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China liefert die meisten Erdbeeren

Deutscher Heißhunger auf Erdbeeren aus China

Deutsche Produzenten können den Bedarf an Erdbeeren ganzjährig nicht decken. Deshalb kamen im vergangenen Jahr 31.167 Tonnen aus China. Doch auch bei minus 18 Grad Celsius überlebt der Norovirus die lange Reise.

Essen. 

Der Nachweis von Noroviren in tiefgekühlten Erdbeeren aus China, an denen 11.200 Schüler in Ostdeutschland erkrankt waren, wirft neue Fragen der Lebensmittelsicherheit auf. Denn nach Polen ist China der wichtigste Lieferant tiefgekühlter Erdbeeren für den deutschen Markt. Die Erdbeeren, die die Lebensmittelindustrie zu Marmelade oder Joghurt verarbeitet, stammen sogar zu 80 Prozent aus dem Reich der Mitte. Die Entwicklungshilfe­organisation Südwind schätzt, dass insgesamt 37 Prozent der weltweiten Obst- und Gemüseproduktion ­mittlerweile aus China kommen.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) erklärte gestern in einem Interview, vieles deute darauf hin, dass „die Kontamination der Erdbeeren bereits im Ursprungsland stattgefunden hat“. China hatte sich zuvor vor voreiliger Kritik an seiner umstrittenen Lebensmittelsicherheit verwahrt.

Warum ist Deutschland auf Erdbeeren aus China angewiesen?

Nach Angaben der Rheinischen Landwirtschaftskammer können deutsche Erzeuger den heimischen Erdbeer-Bedarf nur während der Saison von Mai bis September decken. Während des übrigen Jahres sind Importe nötig. Wegen hoher Lohnkosten, die bei der Ernte per Hand anfallen, landet keine deutsche Erdbeere im Froster. „Der Tiefkühlmarkt ist ein Weltmarkt. Die Produktion in Deutschland wäre unwirtschaftlich“, sagt Peter Muß von der Landwirtschaftskammer.

Mittlerweile importiert Deutschland aus China die meisten Erdbeeren. Allein 2011 waren das 31.167 Tonnen Erdbeeren, im Wert von 33 Millionen Euro. Experten schätzen den Preis ab 600 Euro pro Tonne. Deutsche Erdbeeren kosten das Dreifache. Trotz der langen Transportwege und der 4500 Euro Zollgebühren pro Container sind chinesische Erdbeeren günstiger.

Wie kommen die Tiefkühl-Erdbeeren aus China zu uns?

Die Erdbeere wird auf dem Feld geerntet, zur Fabrik gefahren und dort gewaschen, schockgefrostet und verpackt. In der Fabrik startet die Kühlkette: Egal wo der 10-Kilo-Karton mit tiefgekühlten Erdbeeren nun zum Stehen kommt, um ihn herum müssen es stets minus 18 Grad Celsius sein.

Auf Paletten gestapelt gelangen die Kartons per Lkw-Fahrt im Kühl-Container vom Lager zum Container-Schiff. Gute drei bis vier Tage später geht es dann nicht aufs Deck, sondern in besondere Bereiche, in denen die Versorgung mit elektrischer Energie gesichert ist. Von China in den Hamburger Hafen dauert die Überfahrt etwa 25 bis 30 Tage.

Im Hafen ausgeladen, wird der Erdbeer-Container direkt wieder ans Stromnetz angeschlossen, damit die Kühlung weiterläuft. Nach etwa drei Tagen ist die Ware durch den Zoll und kann per Lkw zum (Zwischen-)Lager gebracht werden

Welche Probleme entstehen bei derart langen Kühlketten?

„Je mehr Unternehmen an einer Kühlkette beteiligt sind, desto mehr Schwierigkeiten gibt es“, sagt Judith Kreyenschmidt, Leiterin der Arbeitsgruppe „Cold Chain Management“ (Kühlketten-Management) an der Landwirtschaflichen Fakultät der Uni Bonn. Tiefkühl-Lebensmittel müssen konstant bei – 18 Grad Celsius transportiert werden. Das ist gesetzlich geregelt. Dieser Kühlwert darf nur bei der Warenübergabe unterschritten werden.

Bei internationalen Transporten häufen sich diese Zeiten: dann steht die Erdbeer-Palette auf mehreren Laderampen vor einem Lkw oder die Containertüre wird bei mehreren Zwischenhändlern geöffnet und wärmere Luft taut die Ware an. Am Ende weiß ein Großeinkäufer nicht, ob seine Ware falsch gelagert wurde. Nur in Nischen – wie dem Transport von Fisch – findet ein lückenlose Aufzeichnung der Temperaturschwankungen statt.

Verhindert eine geschlossene Kühlkette die Norovirus-Verbreitung?

Nein. Der weltweit verbreitete Norovirus, der Magen-Darm-Erkrankungen verursacht, hält Temperaturschwankungen von minus 20 bis plus 60 Grad Celsius aus.

Was sagen die Kritiker?

Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert die Veröffentlichung der Ergebnisse von Kontrollen in Kantinen für Schulen und Kitas. NRW-Verbraucherminister Johannes Remmel appellierte gestern an die Betreiber, saisonal und regional einzukaufen.