Vier Stufen sind es nur bis zu der Holztür mit dem eingelassenen Fenster, ganze Generationen von Oberhausener Schulkindern sind sie hinaufgestiegen: Seit 127 Jahren gibt es das Schreibwarengeschäft Osterkamp in Sterkrade. Im Wettbewerb mit Billigangeboten von Discountern und Schreibwarenketten hat es sich auf Schulartikel spezialisiert. „Tradition allein“, sagt Inhaberin Karin Ladwich, „ist kein Verkaufsargument.“
Oberhausen.
Ladwich steht in der hinteren Ecke ihres Ladenlokals, zu ihr zu kommen, ist gar nicht so einfach: Vorbei an Schalen mit wallnussförmigen Radiergummis, einem Ständer voll magischer Stifte, deren Tinte durch Reibung verschwindet, bis hin zu einer ganzen Insel pinkfarbener Prinzessinnengesichter auf Radiergummis und Blöcken, verniedlichter Piratenflaggen auf Trinkflaschen und Brotboxen – überall muss man stehen bleiben, hochnehmen, anschauen und sich wundern. „Was es heute alles gibt“, nimmt einem Ladwich die Worte aus dem Mund. „Artikel für die Schule haben sich verändert wie die Schule selbst. Den autoritären Ansatz von früher gibt es nicht mehr, Spaß gilt als Motivationsmotor.“
Osterkamp hat sich 1884 als Druckerei in Sterkrade etabliert. Die „Sterkrader Volkszeitung“ wurde an der Steinbrinkstraße gedruckt, im gleichen Haus eröffnete kurze Zeit später das Fachgeschäft für Papierwaren als zweites Standbein. 82 Mitarbeiter hatte das Unternehmen in den Spitzenzeiten, es wurde ausgebaut, die Verkaufspalette erweitert, Radiogeräte und Büromöbel gab es bald bei Osterkamp, Bücher und Zeitschriften, Schallplatten und später Kassetten. Zu bunt, zu viel, die Konkurrenz durch neu eröffnete Fachgeschäfte zu groß: 1983 drohte die Insolvenz.
Der Rechtsanwalt Hermann Grote sanierte die Kerngeschäfte. Die Druckerei gliederte er als eigenständiges Unternehmen aus, Karin Ladwich und ihr Mann übernahmen 1990 das übrig gebliebene Fachgeschäft. Seit elf Jahren führt Ladwich das Geschäft allein und hat es ordentlich umgekrempelt: Den Buchhandel hat sie aufgegeben, sich stattdessen auf Schreibwaren und Geschenkartikel spezialisiert, vor allem alles rund um die Schule sollte es bei Osterkamp geben. „Bei Bürowaren haben wir uns auf den Alltagsbedarf privater Kunden beschränkt. Das war damals eine gute Entscheidung. Heute bestellen die Firmen ihre Sachen im Internet, Schulkinder wollen immer noch anschauen, anfassen und aussuchen.“
Beratung und Fachwissen, damit könne man im Preiskampf mit den großen Ketten bestehen. Ihr Sortiment wird stetig aktualisiert, Laden und Schaufenster immer wieder umgebaut, die Mitarbeiter geschult. Lange suchen muss Monika Hinck deshalb auch nicht, als eine Kundin nach Registerblättern für ihren Kalender fragt. Welche Größe? Welche Marke? Welche Preisklasse? Zwei Schritte, schon zieht sie ein in Zellophan verpacktes Päckchen aus dem Regal, das ihr die Kundin dankend abnimmt. Seit zehn Jahren arbeitet Hinck bei Osterkamp. „Von so einem Traditionsunternehmen beschäftigt zu werden, das macht mich stolz.“ Wohltuend sei es, dass es so ein Geschäft noch gebe, sagen auch Christa und Heinrich Thiele. Die beiden Senioren stehen bei den Grußkarten, suchen etwas, mit dem sie Bekannten ihr Beileid zu einem kürzlichen Todesfall aussprechen können. „So eine Karte sollte etwas Besonderes sein und da geht man eben zu Osterkamp“, sagen sie. Spezial
Eine eigene Internetseite
Das Geschäft Osterkamp ist an der Steinbrinkstraße 231 zu finden – bald wird sich der Betrieb aber auch im Internet präsentieren: Karin Ladwich plant, noch in diesem Jahr mit einer eigenen Internetseite online zu gehen. Wer bisher nach Osterkamp im Netz sucht, der landet bei der eigenständigen Druckerei, die unter dem gleichen Namen an der Ramgestraße in Sterkrade ihren Firmensitz hat. Die Öffnungszeiten des Schreibwarengeschäfts sind montags bis freitags von 9 bis 18.30 Uhr sowie samstags bis 14 Uhr.