Punk im Pott – Festival zwischen Rebellion und Bürgertum
2250 Fans kamen zu „Punk im Pott“, dem so ziemlich größten Hallenfestival für Punkmusik in Deutschland, grölten und feierten mit „Eisenpimmel“, „Kotzreiz“ oder den „Dödelhaien“. 80 Besucher übernachteten im Bahnhof. Die meisten aber in Hotels: Was vom einstigen Bürgerschreck Punk geblieben ist.
Oberhausen.
Wenn es um die Punk-Bewegung geht, steht manchen Leuten direkt die Haarpracht zu Berge. Doch auch der einstige Bürgerschreck ist nicht mehr das, was er mal war. Eine ältere Frau weiß Bescheid: „Ach, die waren im vergangenen Jahr auch schon da.“ Ihre Begleiterin wird in den Eingangstüren des Hauptbahnhofs direkt aufgeklärt. „Das sind Punker, die fahren zur Turbinenhalle!“ Im nächsten Gesprächsfetzen geht es schon um die überfüllte Supermarktkasse vom Vormittag. Rund 80 Personen pellen sich am Samstagmorgen in der Bahnhofshalle aus ihren Schlafsäcken – die unkonventionelle Übernachtung sorgt für sparsam bemessenes Entsetzen.
Bands wie „Kotzreiz“ und „Eisenpimmel“
Zwei Tage rollen 2250 Fans mit Shuttlebussen zu „Punk im Pott“, so ziemlich das größte Hallenfestival für Punkmusik in Deutschland. Hier spielt alles, was in der ursprünglichen Szenen angesagt ist. Kein „Green Day“, keine „Toten Hosen“, die mittlerweile Anzugträger zu ihren Konzerten locken. Hier spielen „Kotzreiz“, „Vier Promille“, oder „Dödelhaie“.
Es gibt Musik bis in den frühen Morgen. Kutten mit Nieten, Buttons, gefärbte Haare. Die Szene hat sich seit der Anfangszeit in den 70er und vor allem 80er Jahren in ihrer Außenwirkung verändert, ist durch die Popkultur längst kein gesellschaftliches Marsmännchen mehr, doch auch nicht bis zur Unkenntlichkeit verwässert.
Rebellion als zeitloser Zeitvertreib
Rebellion ist scheinbar ein zeitloser Zeitvertreib. „Mittlerweile bekommen wir E-Mails von Oberhausenern, die uns beglückwünschen, dass wir die Stadt bunter machen“, sagt Alex Schwers, Organisator des Festivals und selbst einer der treibenden Köpfe der Punkmusik. Wie hat sich die Subkultur für ihn durch die Jahrzehnte gezogen? „Heute ist alles vielleicht etwas organisierter. In den 80er Jahren hätte so ein Festival wahrscheinlich nie funktioniert.“
Tatsächlich übernachten die meisten Festivalbesucher von außerhalb nicht am Bahnhof, sondern in Hotels und Pensionen. Schwers: „Es ist alles ausgebucht! Wir hatten schon Schwierigkeiten, noch manche Bands unterzubringen.“
Bürgerliche Bodenständigkeit hat aber noch immer ihre Grenze: „Eisenpimmel“ aus Duisburg sind beliebt. Bei ihrem Auftritt schwappen Bierduschen durch die Halle. Dunst, der jede Parfümerie in den Bankrott treiben würde, durchzieht die Luft. Fäuste hämmern gegen Zigarettenautomaten. Konsequentes Anrempeln gehört zum guten Ton. Mitgrölen sowieso. Die Band persifliert die Szene, nichts ist heilig oder bierernst gemeint. Das letzte Lied heißt „Wir fahren mit der Fotzenpimmelbahn“. „Dicke Eier Weihnachtsfeier“ wird diesmal nicht angestimmt.