in diesem Jahr silbernes Jubiläum. Im Rahmen einer Ausgründung hatten sich 1990 Maschinenbauer mit dem Schwerpunkt Thermodynamik um Professor Wolfgang Wagner selbstständig gemacht. Rubotherm begann mit der Entwicklung, Produktion und dem Vertrieb von analytischen Messgeräten und Laboranlagen für Industrie und Forschung.
Das Team brachte auch das Patent und Kernprodukt mit, das es in den 80er Jahren an der Ruhr-Uni angemeldet hatte: die Magnetschwebewaage. Durch die Nutzung der patentierten Magnetschwebekupplung können damit Proben innerhalb eines hermetisch abgeschlossenen Druckreaktors bestimmt werden, ohne dass die Messraumatmosphäre die extern angeordnete Waage zerstört. Somit ist es möglich, über weite Druck- und Temperaturbereiche hochgenau zu wiegen.
„Nach der sechsten Nachkomma-Stelle war aber das Ende der Fahnenstange mit der herkömmlichen Magnetschwebewaage erreicht“, sagt Geschäftsführer Frieder Dreisbach. Bis die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich ein Verfahren erfand, das eine Genauigkeit bis zu 10-8 g ermöglicht. Das entspricht dem 10 000stel des Gewichts eines zwei Millimeter langen Haares. „Kein herkömmlicher Waagenhersteller wollte sich der komplizierten Technologie öffnen und diese Waage produzieren“, sagt Dreisbach. Und so kam es zu der Kooperation mit Rubotherm. Der Prototyp wird gerade im Bochumer Labor getestet.
Die Nanoschwebewaage wird bei einer Fülle von Forschungsvorhaben zum Einsatz kommen. In Zürich nutzen die Wissenschaftler die Methode, um Sternenstaub zu wiegen. Die dabei gewonnenen Informationen sollen helfen zu ergründen, wie alt das Universum ist. In der Klimaforschung kann die Waage aber auch mit einer Probe aus Staub eines Eisbohrkerns Aufschluss darüber geben, wie schnell das Eis in Alaska schmilzt.
Die winzigen abgewogenen Mengen können zudem bei der Lösung großer politischer Probleme behilflich sein. „Mit der Nanoschwebewaage kann das Alter von Gestein datiert werden und bei der Beurteilung von atomaren Endlagern eine Rolle spielen“, sagt Rubotherm-Entwicklungsleiterin Cornelia Will. Je älter Gestein ist, desto geeigneter ist es, um atomare Strahlung sicher zu absorbieren.
Rubotherm ist vom Erfolg der neuen Erfindung überzeugt. „Die Nanowaage ist nicht nur in der Forschung einsetzbar, sondern auch als universelle Laborwaage“, meint Geschäftsführer Dreisbach. Waagen aus dem Ruhrgebiet nutzen auch die Konzerne BASF, Bayer und Shell. Rund 50 Geräte mit dem bisherigen Stand der Technik verkauft Rubotherm pro Jahr in alle Welt. Entwicklungsleiterin Will ist zuversichtlich, mit der neuen Nanowaage einen wesentlich größeren Markt ansprechen zu können.
Die Entwicklung der Nanomagnetschwebewaage hat auch die Jury des mit 10 000 Euro dotierten Innovationspreises, den das Netzwerk Zenit alle zwei Jahre vergibt, überzeugt. Die Juroren lobten „die intensiven Kooperationen mit Forschungseinrichtungen auf der ganzen Welt“. Das Netzwerk Zenit ist ein Zusammenschluss von 200 mittelständischen NRW-Unternehmen. Für das Preisgeld will Rubo-therm Diensträder anschaffen.